Gisela und Horst Bigalk aus Beuren, 77 und 81 Jahre alt, haben sich getraut. Sie riefen beim Bürgerverein "Nachbarn helfen" in Hausen an, den es seit Januar für die vier nördlichen Singener Stadtteilen gibt. Bigalks brauchten Hilfe beim Schnee räumen. Das Ehepaar wohnt in Beuren und haben über das Angebot des Bürgervereins Hausen gelesen. "Ich finde, das ist eine Supereinrichtung und ich bin froh, dass ich angerufen habe", sagt Horst Bigalk. Das Ehepaar kann seinen Alltag noch selbst bewältigen. Sie mögen das Leben auf dem Land, haben aber keine Angehörigen in der Nähe. Da komme schon ab und zu der Gedanke, wer helfen kann, wenn es mal nicht mehr so klappt, zum Beispiel mit der Autofahrt zum Arzt oder mit der Wäschepflege. Gisela Bigalk hat es in ihrem Haushalt gern ordentlich und sie schildert, wie ihr manche Arbeiten schwer fallen. "Ich muss immer wieder Pausen machen", erklärt sie. Die Tatsache, dass sie gesundheitlich eingeschränkt ist, macht ihr manchmal zu schaffen. "Ich habe kein Problem mit dem Alt werden, ich habe ein Problem damit, dass ich nicht mehr so kann, wie ich gern möchte", sagt die Seniorin.
14 Helfer derzeit im Einsatz
Wenn jemand im Büro der Nachbarschaftshilfe in Hausen bei Claudia Ehret anruft, kommt sie zum Beratungsgespräch. Dabei wird geklärt, was die Klienten brauchen und welchen Helfer sie sich wünschen. Dann werden Helfer und Klient einander vorgestellt und wenn es passt, die Telefonnummern ausgetauscht. Im Gespräch werde oft deutlich, dass viele Senioren sich im Alltag bereits überfordern, sich aber nicht trauen, das zu sagen. "Wir können in vielen Dingen helfen", sagt Claudia Ehret. 14 Helfer sind derzeit im Einsatz. Sie betreuen 16 Klienten und haben seit dem Start 50 Einsatzstunden geleistet. Die Helfer bieten ein breites Spektrum an Hilfen im Alltag, zum Beispiel Einkaufen, Begleitfahrten zum Arzt, Gartenarbeit oder Schach spielen an. "Neulich hat mir ein 95-Jähriger gesagt, er bräuchte jemand, der ihm das Internet zeigt", berichtet Ehret. Der Verein darf, weil er gemeinnützig ist, keine Gewinne erwirtschaften, er bietet keine Pflege an und vermittelt keine reinen Putzhilfen. Die Initiatoren von "Nachbarn helfen" wollen ein Jahr lang Erfahrungen sammeln und dann schauen, wie die Hilfe ankommt und was verbessert werden kann.
Die Helfer versuchen, die Klienten in die Arbeiten einzubeziehen und Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. "Es sollte nicht so sein, dass der Helfer kocht und der Klient schaut zu, sondern dass man gemeinsam kocht und der Klient macht das, was er noch kann", erklärt Ehret. Die Nachbarschaftshilfe ist nicht altersbegrenzt. Vor Kurzem bat eine alleinstehende, jüngere Frau um Hilfe, die sich die Hand gebrochen hat. Auch Familien dürften sich melden, wenn Not am Mann ist. "Wir sind flexibel", sagt Ehret.
"Jeder kann mal Hilfe brauchen"
Die größte Hürde sei für viele, um Hilfe zu bitten. "Es fällt den Leuten unheimlich schwer, zu sagen: Ich brauche Hilfe", erklärt die Leiterin. Sie schämten sich, Hilfe anzunehmen und hilfsbedürftig zu sein. "Man will nicht abhängig sein", bestätigt Horst Bigalk. Dabei kann jeder mal Hilfe brauchen. Das Ziel des Vereins sei es, dass die Menschen auf dem Land so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben können, erklärt Ehret.
Claudia Kulik aus Beuren steht seit Kurzem als Helferin bereit, hatte aber noch keinen Einsatz. "Ich habe mir überlegt, wie ich mich einbringen kann", begründet sie ihr Engagement. Sie übernehme gern Gartenarbeiten, weil sie selbst einen großen Garten hat und ist fit in Altenpflege. Die Mehrzahl der Helfer sei frisch in Rente und wolle sich ehrenamtlich engagieren, so Ehret. Claudia Kulik geht es um ein gutes Miteinander und dass jeder darauf vertrauen kann, dass man Hilfe bekommt, wenn man sie braucht.
Manche Bedürfnisse kommen erst im Laufe eines Gesprächs ans Tageslicht. Gisela Bigalk berichtet, dass sie Probleme habe, ihre Fotos auf das Notebook zu laden. "Meine Tochter ist gerade zu Besuch, die kann helfen", bietet Claudia Ehret spontan an. Und es wird deutlich: Auch kleine Hilfen können viel bewirken.
Kontakt und Helfer
Der Bürgerverein Hausen für Hausen „Nachbarn helfen“ ist unter der Telefonnummer (07731) 97 61 479 zu den Sprechzeiten montags, mittwochs und freitags von 13.30 bis 16.30 Uhr zu erreichen. Der Verein bietet gerade einen Kurs in der häuslichen Betreuung in der Altenpflege an, der noch bis 15. April geht. Er ist für pflegerische Laien, die sich als Helfer engagieren wollen, verpflichtend. Menschen die Hilfe anfordern, zahlen einen Stundenlohn von 12 Euro. 10 Euro gehen an die Helfer, 2 Euro werden für laufende Kosten in der Verwaltung gebraucht.