Der Verkehr auf der Kindlebildstraße (L221) habe im vergangenen Jahr weiter zugenommen, berichtet Harald Müller von der Bürgerinitiative Eichbühl-Kindlebild (BI) – basierend auf der Zählstelle des Landes und des Regierungspräsidiums (RP) Freiburg an der Straße. Im dritten Quartal 2023 seien es demnach täglich im Schnitt 3974 Fahrzeuge gewesen, an Werktagen sogar 4368. Wobei Müller kritisch anmerkt, dass keine neueren Zahlen verfügbar seien.
In jedem Fall sei das gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme von rund 80 Prozent. Und die in der Planfeststellung der Westtangente aus dem Jahr 2008 prognostizierte Zahl von 1900 Fahrzeugen innerhalb von 24 Stunden werde um 129 Prozent überschritten. In der Planfeststellung der Westtangente habe sogar die Stadt Konstanz selbst Gegenmaßnahmen wie Pförtnerampeln gefordert, um den Schleichverkehr zu verhindern, wenn der Wert von 1900 Fahrzeugen überschritten werde, betont die BI.
„Es ist genau das eingetreten, was wir damals schon befürchtet haben“, so Müller. Deshalb hatte die BI sich 2008 von der Stadt und dem RP vertraglich zusichern lassen, dass Gegenmaßnahmen ergriffen werden, sobald auf der Kindlebildstraße mehr als 3100 Fahrzeuge am Tag fahren. Die BI habe mittlerweile rund 50 Unterstützer, darunter mehr Anwohner der Kindlebildstraße als Eichbühl-Bewohner, sowohl aus Konstanz wie aus Reichenau. Die Reichenauer Gemeinderätin Sandra Graßl-Caluk (SPD) aus dem Lindenbühl bestätigt, dass auch dort der Unmut zunehme.
Doch die zuständigen Behörden bei der Stadt, dem Landratsamt (LRA), dem RP und der Gemeinde Reichenau haben es offenbar nicht eilig mit Gegenmaßnahmen. Im November 2022 hatten diese der BI und dem SÜDKURIER erklärt, dass die Kindlebildstraße in diesem Abschnitt erst von einer Landes- zu einer Gemeindestraße herabgestuft werden müsse. Dieses Verfahren soll nach derzeitigem Stand in diesem Jahr abgeschlossen werden, bestätigt das RP auf Nachfrage eine Aussage des Reichenauer Bürgermeisters Wolfgang Zoll.
Müller berichtet, dass das Verwaltungsgericht (VG) Freiburg dem Anwalt der BI am 23. Januar 2024 mitgeteilt habe, dass das RP dies bereits im April plane. Gegenüber dem SÜDKURIER erklärte nun die RP-Pressestelle, die notwendigen Unterlagen seien dem Verkehrsministerium vorgelegt worden. Sobald deren Prüfung und Zustimmung erfolgt sei, könne das RP das Verfahren weiter betreiben.
Tempo-30? „Es genügt nicht, ein Schild aufzustellen“
Dies bedeute aber noch weitere Abstimmungen mit der Gemeinde und der Stadt – vor allem über die Ablösezahlung des Landes an die Kommunen für mögliche Schäden an der Straße, für die nach der Abstufung Stadt und Gemeinde zuständig sein werden. Bürgermeister Zoll erklärt auf Nachfrage: „Hier liegt uns noch kein Angebot vor, sodass es auch noch keinen Verhandlungsstand gibt.“ Da erscheint es eher unwahrscheinlich, dass das Verfahren bereits im April abgeschlossen werden kann.
Doch egal, wann genau es so weit sein wird: Die BI erwarte dann sofortige Maßnahmen, betont Müller – und zwar solche, die auch tatsächlich den Verkehr eindämmen. „Es genügt nicht, ein Schild aufzustellen.“ Doch auf Nachfrage des SÜDKURIER erklären die Behörden, dass konkrete Maßnahmen erst geplant würden, wenn die Abstufung der Straße erfolgt sei. Lediglich von der Pressestelle der Stadt heißt es: „In der Verwaltung ist die Reduzierung der zulässigen Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde innerorts Konsens. Diese wird im innerörtlichen Bereich (geschlossene Ortschaft) ausgewiesen, sobald die Voraussetzungen vorliegen.“
Da die Temporeduzierung dann nur für den bebauten Straßenabschnitt in Wollmatingen gelten soll, dürfte sie kaum viel bringen. Dort wird der Verkehr jetzt schon durch parkende Autos oft gebremst, was aber die Zunahme nicht verhindert hat. Müller betont, es brauche Tempo 30 auf der ganzen Strecke, dies sollte zudem überwacht werden und möglichst durch straßenbauliche Maßnahmen wie Schwellen begleitet werden. Und zudem brauche es die von der Stadt einst selbst geforderten Pförtnerampeln.
Eine solche gab es bis vor zwei Jahren bereits bei der Tennishalle am Rand des Lindenbühls. Diese Ampel schaltet aber seither nur noch auf Rot, wenn dies von Fußgängern verlangt wird. Müller betont: „Die müssten im Prinzip jetzt schon die Maßnahmen vorbereiten.“ Sonst werde das noch mal längere Zeit dauern, befürchtet er. „Das ist der nächste Konflikt mit Ansage“, meint Müller. „So lang halten die Leute hier nicht still, das kann ich garantieren. Der Rechtsanwalt ist weiter beauftragt, unsere Interessen wahrzunehmen.“ Notfalls werde die BI dann auch gegen die Stadt klagen.
Eilantrag gegen Sperrung der L220 wurde abgewiesen
Der Verkehr auf der Kindlebildstraße hat vor allem zugenommen seit der Schließung der L220 zwischen Wollmatingen und der Waldsiedlung Mitte Juli 2022. Es sei offensichtlich, dass immer mehr Autofahrer die Kindlebildstraße als Schleichweg nutzten – vor allem auch Ortsfremde mit Navi –, anstatt über die Westtangente und B33 zu fahren, so Müller. Weil nicht absehbar war und ist, wann endlich wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen werden von den Behörden, hatten vier Anwohner aus der BI im Sommer 2023 beim Verwaltungsgericht Freiburg (VG) Klage gegen das RP gegen die Sperrung der L220 erhoben.
Das VG hat zwar jüngst den parallel gestellten Eilantrag der BI abgewiesen. Die Sperrung der L220 sei „voraussichtlich rechtmäßig“, heißt es in der Begründung. Doch Müller betont: „Die Klage läuft weiter.“ Selbst wenn die BI dann doch auf das Hauptverfahren zum Thema L220 verzichten sollte, habe das VG in Bezug auf die Kindlebildstraße darauf verwiesen, dass die Rechte der BI gültig und einklagbar seien.