Vom Bau des Tunnels bei der Waldsiedlung sind die dortigen Anwohner unmittelbar betroffen. Zwar wird dadurch von vielen schon eine gewisse Entlastung erwartet, aber es gibt auch reichlich Skepsis. Die einzige Gemeinderätin aus der Siedlung, Kerstin Sauer (seit März im Amt), meint, man erhoffe sich, dass der Verkehr nun vor allem durch den Tunnel fließt „und dass bei uns der Schleichverkehr aufhört“.

Denn in der Feierabendzeit, wenn es aus Richtung Konstanz oft von der bisherigen Kreuzung bei der Waldsiedlung Rückstaus bis hinunter zum Kindlebildknoten gebe, würden viele über die Gemeindeverbindungsstraße ab dem Reichenauer Bahnhof in die Waldsiedlung fahren und dort an der westlichen Ausfahrt wieder raus. „Das staut sich manchmal bis zur ZfP-Gärtnerei“, berichtet Sauer.

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Und als die westliche Ausfahrt im vergangenen Jahr baubedingt längere Zeit geschlossen war, seien viele durch die Siedlung gefahren bis zur Ausfahrt Nord auf die L220. Zum Tunnel und den neuen Regelungen meint Sauer: „Das wird sich im Live-Verkehr zeigen, ob es so funktioniert, wie man es sich gedacht und gewünscht hat.“

Mehr Schleichverkehr in der Kindlebildstraße?

Die Schließung der L220 zwischen Waldsiedlung und Wollmatingen bedeute durch den dann nötigen Umweg einen ökologischen Faktor. Wobei Sauer nicht glaubt, dass alle wie von den Behörden gedacht über die B33 neu und die Westtangente fahren werden. „Ich denke, dass sich der Schleichverkehr in die Kindlebildstraße verlagert.“ Und zudem müsse sich noch zeigen, ob nach der Schließung der L220 Blaulichtfahrzeuge in der vorgeschriebenen Zeit in Notfällen in der Waldsiedlung sein werden.

Bisher rollte der Verkehr direkt an der Waldsiedlung vorbei – hier am neuen Kreisel bei der westlichen Zufahrt. Die Bürger ...
Bisher rollte der Verkehr direkt an der Waldsiedlung vorbei – hier am neuen Kreisel bei der westlichen Zufahrt. Die Bürger erwarten zwar schon eine gewisse Entlastung, sind aber auch skeptisch (von links): Johann und Kerstin Sauer, Britta Sauer-Böhm, Karl-Heinz Drewniok, Hans-Peter Hofmann, Hans-Jürgen und Dennis Pemkert und Eileen Schwablies. | Bild: Zoch, Thomas

Ihre Vorgängerin im Amt, die langjährige Gemeinderätin Britta Sauer-Böhm meint: „Wichtig ist, dass jetzt mal die Baustelle fertig ist. Wir haben das Gröbste geschafft.“ Gerade im westlichen Teil der Waldsiedlung hätten die Anwohner dadurch viel Lärm und Dreck ertragen müssen. Und diese Bürger müssten jetzt wohl auch weniger Verkehrslärm ertragen, meint Sauer-Böhm. „Wir haben den einen Vorteil, dass die Autos im Tunnel sind.“

„Es wird in jedem Fall Rückstaus im Tunnel geben“

Doch sie erwartet im Feierabendverkehr nun nur eine Verlagerung des Staus – ebenso wie Karl-Heinz Drewniok: „Es wird in jedem Fall Rückstaus im Tunnel geben“, meint er. Denn beide befürchten, dass es Probleme geben wird, weil der Verkehr aus Richtung Konstanz kurz vor dem Tunnel von zwei auf eine Spur verengt wird. Das Reißverschlussverfahren würden halt nicht alle Autofahrer richtig anwenden.

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Und wenn es tatsächlich Stau im Tunnel geben würde, dann erwarten sie, dass viele Autofahrer bei der Waldsiedlung von der B33 abfahren werden, durch den neuen Kreisel und dann auf der alten B33 bis zur Einmündung in die neue Straße, die aus dem Tunnel kommt. Weil dort aber eine Stoppstelle sein wird, dürfte es ebenso Stau geben. Das denkt auch Werner Runge. „So lang es einspurig weitergeht, geht der Stau nicht weg.“ Das verschiebe sich nur um ein paar hundert Meter. „Wenn alles fertig ist, dann ist Ruhe“, meint Runge. „Bis dahin wird es etwas ruhiger.“

Anwohner befürchten ein paar Nadelöhre

Durch die Schließung der L220 erwarten Sauer-Böhm und Drewniok Probleme auf der Westtangente, wenn tatsächlich viele Autofahrer diese Route nehmen würden: „Ich denke, wir werden ein paar Nadelöre haben“, so Sauer-Böhm. Es gebe ja jetzt schon oft Staus auf der Westtangente bei der Kreuzung mit der Byk-Gulden-Straße und bei Wollmatingen. Johann Sauer befürchtet durch den zusätzlichen Verkehr auf der kurvigen Westtangente zudem Unfälle.

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Drewniok sieht noch ein weiteres Problem, wenn viele Autofahrer eben nicht diese Route Richtung Wollmatingen fahren, sondern wie Kerstin Sauer meint den Schleichweg über die Kindlebildstraße wählen sollten. Denn dann gäbe es deutlich mehr Verkehr in der noch auf unbestimmte Zeit provisorischen Kreuzung beim Reichenauer Bahnhof. „Das ist eine ganz gefährliche Ecke“, meint Drewniok. Sauer-Böhm bringt auf den Punkt, was vermutlich viele Waldsiedler denken: „Ich wünsche mir, dass alles gut läuft, aber ich bin skeptisch.“

Bürgermeister spricht von „wichtigem Meilenstein“

Auf jeden Fall verlässt nun die B33-Baustelle nach rund zehn Jahren die Gemarkung Reichenau. Bürgermeister Wolfgang Zoll zieht insgesamt ein positives Fazit. „Natürlich stehen nun auf der Gemarkung Allensbach noch große Baumaßnahmen an, sodass erst nach deren Abschluss die Verkehrsentlastung für die Region wirklich greifen kann. Dennoch ist nun aus Sicht der Gemeinde Reichenau ein wichtiger Meilenstein erreicht.“ Dabei nennt er auch den schwierigen, aber unfallfreien Ausbau des Kindlebildknotens vor einigen Jahren.

Zudem meint Zoll: „Nun nähern wir uns nach und nach der Situation, die dann auch langfristig die Verkehrsströme prägen wird. Dies betrifft auch die Schließung der Landesstraße zwischen der Waldsiedlung und Wollmatingen.“ Der Wegfall dieser Verbindung hat nicht nur in der Waldsiedlung in den letzten Wochen für einigen Diskussionsstoff gesorgt.

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Der Bürgermeister erklärt: „Die Auflösung der Straße, die jetzt zunächst nur gesperrt wird, ist allerdings im Planfeststellungsbeschluss für die B33 schon vor langer Zeit rechtlich verbindlich festgelegt worden.“ Für viele Verkehrsteilnehmer bedeute dies natürlich, dass sie sich der neuen Lage anpassen müssten und einen Umweg fahren. Doch Zoll meint: „Insgesamt ist es aber ein Beitrag dafür, die Verkehrssituation für die Region nachhaltig zu entlasten.“