Frau Wenzler-Beger, wenn man schon nicht offiziell feiern kann, was werden Sie dieses Jahr an der Fasnacht machen?
Mein Haus innen und außen dekorieren, am Schmotzige Dunschtig den ganzen Tag mein Häs anziehen, Fasnetmusik hören, alles im Fernseher anschauen, was mit Fasnacht zu tun hat, vielleicht ein Zoom-Meeting mit meiner Hanselegruppe um gemeinsam blöd zu schwätzen und Schorle trinken, Fasnetsküchle backen und verteilen. Vermissen tu ich unser Freilichttheater am 11.11. auf dem Rosenegg, die Proben in der Halle, die Narrenspiele mit dem ganzen Team und allem, was dazu gehört – und hundertmal in den Arm genommen und geküsst zu werden und ganz arg meine Hanselegruppe.
Gibt es Erinnerungen an das Fasnachts-Ausfalljahr wegen des Irak-Kriegs?
Ja, das war eine sehr merkwürdige Zeit. Alles war ja vorbereitet und dann fehlte einfach ein wichtiger Zeitabschnitt im Jahreskreislauf. Man hat sich privat zu Kappenabenden und ähnlichem getroffen , aber es war eben nur ein lauwarmer Ersatz. Im Gegensatz zu 2021 konnte man sich aber wenigstens mit Vielen treffen und durfte sich auch berühren.
Worauf freuen Sie sich zur Fasnet 2021 besonders?
Dass ich noch ein paar andere Fasnetsverrückte im Häs rumlaufen sehe und vielleicht von irgendwoher eine Trommel oder eine einsame Trompete zu hören ist. Und auf meine Fasnetsküchle.
Wie bewerten Sie den Umgang der Verbände und Vereinigungen mit den Corona-Herausforderungen?
Es zeigt sich, dass in den Zünften viele kreative Köpfe sitzen, die sich alles Mögliche einfallen lassen. Insofern finde ich es richtig, dass die Verbände den Zünften vertrauen, dass sie sich an die Corona-Regeln halten und nicht zu stark reglementieren. Die Absagen sämtlicher Veranstaltungen gebieten die Zeichen der Zeit.
Kann das Internet nach Corona die Fasnet der Zukunft bereichern?
Nein! Die Fasnacht lebt von echten Menschen, vielen Menschen, vom Kontakt zum Publikum, von Geselligkeit und Emotion. Das Internet kann ein praktischer Helfer zur Umsetzung sein, aber nie das echte Fasnetsfeeling ergänzen oder ersetzen.
Was ist für Sie der Geist der Fasnet, der auch ohne Veranstaltungen weiterlebt und was zeichnet die Fasnet in ihrem Heimatort aus?
Die Fasnet ist für mich einerseits eines der wenigen Brauchtümer, die wir noch haben und das es zu pflegen gilt. Zum Anderen ist es aber auch ein riesiges Gemeinschaftsprojekt, das vom Geist des Füreinander und Miteinander geprägt ist, den Möglichkeiten in andere Rollen zu schlüpfen, sich kreativ zu betätigen und auch mal die Sau rauszulassen. In Rielasingen haben wir seit vielen Jahren einen starken Verein mit vielen langjährigen Mitgliedern und ebenso vielen jungen Leuten. Es ist im Narrenverein Burg Rosenegg sehr gut gelungen, dass jung und alt super zusammen arbeiten und festen. Unsere Fasnet ist vielfältig, es wird viel für Kinder geboten, wir haben eine einzigartige Fasnetseröffnung auf dem Rosenegg, vier tolle Narrenspiele, einen witzigen Kinderumzug und Kinderball und eine besondere Fasnetsbeerdigung.
Wer ist denn in diesem Jahr das wichtigste Mitglied in der Narrenzunft?
Unser Vorstand Holger „Io“ Reutemann mit seinem gesamten Vorstandsteam, die Ideen sammeln und umsetzen, damit am Ende doch noch ein wenig Fasnetswind durch die Gemeinde weht.
Glauben Sie, dass die Fasnet 2022 sein wird, wie immer?
Ja. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Kommt Ihr Häs‘ in diesem Jahr überhaupt zum Einsatz?
Ja, für das Foto zu dieser Serie – und da bin ich schon mal dankbar, dass ich´s anziehen konnte. Und eben für mein Privatvergnügen.
Haben Sie ein persönliches Motto für diese Saison?
Wie meine Mutter immer sagte: „Kopf hoch, wenn de Hals au dreckig isch!“
Und was haben Sie für den Aschermittwoch geplant?
Nix. Keine Halle abdekorieren, kein Fleischkäswecken, keine Kässpätzle, kein dicker Kopf...
Zu Zunft, Person und Serie
- Zur Serie: Zum Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus finden in diesem Jahr praktisch keine offiziellen Fastnachtsveranstaltungen statt. Welche Stimmung das auslöst, wo es vielleicht doch ein bisschen Freude gibt und welche Hoffnungen die Narren in die Zukunft setzen – dazu kommen in der Serie elf Narren anhand von elf Fragen zu Wort.
- Zur Person: Dagmar Wenzler-Beger, 67, ist langjährige Regisseurin und Autorin von Martinispiel und Narrenspiel des Narrenvereins Burg Rosenegg. Für ihr vielfältiges Engagement für die Narretei wurde sie von der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee zur Obristin ernannt. Vor der Pensionierung war sie als Lehrerin an der Ten-Brink-Schule aktiv und betreute dort die Schultheater-AG mit großer Leidenschaft.
- Zum Verein: Der Rattlinger Narrenverein Burg Rosenegg ist Mitglied der Narrenvereinigung Hegau Bodensee. Kinder und Jugendarbeit hat Tradition, seit über 30 Jahren veranstalten die Narren am Fasnachtssonntag einen großen Kinderball. (sk)