Wasser, das über Steckdosen läuft? Strom und Wasser ist keine gute Kombination, da sind sich alle einig. Dennoch ist Wasser am Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen nicht nur von der Decke getropft, sondern regelrecht die Wand hinunter geflossen. Diesen Zustand bemängelte Elternsprecherin Esther Hall-Andes in einer Ausschusssitzung ebenso wie die Tatsache, dass die Sanierung des durchlässigen Dachs für 2020 nicht in den Haushalt eingeplant ist. Stadtverwaltung und Schulleitung beschwichtigen aber auf SÜDKURIER-Nachfrage: Es sei klar, dass etwas gemacht werden muss, doch der Vorfall sei Monate her und die Situation aktuell nicht dramatisch. Schulleiterin Sabine Beck zeigt Verständnis für die verzögerte Sanierung: „Bei dem Dach geht es um Millionen“, diese Summe könne man nicht herzaubern.
Einen Eimer braucht es nur selten
Noch genüge ein Lappen, nur selten brauche es einen Eimer, um das Wasser aufzufangen, das durch Lecks im Dach dringt, schildert Sabine Beck. Sie steht in der Pausenhalle ihrer Schule und zeigt einen Bereich, wo sich langsam, aber stetig Wassertropfen von der Decke lösen und auf den Boden fallen. „Wir sind noch nicht ganz schlau daraus geworden, wann es wo tropft“, sagt sie. Dass wirklich viel Wasser eine Wand hinunter floss, sei nur einmal im Sommer 2016 vorgekommen, als die Dichtungen ausgetrocknet waren und dann Sturzregen aufs Dach prasselte. Das Gebäude wurde 1972 gebaut, wird demnächst also 50 Jahre alt. „Jetzt geht eins ums andere kaputt“, sagt Sabine Beck. Sie wünscht sich, dass das Schulgebäude zum Jubiläum modernisiert ist. Unklar ist, ob dieser Wunsch in Erfüllung gehen wird.

Auch Fassade und Fenster sind in die Jahre gekommen
Denn mit dem Dach allein ist es nicht getan, erklärt Bernd Walz als Leiter des Fachbereichs Bildung und Sport. Auch die Fassade und die Fenster müssen modernisiert werden. „Manche Fenster gehen nicht mehr auf, manche nicht mehr zu“, sagt Elternsprecherin Esther Hall-Andes. Einige Scheiben sind angelaufen, einige auch gesprungen. Deshalb rechnet die Stadtverwaltung mit Gesamtkosten zwischen sechs und acht Millionen Euro. Das habe eine Schätzung vor wenigen Jahren ergeben, wie Gebäudemanager Christian Kezic erläutert. Die Sanierung werde seit Jahren immer wieder verschoben, kritisiert Hall-Andes, deshalb hake sie bei jeder Haushaltsberatung nach. Oberbürgermeister Bernd Häusler antwortete zuletzt harsch, dass die Stadt mit dem Neubau der Kita Bruderhof erstmal andere Projekte bewältigen müsse.
Wenn vor dem Zuschussbescheid begonnen wird, gibt es kein Geld vom Land
Wann das Friedrich-Wöhler-Gymnasium saniert werden kann, hängt laut Bernd Walz besonders von Fördermitteln ab: Sobald diese absehbar sind, soll das Dach erneuert werden. „Würden wir jetzt schon das Dach sanieren, ohne eine verbindliche Zusage zu haben, müssten wir den Gesamtbetrag selber finanzieren.“ Zuschüsse gebe es bisher für Neubauten, Erweiterungsbauten oder den Wandel in eine Ganztageseinrichtung, dann sei eine Förderung von bis zu 60 Prozent der Kosten möglich. Dabei profitiere das FWG davon, dass viele auswärtige Kinder das Gymnasium besuchen, das gebe einen Auswärtigenzuschlag. Seit zwei Jahren können auch Sanierungen gefördert werden, bislang allerdings befristet. Im Frühjahr dieses Jahres soll laut Walz die Entscheidung fallen, ob diese Zuschüsse unbefristet fließen. „Das ist die große Chance, die wir als Stadt haben.“
Einen konkreten Zeitplan gebe es daher noch nicht. Dafür müsse man sich auch mit der Schule abstimmen, erklärt der Gebäudemanager: Innerhalb der Sommerferien sei eine so umfassende Sanierung nicht zu leisten, daher müsse man den Unterricht entsprechend planen. Beim Hegau-Gymnasiums werden aktuell die Fenster erneuert – mit Hilfe der bislang befristeten Fördermittel werden dort insgesamt 1,2 Millionen Euro investiert. Während der Sanierung sind stets zwei Räume frei geräumt, erklärt Kezic, wo grobe und laute Arbeiten möglich sind. Wenn die abgeschlossen sind, kann eine Klasse dort wieder lernen und gibt die nächsten Räume frei.
Höchstens der Wohlfühlfaktor leidet bisher, sagt die Schulleiterin
Dabei sei der Zustand aller Schulen gut, wie Bernd Walz und Christian Kezic betonen. „Wir kennen unsere Gebäude“, sagt Kezic. Beim FWG sei das Problem, dass bei 2000 Quadratmetern Dachfläche nur schwer die Ursache der Wassertropfen auffindbar sei. Einschränkungen für den Schulalltag gebe es aber nicht, Klassenzimmer sind laut Sabine Beck nicht betroffen. Höchstens der Wohlfühlfaktor leide ein wenig. Die Schulleiterin versichert aber: „Wenn etwas akut ist, wird immer reagiert. Wir fühlen uns gehört.“ In den vergangenen Jahren sei schon viel passiert, zuletzt seien beispielsweise die Brandschutztüren getauscht worden. Von 2013 bis 2019 habe die Stadt rund 13 Millionen Euro in die Erhaltung ihrer Schulen investiert. Und von den zwei Millionen Euro, die jährlich für die Erhaltung städtischer Gebäude eingeplant seien, würde fast die Hälfte nur für die Schulen verwendet.
Dennoch brauche es jetzt größere Maßnahmen, sagt Schulleiterin Sabine Beck. „Es wird ja nicht besser oder billiger, es muss etwas gemacht werden“, betont auch Elternsprecherin Esther Hall-Andes. Damit das Friedrich-Wöhler-Gymnasium zum 50. Geburtstag im Jahr 2022 gut dasteht.
