Nach Unmutsäußerungen etlicher Waldsiedler und üppiger Diskussion mit kritischen Anmerkungen fast aller Reichenauer Gemeinderatsmitglieder überwogen die Bedenken gegenüber den Plänen der Druckerei Ladegast, die laut Geschäftsführung rund 70 Beschäftigte hat.

Eine Ratsmehrheit stimmte zwar zu, dass die Firma ihre Produktionshalle erweitert, aber sie darf nicht den südlich angrenzenden öffentlichen Weg befestigen und für Fahrten von Lastfahrzeugen nutzen. Vielmehr solle Ladegast bei den betrieblichen Abläufen einen Kompromiss finden und mit dem eigenen Grundstück auskommen. Ralf Blum (CDU) hatte diesen Antrag gestellt. Es folgte eine mehrheitliche Ablehnung.

Bürgermeister Wolfgang Zoll hatte in der Sitzungsvorlage dem Gemeinderat vorgeschlagen, mit der Firma einen Vertrag über die Nutzung des Wegs zu schließen. Er sagte, dass mit einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan offene Fragen geklärt und eine Abwägung zwischen Interessen der Bürger und der Firma getroffen werden sollten.

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Bäume müssten fallen, Flächen versiegelt werden

Grundsätzlich betonte er, dass die Gemeinde Ladegast an diesem Standort unterstützen wolle. Aber es sei wichtig, die Fragen und Interessen der Anwohner zu berücksichtigen. Ladegast hat bisher noch keinen Bauantrag gestellt. Ladegast will im Gewerbegebiet der Waldsiedlung in eine moderne, größere Druckmaschine investieren und dafür die Produktionshalle an der Straße Am Pfaffenmoos in südwestlicher Richtung um etwa 440 Quadratmeter erweitern.

Die Crux dabei: Durch die Erweiterung wird die dortige Freifläche auf dem Grundstück der Firma mit der Halle überbaut. Dort stehen unter anderem Container für Kartonage-Reste, die bisher über die Freifläche abgefahren werden. Dies wäre dann über den südlich angrenzenden, bisher unbefestigten Weg zum Siedlerheim geplant. Das sorgte schon im März bei der Vorstellung der Pläne durch Firmenchef Christoph Ladegast bei vielen Waldsiedlern und Gemeinderäten für Bedenken.

Christoph Ladegast will seine Druckerei ausbauen. Damit ist der Gemeinderat zwar grundsätzlich einverstanden, aber nicht mit der Nutzung ...
Christoph Ladegast will seine Druckerei ausbauen. Damit ist der Gemeinderat zwar grundsätzlich einverstanden, aber nicht mit der Nutzung des angrenzenden öffentlichen Wegs. | Bild: Zoch, Thomas

Zumal dort der kleine Siedlerwald ist und nebst Ausbau des Wegs auch das Anlegen einer halbkreisförmigen Fläche für das Rangieren der Container-Lastfahrzeuge nötig wäre. Bäume müssten fallen, Flächen versiegelt werden. Im März hatte der Gemeinderat die Prüfung von Alternativen und eine genauere Darstellung der Rangierfläche mit Schleppkurven gefordert. Letzteres hat Ladegast von einem Ingenieur berechnen lassen.

Zudem habe man acht Alternativszenarien zur Entsorgung der Kartonreste geprüft, so Firmenchef Christoph Ladegast, die aber für ihn alle nicht umsetzbar seien mit Blick auf den Platzverbrauch, Kosten/Nutzen, Effizienz oder Ökologie: die Recyclingstation an anderer Position im Unternehmen, Kartonabfälle mit Förderband oder per Absaugung an den Westrand des Gebäudes zum Abtransport transportieren, Kartonabfälle in Silos sammeln, Container im Untergeschoss mit Schienensystem, Container schräg stellen, um Einfahrtswinkel der Lastwagen zu ändern, Kartonabfälle in Ballen pressen und Kartonabfälle verheizen.

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„Wir haben uns intensiv in die Recherche begeben“, versicherte Ladegast. „Wir kommen immer wieder zu dem Punkt, dass die Planung so am effektivsten ist.“ In der Bürgerfragestunde meldeten sich einige der gut 20 Waldsiedler kritisch zu Wort. Felix Lachnit monierte den Ausbau des Wegs zu einer „Mammutzufahrt“ und die Versiegelung von Grünfläche. Zudem verlaufe dort der Schulweg.

Die frühere Gemeinderätin Britta Sauer-Böhm sagte, sie schätze die Firma und man wisse, dass sie ein wichtiger Gewerbesteuerzahler sei, aber es gehe um die Frage, inwieweit das Gemeinwohl Einschränkungen hinnehmen müsse. Es gehe um die Nutzung des Siedlerheims und die Sicherheit von Kindern; der angrenzende Spielplatz wäre beeinträchtigt. Edgar Morgenthaler sagte, er wisse aus Erfahrung, dass von Ingenieuren berechnete Schleppkurven für manche Fahrer trotzdem zu eng seien, und fragte, ob die Rangierfläche dann noch erweitert werden müsste.

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„Einen Tod muss man manchmal sterben“

Im Gemeinderat sagte Armin Okle (Freie Wähler), es sei noch vieles unklar, wie etwa die Ausgleichsfläche, die für den Ausbau der Zufahrt nötig wäre. Ralf Blum meinte schon vor seinem Antrag, Ladegast solle sich um einen Kompromiss bemühen, zum Beispiel mit den Containern auf Schienen im Keller, auch wenn dadurch der mit dem Anbau neu geschaffene Platz gebraucht würde. „Einen Tod muss man manchmal sterben“, so Blum. Auch Sandra Graßl-Caluk (SPD) und Gabriel Henkes (Grün&FLN) meinten, das wäre eine gute Lösung.

Kerstin Sauer (FW) fragte schon vor dem Beschluss, ob es einen Plan B gebe, wenn er den Weg nicht nutzen dürfe, was Ladegast verneinte. Die Variante mit den Containern im Keller könne er aber noch genauer prüfen lassen. Matthias Middendorf sagte, der Gemeinderat sei in einer Dilemmasituation. Denn man sei für den Erhalt von Wald und Wiese, aber es brauche auch eine wirtschaftliche Grundlage durch erfolgreiche Unternehmen. Das Problem: Das Grundstück sei zu klein.

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Auch andere Räte sagten, dass dieses schon komplett ausgenutzt werde. Ladegast stimmte zu. Für die neue Druckmaschine gebe es aber keinen sinnvollen Alternativstandort, sonst müsste er das komplette Unternehmen umstrukturieren. Deshalb suche er frühzeitig den Dialog mit der Gemeinde.

Im März hatte er die geplante Investition damit begründet, dass die Firma wettbewerbsfähig bleiben wolle im sehr intensiven und sensiblen Pharma-Markt. Allein für die neue Produktionsanlage würden die Kosten auf 2,8 bis 3 Millionen Euro geschätzt. Damit könne man schneller produzieren. Weil die Anlage größer und länger sei, brauche es den Anbau in dieser Größe und Höhe.