Parkplatz oder Wohnbau? Diese Frage stellt sich in der Singener Innenstadt unter anderem an der Ecke von Freiheitstraße und Höristraße. Die Entscheidung ist seit Längerem gefallen. Wohnbau lautet die Devise. Wo derzeit noch Fahrzeuge parken, sollen demnächst die Bauarbeiten beginnen. Der Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt hat in seiner jüngsten Sitzung einem entsprechenden Baugesuch einstimmig zugestimmt.
Entstehen sollen 31 Wohnungen, eine Tiefgarage und eine Einheit für Gastronomie oder Gewerbe, beispielsweise für ein Café, wie Patrick Wacker, Leiter der Abteilung Baurecht bei der Singener Stadtverwaltung, in der Sitzung erklärte. Die Wohnungen sollen in fünf Geschossen unterkommen, davon soll das oberste als Staffelgeschoss ein wenig zurückversetzt sein. Die Gebäudehöhe füge sich in die Umgebung ein, so Wacker. Zur rückwärtigen Seite an der Theodor-Hanloser-Straße ist das Gebäude zudem nur vier Stockwerke hoch, wie aus der Präsentation im Ausschuss hervorgeht. Das Grundstück sei eine Brache, die seit mehr als 40 Jahren als Parkplatz genutzt werde, erklärte Wacker außerdem.
Ein Baum macht das Vorhaben kompliziert
An dem Vorhaben zeigt sich aber auch, dass sich über kaum etwas so trefflich diskutieren lässt wie übers Bauen. Denn das Ergebnis der Baukunst kann am Ende jeder sehen. Dabei geht es unter anderem um eine mehr als 100 Jahre alte Kastanie. Sie steht an der Freiheitstraße und ist ein Naturdenkmal. Der Baum muss erhalten bleiben und macht das Bauvorhaben kompliziert. Denn um die Kastanie zu erhalten, muss es eine Aussparung im Gebäude geben, ein schlichter Quader funktioniert nicht.
Ursprünglich hatte der Stuttgarter Architekt Jo Schwarz, der das Gebäude plant, eine Rundung vorgesehen, um Platz für den Baum zu lassen. Doch der Gestaltungsbeirat hat bei diesem Entwurf in seiner ersten Sitzung überhaupt im März noch Überarbeitungsbedarf gesehen. Vor allem eine zweite Rundung entlang der Höristraße hatte das Gremium damals gestört. Der Architekt ging nochmals an den Computer und präsentierte dem Gestaltungsbeirat kürzlich einen Entwurf, der Zustimmung fand. Um die Kastanie herum bildet das Gebäude nun einen eckig ausgeschnittenen Platz.
Thomas Mügge, Fachbereichsleiter Bauen bei der Stadtverwaltung, berichtet aus der jüngsten Sitzung des Gestaltungsbeirats, dass nun ein „gut proportionierter Platzraum“ entstehe, der auch genügend Raum für die Baumkrone lasse. Die anderen Anregungen des Gestaltungsbeirats hätten die Architekten ebenfalls aufgenommen, so Mügge. Und: Der Gestaltungsbeirat fände es wünschenswert, dass sich auch die Stadt an einer hochwertigen Platzgestaltung mit ihren öffentlichen Flächen beteilige. Das habe man gerne aufgenommen.
Architekt sieht Vorteil eines unabhängigen Gremiums
Architekt Jo Schwarz sagt auf Anfrage, er habe die Umplanungswünsche verschmerzen können. Einen Entwurf mit einer eckigen Aussparung für den Baum habe es schon in einem früheren Stadium als Variante gegeben. Und auch wenn die Überarbeitung viel Arbeit gemacht habe, sieht er einen entscheidenden Vorteil eines Gestaltungsbeirats: „Es ist ein unabhängiges Gremium.“ Die Rückmeldung habe am Ende zu einem besseren Ergebnis geführt, so der Architekt.
Der alte Baum an der Straßenecke war auch ein Thema für die Mitglieder des Bauausschusses. So erwähnte Kirsten Brößke (FDP), der Baumschutzgutachter habe empfohlen, den Baum vom Asphalt zu befreien. Sie befand: Das Grünamt solle das machen. Oberbürgermeister Bernd Häusler erwiderte, er sei irritiert über die Ratschläge des Bauherrn gewesen. Zunächst einmal sollte der Baum bei den Bauarbeiten nicht beschädigt werden. Und als Reaktion auf Walafried Schrott (SPD) sagte er, der Baum werde natürlich auch ständig durch städtische Mitarbeiter kontrolliert, allein schon wegen der Verkehrssicherungspflicht.
Karin Leyhe-Schröpfer (Grüne) fragte, ob man die Fassade begrünen könne. Patrick Wacker antwortete, dass dies nicht vorgesehen sei. Allerdings solle auf dem Dach Begrünung und Fotovoltaik entstehen. Und Walafried Schrott sagte, es sei schon ein massiver Bau. OB Häusler antwortete: „Wenn man Fläche sparen will, muss man hoch bauen.“
Wann die Bauarbeiten voraussichtlich starten
Einstweilen können die Autos übrigens auf dem unbefestigten Platz noch parken. Laut dem aktuellen Zeitplan sollen die Bauarbeiten erst Ende dieses Jahres beginnen – auch wenn es durch die Lage am Bau noch viele Unbekannte gebe, so Architekt Jo Schwarz.