Sie haben in der Mainauer Schwedenschenke gelernt, haben in verschiedenen Sterne-Häusern in Deutschland und im Ausland gekocht. Zuletzt in der Sterneküche San Martino in Konstanz. Wie kamen Sie ausgerechnet darauf, im Singener Kreuz ihr erstes eigenes Restaurant eröffnen zu wollen?
Ich habe beim Geburtstag von Gerhard Zahner (Rechtanwalt und Autor aus Singen, Anm. d. Redaktion) gekocht. Er ist ein Freund der Familie. Dabei lernte ich Andreas Kämpf kennen, den Geschäftsführer der Gems. Er fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, im Kreuz zu arbeiten. Damals war die Küche in prekärem Zustand. Ich habe gesagt, dass das nur für mich in Frage käme, wenn die Küche neu gemacht würde. Danach habe ich erste Gespräche mit der Stadtverwaltung geführt. Ich bin seit einigen Jahren auf der Suche nach einem geeigneten Objekt. Das Haus, eines der ältesten Gasthäuser in Singen, hat viel Charme. Ich habe mich regelrecht in das Objekt verliebt. Es gibt übrigens einen familiären Bezug zu Singen. Meine Mutter wurde hier geboren, mein Vater hat in Singen Abitur gemacht und zeitweise als Lehrer und Redakteur des SÜDKURIER gearbeitet. Das Singener Galeristenpaar Helena und Werner Vayhinger ist mir gut bekannt, im Atelier von Harald F. Müller habe ich auch schon gekocht. Ich habe Singen als sehr positiv erlebt. Auch die Zusammenarbeit mit der Stadt, der das Kreuz gehört, hat gut funktioniert. Dafür bin ich dankbar.
Wie hat die Stadtverwaltung darauf reagiert, dass ein 29-jähriger Jungkoch das Kreuz übernehmen will?
Das ist richtig, ich bin jung. Aber ich habe in meinem Berufsleben einige Erfahrungen gesammelt und Anfang des Jahres meinen Küchenmeister gemacht. Ich habe mir das alles gut überlegt. Das auch für mich Überraschende war, dass ich bei den Stadtverantwortlichen sofort auf offene Ohren gestoßen bin. Ich habe mit professioneller Hilfe einen Businessplan erstellt, mein Konzept durch den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband bewerten lassen und das Ergebnis dem Finanz- und Wirtschaftsausschuss des Gemeinderats vorgelegt. In Anwalt und Steuerberater Hans-Jörg Reichert habe ich zudem einen Freund der Familie als Berater.
Wie sieht das Konzept für das Kreuz aus?
Grundsätzlich möchte ich das Niveau im Kreuz gerne anheben. Meine Gäste erwartet eine gut bürgerliche und bezahlbare europäische Fusions-Küche. Dabei wird das Hauptaugenmerk auf der deutschen Küche liegen. Die Speisenkarte wird regional ausgerichtet sein. Aber es gibt auch Einflüsse aus anderen Ländern, die ich bereist habe. Dazu gehören Italien, Frankreich und Spanien einschließlich der Weine. Es wird auch eine Grillkarte geben. Im Sommer werden auf einem Green-Egg-Kamado und einem Teppanyaki-Grill leckere Spezialitäten zubereitet. Wir setzen auf hohe Fleischqualität und bereiten auch besondere Stücke zu, beispielsweise große Tomahawk-Steaks für zwei Personen. Und natürlich wird es auch den klassischen Zwiebelrostbraten geben, guten Fisch, aber auch Angebote für diejenigen, die kein Fleisch essen. Von Montag bis Freitag bieten wir einen Mittagstisch an, abends dann die gehobene Abendkarte. Im Winter sind im Gastraum im Obergeschoss auch Raclette- und Fondue-Essen denkbar. Wir werden voraussichtlich nur zehn bis zwölf Gerichte auf der Karte haben, aber dafür richtig gute. Die Qualität steht für mein Team und für mich an erster Stelle.
Und wie steht es um den Biergarten?
Der wird auch einer Erneuerung unterworfen. Ich habe die Augustiner Brauerei in München angefragt, ob sie Interesse an einer Zusammenarbeit hat. Der zuständige Mitarbeiter war beeindruckt, sowohl vom „Kreuz“ als auch von meinem Konzept. Wir werden also Augustiner vom Fass ausschenken. Draußen wird es einen klassischen Wirtsgarten mit etwa 25 Tischen geben, allerdings mit weniger bayerischem Flair als in München. Im Sommer kann ich mir auch Livemusik im Garten vorstellen.
Aktuell wird das Kreuz von Grund auf saniert und modernisiert. Die Stadt investiert rund eine Million in das Gebäude. Wie hoch ist ihr Risiko bei diesem Projekt?
Tja, wenn das hier, salopp gesagt, schief gehen sollte, habe ich ein Problem. Die Stadt übernimmt die Kosten, die das Gebäude und feste Installationen betreffen. Ich muss das Mobiliar anschaffen, Geschirr und Besteck ebenso wie Kleingeräte für die Küche. Bei einer Gastro-Kaffeemaschine liegt man gleich mal bei 15 000 Euro. Insgesamt investiere ich einen hohen fünfstelligen Betrag. Das ist kein geringes finanzielles Risiko, aber ich bin fest davon überzeugt, dass ich es mit dem Team schaffe, das Kreuz wieder zu einem gefragten Gasthaus zu machen.
Wann soll die Eröffnung sein?
Auf den Tag genau kann ich das noch nicht sagen. Wir planen, Mitte Oktober zu eröffnen. Um den Termin halten zu können, muss auf der Baustelle alles zeitlich genau hinhauen. In zwei bis drei Wochen weiß ich mehr.
Fragen: Helene Kerle
Zur Person und was im Gasthaus Kreuz geplant ist
- Zur Person: Sebastian Kopitzki wurde 1990 in Konstanz geboren. Nach der Mittleren Reife absolvierte er eine Kochausbildung in der Schwedenschenke auf der Mainau. Danach zog es ihn zunächst in ein viereinhalb Sterne Haus im schweizerischen Arosa. Danach folgten Fachhochschulreife, BA-Studium (mit Station im „Vier Jahreszeiten“ in München) und weitere Häuser in der Schweiz sowie im „Riva“ und im Sternelokal „San Martino“ in Konstanz. Zuletzt kredenzte er als selbstständiger Caterer den Gästen seine Büffetvariationen.
- Zum Projekt: Das Gasthaus „Kreuz“ wird seit Jahresbeginn von Grund auf saniert. Die Bar im Gastraum weicht mehr Platz für Sitzplätze, das Erdgeschoss wird barrierefrei und bekommt eine Behinderten- sowie eine Personaltoilette. Die neue Küche bekommt ein modernes Luftabzugssystem, dessen große Anlage mit viel Tüftelei passgenau unterm Dach eingebaut wurde, wie Architekt Ben Nägele vor Ort erläutert. Künftig gibt es auch im oberen Gastraum Speisen, die dort per Aufzug ankommen. Die Treppe sei schlicht zu schmal und steil, um Speisen zu servieren, weiß Nägele und verweist auf die Besonderheiten im denkmalgeschützten Gebäude. Die Räume im zweiten Obergeschoss dienen als Personal- und Büroräume. Das Kreuz wurde seit 2005 vom benachbarten Kulturzentrum Gems betrieben. Die Gems gab den Betrieb ab, weil er nicht zu den Kerngeschäft des Kulturzentrums gehört. (ker)