Die Direktverbindung von der alten Bundesstraße 33 zur Westtangente und zum Ortseingang Wollmatingen bleibt weiterhin dicht. Das Verwaltungsgericht (VG) Freiburg hat jetzt entschieden, die Sperrung der Landesstraße L220 zwischen Reichenau-Waldsiedlung und Konstanz sei voraussichtlich rechtmäßig. Es lehnte deshalb einen von vier Anwohnern der Kindlebildstraße gegen die Sperrung eingelegten Eilantrag ab, wie das VG am Dienstag, 6. Februar, mitteilte.

Mit Planfeststellungsbeschlüssen aus den Jahren 2007 und 2008 war das Verkehrsnetz in der Region neu geordnet worden. Damals legten die Planer auch fest, dass die L220 in diesem Bereich zu einem Wirtschafts-/Radweg zurückgebaut wird, sobald sowohl die neue B33 als auch die Westtangente (L221) fertig und nutzbar sind.

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Tunnel eröffnet – Straße geschlossen

Weil das aus seiner Sicht mit der Eröffnung des Tunnels Waldsiedlung auf der B33 der Fall war, erließ das Regierungspräsidium Freiburg Anfang Juli 2022 die Anordnung, die L220 zu sperren. Ein Jahr später erhoben die Anwohner der Kindlebildstraße Klage dagegen und reichten im September 2023 einen Eilantrag ein, um ein schnelles Ergebnis zu erzielen.

Begründung unter anderem: Seit der Sperrung der L220 habe sich der Verkehr auf der in der Nähe ihrer Wohnhäuser verlaufenden Kindlebildstraße drastisch erhöht, ohne dass dort Maßnahmen zur Verringerung oder Beruhigung des Verkehrs ergriffen worden seien.

Die Verkehrsplaner wollten, dass die Autofahrer die Westtangente nutzen. Stattdessen fahren sie seit der Schließung der L220 zwischen ...
Die Verkehrsplaner wollten, dass die Autofahrer die Westtangente nutzen. Stattdessen fahren sie seit der Schließung der L220 zwischen Waldsiedlung und Konstanz-Wollmatingen verstärkt über die Kindlebildstraße. | Bild: Kerstan

Das Dilemma ist, dass sich die Autofahrer nach der Sperrung der L220 anders verhielten, als die Verkehrsplaner gedacht hatten. Nach den Vorstellungen der Verantwortlichen sollen sie aus Richtung Westen kommend bis zum Ortseingang Konstanz fahren und dann dort links in die Westtangente einbiegen, wenn sie in die Ortsteile im Konstanzer Norden wollen.

Stattdessen verlassen viele die B33 schon eine Ausfahrt vorher und fahren über die Kindlebildstraße vorbei am Bahnhof und am Lindenbühl auf Reichenauer sowie am Eichbühl auf Konstanzer Gebiet nach Wollmatingen. In die andere Richtung ist es ähnlich, so mancher wählt dabei den Weg über die Waldsiedlung auf die alte B33 und fädelt sich erst nach dem Tunnel wieder auf der Bundesstraße ein.

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Laut Harald Müller von der Bürgerinitiative Eichbühl/Kindlebild, der zu den Klägern gehört, hat die Verkehrsbelastung deshalb dort seit der Sperrung der L220 immens zugenommen. Der Wert liege derzeit bei 4000 Kraftfahrzeugen pro Tag – vor der Schließung der kürzesten Verbindung zwischen B33 alt und Westtangente/Wollmatingen waren es etwa 2200.

In der Mitteilung des Verwaltungsgerichts ist von täglich 3971 Fahrzeugen in den ersten drei Quartalen des Jahres 2023 die Rede. Tatsächlich seien im Planfeststellungsbeschluss von 2008 weitere Maßnahmen vorbehalten worden, falls die Verkehrszahlen auf der Kindlebildstraße auf über 1900 pro Tag steigen, so das Gericht. Nur: Der Sperrung der L220 steht das nach Ansicht der 6. Kammer voraussichtlich nicht entgegen.

(Archivbild) Der pensionierte Lehrer Harald Müller wehrt sich mit der Bürgerinitiative gegen den zunehmenden Straßenverkehr auf der ...
(Archivbild) Der pensionierte Lehrer Harald Müller wehrt sich mit der Bürgerinitiative gegen den zunehmenden Straßenverkehr auf der Kindlebildstraße. | Bild: Oliver Hanser | SK-Archiv

Richter sagen: Entscheidende Abschnitte sind fertig

Nach Auffassung des drei Berufsrichter ist es auch unerheblich, dass der vierspurige Ausbau der B33 zwischen Allensbach-Mitte und Hegne noch läuft. Denn diese Abschnitte seien irrelevant für die Verkehrssituation auf der Westtangente, der L220 und der Kindlebildstraße. Das Regierungspräsidium habe die L220 deshalb schließen dürfen, nachdem der Tunnel Waldsiedlung freigegeben worden war.

Für Harald Müller ist diese Argumentation „juristisch hanebüchen“ und „Hörensagen gegen Vertragstexte“. Das Verwaltungsgericht bereinige hier hinterher etwas, das vom Regierungspräsidium so nicht geregelt worden sei. Für die Sperrung der L220 hätte erst die komplette Bundesstraße fertig sein müssen. Zudem wäre das Landratsamt für diese Maßnahme zuständig gewesen.

Noch läuft der vierspurige Ausbau der B33. Erst wenn alles fertig ist, darf die L220 gesperrt werden, sagt die Bürgerinitiative. Das ...
Noch läuft der vierspurige Ausbau der B33. Erst wenn alles fertig ist, darf die L220 gesperrt werden, sagt die Bürgerinitiative. Das Verwaltungsgericht sieht das anders | Bild: Kerstin Steinert

Der Beschluss zum Eilantrag ist noch nicht rechtskräftig. Die Antragsteller können binnen zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen. Auch die Hauptsache – also die eigentliche Klage – ist damit weiterhin offen. Wann darüber befunden wird, konnte Gerichtssprecher Klaus Döll noch nicht sagen.

Harald Müller und die Bürgerinitiative wollen mangels Hoffnung auf eine andere Entscheidung allerdings nicht in die nächste Runde gehen, wie er dem SÜDKURIER sagte. Ob die rund 50 Menschen, von denen die Klage getragen wird, daran festhalten, ist offen. „Wir hantieren hier mit dem Geld der Anwohner“, sagte Müller. Schon jetzt habe man rund 7500 Euro in die Auseinandersetzung gesteckt.

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Bereits in einer Vereinbarung, die die Stadt Konstanz und das Regierungspräsidium (RP) Freiburg vor 16 Jahren im Zuge des Baus der Westtangente mit der Bürgerinitiative Eichbühl schlossen, hatten RP und Stadt verkehrsberuhigende Maßnahmen für den Fall zugesagt, dass der Verkehr auf der Kindlebildstraße zu stark wird. Vorher muss sie allerdings von der Landes- zur kommunalen Straße herabgestuft werden. Das könnte laut Reichenaus Bürgermeister Wolfgang Zoll dieses Jahr passieren.

Möglich ist, dass das zulässige Höchsttempo auf dem Abschnitt künftig auf 30 Kilometer pro Stunde gesenkt wird – entscheiden würden darüber die Stadt Konstanz auf Konstanzer und das Landratsamt auf Reichenauer Seite. Zoll sprach allerdings von einem komplexen Verfahren. So stehe zunächst eine Prüfung des Straßenzustands an. Wenn es Schäden gibt, müssten diese vor der Herabstufung erst noch vom Land repariert werden, sagte Zoll.

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