Ganz schön viel zu tun hatte der Narrenverein der Rattlinger am Morgen des Schmutzigen Dunschtig. Denn es galt neben dem Bürgermeister Ralf Baumert auch noch die Rektorin der Ten-Brink-Schule, Julia Reiser, sowie den Lehrer und Solo-Trompeter des Musikvereins, Vicente Sierra Marti, einzufangen. Dafür sind sie schon um 6 Uhr fürs Wecken durchs Dorf gezogen, mit „Trummle, Schelle und Rätsche i dä Hand“, wie der Burgvogt bei der Verurteilung der Dreien am Narrenplatz dem närrischen Volk erklärte. Denn allesamt haben sie schwere Vergehen begangen, die bestraft werden müssen.
Als erste musste Julia Reiser dran glauben. Zwar hat der Burgvogt sie gelobt, weil sie sehr närrisch ist – doch die Sache hat einen Haken. Wie die Narren erfahren haben, feiert die Schulrektorin nicht nur in Rielasingen die Fasnet. Nein, sie ist gar in Stockach närrisch unterwegs! Dafür gab es reichlich Buh-Rufe vom närrischen Volk. Und der Burgvogt betonte: „So goht des it, des sage mir dir grad is G‘sicht, bei uns isches doch vill schöner, als bei dem alte Stockacher Narreg‘richt!“
Für dieses Vergehen gibt es keine Asche auf ihr Haupt, sondern eine Konfetti-Dusche. Immerhin hat sie aber versprochen, am Fasnetsonntag zum Kinderball zu kommen. Den Narrentrunk musste sie trotzdem mit einem raschen Schluck vernichten.
Aber auch Lehrer und Trompeter Vicente Sierra Marti hat sich einiges zu Schulden kommen lassen. Er steigt auf und wird Dirigent, allerdings nicht in Rielasingen, wie der Junker Hans verlas, sondern in Gottmadingen. Ein Skandal, wie die Buh-Rufe des närrischen Volks klar machten. Der Solo-Trompeter wusste sich nicht zu verteidigen und ahnte bereits, was auf ihn zu kommen sollte.
Der Junker Hans machte es nochmal deutlich: „So ein Fremdgoh, des kammer it dulde. Überleg mol, Vicente, wo du dirigiersch, susch giehts Stunk, kein Temperanillo, kein Serano Schinke – nein, du musch jetzt de Rielesinger Narretrunk trinke!“ Dem Fremdgeher kam zugute, dass er die Bestrafung tapfer über sich ergehen ließ.
Bürgermeister muss Rathausschlüssel abgeben
Der Höhepunkt des Mittags nahte – die Absetzung des Bürgermeisters Ralf Baumert. Hier hat der Burgvogt wieder das Wort übernommen. Zunächst gab es reichlich Dank an den Bürgermeister für die zehn Weinflaschen, die er im vergangenen Jahr zur Ordenssitzung spendierte. Doch wenn Baumert dachte, damit das Herz des Burgvogts zu erweichen: weit gefehlt! Der Burgvogt fackelte nicht lange und kam gleich zur Sache. Dieses Jahr hat sich der Bürgermeister alias Onkel Dagobert ganz besonders als Geizhals entpuppt.
Der Burgvogt bemitleidete die Franzosen aus Norgent-sur-Seine, der Partnerstadt von Rielasingen-Worblingen, die im vergangenen Jahr im Hegau zu Besuch waren. Denn die armen Gäste bekamen nach einer zwölfstündigen Busfahrt kein festliches Mahl in der Talwiesenhalle aufgetischt, sondern nur belegte Käse- und Salami-Brötchen. Das närrische Volk konnte darüber nur müde den Kopf schütteln.
Doch Baumert ließ das nicht auf sich sitzen: „Die Zeite sind hart i dä ganze Welt und wie überall fehlt‘s uns halt au am Geld. Außerdem wird des Feuerwehrhus ziemlich teuer, des frißt jo scho d´Hälfte vu de Gewerbesteuer. Drum hab i denkt, mir sparret weng bei de Franzose.“
Am Ende half alles nichts und vom Junker Hans gab es eine Standpauke samt Verurteilung: Zehn Flaschen Wein für die nächste Ordenssitzung, Konfetti-Regen, Narrentrunk und die Übergabe des Rathausschlüssels. Nun sind die Narren an der Macht. Zudem musste Baumert versprechen, dass es an der 50-Jahr-Feier der Eingemeindung mehr geben wird als belegte Brötchen.
Alle Bilder der Machtübergabe gibt es in unserer Galerie.