Die jüngst im Singener Gemeinderat vom Chef des Polizeireviers Singen erläuterte Bilanz des Jahres 2018 über die Verkehrs- und Kriminalitätslage in der Stadt gleicht im Wesentlichen den Ausführungen, die Thomas Krebs bereits in etlichen Hegau-Gemeinden machte.

Demnach gehören Singen und der Hegau nicht zu den Brennpunkten, aus Sicht der Polizei lebt es sich hier sicher. Vor allem aber verdeutlichte er den Interpretationsbedarf der statistischen Angaben.

Bild 1: Deutlicher Trend zu mehr Sicherheit in der Stadt Singen
Bild: Heiko Küverling (Fotolia)
  1. Verkehr: Ein Beispiel dafür sind die Kennzahlen für die Verkehrssicherheitslage, bei der sich die potenzielle Unfallbelastung aus einer Hochrechnung auf 100 000 Menschen ergibt. Auf Landesebene ergibt sich daraus ein Wert von 945, was ziemlich genau dem des Landkreises Konstanz entspricht. In Singen liegt dieser Wert mit 1289 um rund 30 Prozent darüber, doch auch Gailingen kommt auf einen Wert von 1026. Die örtlichen Werte hängen stark davon ab, ob es zum Beispiel Hauptdurchgangsstraßen gibt. Die Berechnung der Wahrscheinlichkeit, in Singen in einen Verkehrsunfall zu geraten, berücksichtigt außerdem nicht die Qualität der Unfälle. Der Parksuchverkehr beispielsweise macht die Singener Innenstadt zu einem Unfallschwerpunkt und auch die Delle im Auto von Helikopter-Eltern, die ihre Kinder zur Schule fahren, erhöht den statistischen Wert der Verkehrssicherheitslage. Doch auch bei Nichtberücksichtigung dieser Hintergründe hat sich der Wert der Verkehrssicherheitslage verbessert und erreicht im Fünfjahresvergleich einen Tiefststand. Dennoch blieb die Straße 2018 ein Ort des vielfachen Schreckens. Ein Radfahrer kam ums Leben, es gab 33 Schwer- und 178 Leichtverletzte.
  2. Kriminalität: Die Zahl der Straftaten ging 2018 mit registrierten 3997 Fällen im Vergleich zum Vorjahr (4408) deutlich zurück. Das Gros der Straftaten wurde in der Innenstadt verortet, hier wurden 1110 Straftaten (Vorjahr: 1301) festgestellt. Ebenfalls einiges zu tun hatte die Polizei in der Südstadt mit 956 Straftaten (Vorjahr: 947), was laut Thomas Krebs mit den hier angesiedelten Einkaufsmärkten, den besonderen Lebensumständen von den hier untergebrachten Flüchtlingen sowie den Freizeiteinrichtungen zu tun hat. Dass dabei der Alkohol eine Rolle spielt, machte der um plakative Darstellungen nicht verlegene Polizeichef mit einer Erkenntnis aus dem polizeilichen Alltag deutlich: "Je später der Abend, umso voller die Gäste." Auch für die Kriminalitätslage gibt es übrigens eine Hochrechnung auf 100 000 Bewohner. Singen kommt hier auf einen Wert von 8377, der über dem Landesdurchschnitt (5295) und dem des Landkreises (6087) liegt. Wie schon bei der Verkehrsicherheitslage sind die Zahlen allerdings vor dem Hintergrund des Singener Einzugsgebiets zu deuten. Viele Menschen kommen zum Einkaufen oder Tanzen aus anderen Gemeinden oder auch aus der Schweiz nach Singen – wer dabei beim Ladendiebstahl erwischt wird oder was beim nächtlichen Vergnügen im Krach endet, fließt als Fall in die Statistik der Polizei ein.
  3. Schwere Kriminalität: Nichts mehr zu relativieren gibt es bei den Straftaten, die als schwere Delikte einzustufen sind. In zwei Fällen ging es laut Thomas Krebs im vergangenen Jahr um Leben und Tod. In einem Fall handelte es sich um einen Konflikt zwischen einem Vermieter und einem Mieter, ein zweiter Streit spielte sich zwischen zwei Asylbewerbern ab. Ebenfalls zu den schweren Delikten sind die Verstöße gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu zählen – sie stiegen im Jahresvergleich von 42 auf 52 – hinter dieser Ziffer stehen zum Beispiel die Taten von Exhibitionisten. Nach den Vorkommnissen in der Silvesternacht in Köln und den daraus resultierenden gesetzlichen Neubestimmungen ist übrigens der Begriff der Vergewaltigung juristisch neu definiert worden. Der Paragraf 177 des Strafgesetzbuches regelt dabei, was als sexueller Übergriff, als sexuelle Nötigung und als Vergewaltigung einzustufen ist. Unter diesen Paragrafen fielen nach Angaben von Thomas Krebs im vergangenen Jahr neun Straftaten, wobei vier als Vergewaltigung einzustufen sind. Schließlich sind noch die sogenannten Roheitsdelikte zur schweren Kriminalität zu rechnen. 584 Mal (Vorjahr: 632) hatte es die Singener Polizei im vergangenen Jahr mit Fällen wie beispielsweise Körperverletzungen zu tun.
  4. Diebstähle, Sonstiges : Von einer erheblichen kriminellen Energie ist bei schweren Diebstählen (dazu zählt zum Beispiel der Diebstahl eines Fahrrads) auszugehen, bei den einfachen Diebstählen wie der Langfingerei im Einkaufsmarkt gibt's bei der Bewertung eher einen gewissen Spielraum. Als ziemlich dreist kann ein Betrugsfall (insgesamt 740 – Vorjahr: 789) per Internet bezeichnet werden. Dabei hatte eine Frau Waren angeboten und kassiert, ohne über die entsprechenden Artikel zu verfügen. Unter Sonstiges fallen zum Beispiel Sachbeschädigungen wie Graffitis oder Beleidigungen, zu den Verstößen gegen Nebengesetze können beispielsweise Auflagenverletzungen von Asylbewerbern zählen.
  5. Tatverdächtige: Von der Polizei wurden im vergangenen Jahr 2090 Tatverdächtige festgestellt (Vorjahr: 2451), die Aufklärungsquote lag bei 66,7 Prozent. In etwa Dreivierteln der Fälle ließen sich Männer etwas zuschulden kommen, Frauen wurden von der Polizei in jedem vierten Fall als Gesetzesbrecherinnen eingestuft. In 52,8 Prozent der Fälle hatten die Täter einen deutschen Pass, in 47,2 handelte es sich um Angehörige anderer Nationalitäten. 72 Prozent der Tatverdächtigen befanden sich laut Thomas Krebs im Erwachsenenalter, bei jeweils zwölf Prozent handelte es sich um Heranwachsende beziehungsweise Jugendliche und in vier Prozent der Fälle waren es Kinder.
  6. Prävention: Als hilfreich für die Kriminalitätsprävention bezeichnete Thomas Krebs die von der Stadt Singen praktizierte Jugendarbeit. Sie habe maßgeblichen Anteil daran, dass weniger Jugendliche mit dem Gesetz in Konflikt geraten: "Jeder Euro ist hier gut investiert."