Nach vier Jahren Planung und betriebswirtschaftlichen Vorarbeiten ist der Konstanzer Inklusionsbetrieb Indigo nun soweit, das Projekt Reichenauer Markthalle im Gewerbegebiet Göldern anzugehen. Die Gemeinde stellt das Grundstück zur Verfügung, direkt beim neuen Nabu-Bodenseezentrum. An dessen äußere Gestaltung ist auch die Architektur der Markthalle mit leicht geneigtem Flachdach und Holzverkleidung angepasst. Knapp 300 Quadratmeter Grundfläche soll das maximal acht Meter hohe Gebäude haben.

Indigo will dort Produkte von der Insel Reichenau sowie aus der Region verkaufen, ein kleines Bistro betreiben sowie einen Fahrradverleih. Außerdem soll es Infos zur Insel geben. Indigo-Co-Geschäftsführer Ralf Rosbach erklärt: „Der Kern dieses Projekts ist eine Schnippelküche.“ Dort sollen Salate, Suppen oder Säfte gemacht werden aus Gemüse, das in der Markthalle nicht mehr verkauft werden kann. „Die Idee ist, dass in der Markthalle die Produkte immer topfrisch sind“, so Rosbach. Wobei der Verkauf der Produkte den Schwerpunkt bilde, betonen Rosbach und Co-Geschäftsführer Andreas Effinger.

Gemüse, Salat, Inselbier

Die eigentliche Markthalle macht mit rund 200 Quadratmetern den Großteil der Fläche aus. Neben Gemüse und Salat soll es Inselbier und Wein geben, Backwaren vom Bäcker Laib und Seele, und Fisch. Im Bistrobereich werde es innen nur wenige Sitzplätze geben, dafür gibt es draußen Sitzgelegenheiten. Es solle kein Café werden, in dem die Gäste lang verweilen. Geplant sei eine kleine Speisekarte und Essen zum Mitnehmen. „Ein Bistro im Wortsinn gibt es im Winter nicht“, so Effinger.

Bügelarbeiten bei Indigo: Ulrike Schmidt zeigt, wie‘s geht.
Bügelarbeiten bei Indigo: Ulrike Schmidt zeigt, wie‘s geht. | Bild: Claudia Rindt

Die lange Planungsphase erklären die Geschäftsführer mit den hohen Gesamtkosten von 1,79 Millionen Euro. Es habe betriebswirtschaftlich gut durchgerechnet werden müssen, dass sich das Projekt wirtschaftlich trage. Dies sei wiederum Voraussetzung, um einen Zuschuss der Aktion Mensch zu bekommen. Indigo bekomme 550.000 Euro, so Effinger, zum Teil für den Bau, aber auch als Personalkostenzuschuss zur Anschubfinanzierung. Zudem erhalte Indigo vom Kommunalverband Jugend und Soziales 270.000 Euro für die Einrichtung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Handicap. Sowohl die restlichen Baukosten als auch die laufenden Kosten müsse später der Betrieb erwirtschaften. Deshalb liege hier der Schwerpunkt auch auf dem Verkauf von Produkten.

Erst Idee eines Kiosks

Bürgermeister Wolfgang Zoll erklärt: „Es war klar, dass wir am Bahnhof eine Attraktion schaffen wollen.“ Zunächst war von einer Art Kiosk die Rede, bald wurde daraus die Markthalle. Die Gemeinde fand im Jahr 2017 mit Indigo einen Interessenten. „Es ist wie ein Schaufenster, eine Art Eingangstor“, sagt Zoll. „Es ist eine Einladung, die Insel zu besuchen.“ Dazu diene auch der Fahrradverleih, damit die Gäste das Auto möglichst auf dem Festland stehen lassen.

Eine lange Vorlaufzeit

Zudem soll die Einrichtung ein Angebot sein für Bahnreisende, Radfahrer, Fußgänger und Beschäftigte im Gewerbegebiet. Die lange Vorlaufzeit erklärt Zoll damit, dass die Formensprache des Gebäudes und das Material durch das Gesamtkonzept mit dem Nabu-Bau vorgegeben gewesen seien. Es sei eine Herausforderung gewesen, dies mit der Funktionalität der geplanten Nutzung zu verbinden.

Es sei ein nachhaltiges Projekt, bei dem die Reichenauer Gemüse-Genossenschaft ein wichtiger Kooperationspartner sei, so Zoll. Zum einen gebe es natürlich eine soziale Komponente durch Indigo, weil Arbeitsplätze für Menschen mit Handicap geschaffen werden. Für den ökologischen Aspekt soll die Gemüse-eG sorgen. Deren Geschäftsführer Johannes Bliestle kündigt an, dass bevorzugt Biogemüse geliefert werden solle – je nach Verfügbarkeit und Saison. Das habe für die Genossenschaft und ihre Gärtner einen zusätzlichen ökonomischen Vorteil.

Vermarktung unter Druck

Es sei oft schwierig, die passende Menge an Gemüse zu produzieren, wie es der Handel wolle, erklärt Bliestle. „Das führt immer wieder dazu, dass wir Produkte unter Druck vermarkten müssen.“ Künftig könne die eG täglich frische Ware bei der Markthalle anliefern – wenn nötig mehrmals. „Wir fahren ja ohnehin mit unseren Fahrzeugen über den Inseldamm.“ Insgesamt solle es in der Markthalle ein hochwertiges Angebot geben mit besonderen Produkten aus der Region wie Käse, Honig oder Teekräutern. „Wir wollen uns ein Stück weit abheben. Da gibt es tolle Partner“, meint Bliestle. Man erhoffe sich dabei Synergien mit dem Nabu etwa durch dortige Besucher.

Da sagen Gemeinderäte

Dem Bauantrag hat der Reichenauer Gemeinderat jüngst zugestimmt. Stefan Schmidt (Freie Wähler) sagte dort, er sehe die Markthalle als ein erfreuliches Projekt an. Armin Okle (FW) meinte, es sei eine gute Lösung, dass die Gemeinde das Projekt mit Indigo zusammen angehe. Sandra Graßl-Caluk (SPD) sagte, es sei erfreulich, dass es mit dem Vorhaben nun vorwärts gehe. „Das ist wirklich mal etwas für die Lindenbühler“, meinte sie. Der Bauantrag liegt nun bei der Baurechtsbehörde im Landratsamt. Die Indigo-Geschäftsführer gehen davon aus, dass der Baubeginn noch in diesem Jahr sein werde. Die Eröffnung sei im Sommer 2022 geplant.