Es könnte alles gut sein nach dieser Wahl. Die Singener Wähler haben für klare Verhältnisse gesorgt. 88,49 Prozent für Amtsinhaber Bernd Häusler sind ein deutliches Zeichen dafür, wen die Menschen in der Stadt unterm Hohentwiel in den nächsten acht Jahren an der Rathausspitze sehen wollen. Der Kurs, den er mit den Singenern eingeschlagen hat, wurde eindrucksvoll bestätigt. Dabei hat sich auch sein beharrliches Problemlösen der vergangenen acht Jahre ausgezahlt. Da wären auch 10,92 Prozent Protestpotential zu verschmerzen, die Gegenkandidat Helmut Happe einfahren konnte – obwohl er im Wahlkampf nur selten in der Stadt präsent war und mit seinen Aussagen eher Kopfschütteln als Begeisterung auslöste. Manch einer hätte auf ein noch deutlicheres Ergebnis gehofft.
Doch eine Zahl des gestrigen Abends ist richtig bitter und muss nachdenklich machen: 25,35 Prozent. So niedrig war die Wahlbeteiligung. Mit anderen Worten: Drei Viertel der Wahlberechtigten in Singen haben die ihnen zustehende Stimme weder per Briefwahl noch an den Urnen abgegeben. Auch bei anderen Bürgermeisterwahlen ist es normal, dass der Gewinner zwar die Mehrheit der Wähler, aber nicht unbedingt die Mehrheit der Wahlberechtigten hinter sich versammeln kann. Doch in diesem Fall liegt der Wert extrem niedrig. Die Wahl ist gültig, doch der Anteil derer, die Anteil genommen haben, hinterlässt einen schalen Beigeschmack.
Die niedrige Wahlbeteiligung bedeutet, dass faktisch eine Minderheit über die wichtigste Personalie in der Stadt entschieden hat – und das obwohl zumindest Häusler sehr engagiert Wahlkampf gemacht hat. Man kann die Abwesenheit von den Urnen positiv oder negativ deuten. Die positive Deutung geht so: Die Zufriedenheit ist so groß und angesichts der beiden Kandidaten war der Ausgang der Wahl so klar, dass sich viele den Gang ins Wahllokal gespart haben. Oder man kann es als Missachtung der repräsentativen Demokratie sehen, einer Staatsform, die den Menschen in Deutschland und Europa einen nie dagewesenen Wohlstand und die längste Friedensperiode der Geschichte eingebracht hat. Die tatsächliche Ursache wird schwer zu finden sein – und ein Patentrezept für die Mobilisierung der Singener Wähler wohl noch schwerer.