Es klingt halbwegs dramatisch: Ende Juni haben Beamte der Bundespolizei in Singen einen jungen Mann in einem Seehas-Zug kontrolliert. Dabei kam heraus, dass gegen den Mann ein offener Haftbefehl vorliegt. Die Folge: Er musste den Zug sofort verlassen – und für mehrere Monate ins Gefängnis. Der Hintergrund: Der Mann hatte eine Geldstrafe kassiert, die er nicht bezahlt hat, teilte die Bundespolizeiinspektion Konstanz damals mit. Auch zum Zeitpunkt der Kontrolle konnte er demnach nicht zahlen und musste eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten.
Meldungen wie diese schickt die Bundespolizei mit schöner Regelmäßigkeit. Immer wieder stoßen die Beamten bei ihren Kontrollen auf Menschen, die per Haftbefehl gesucht werden. Wie oft kommt das vor? Monia Hentschel, Sprecherin der Bundespolizeiinspektion Konstanz, hat Zahlen. Demnach landeten die Beamten im Bereich des Reviers Singen 61 Fahndungstreffer im Jahr 2021. Im Jahr darauf waren es schon 129. Und in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres gelangen den Bundespolizisten 44 Fahndungstreffer. Das sind zuletzt etwa zwei pro Woche.
Mehr Treffer als Festgenommene
Diese Zahlen sind allerdings nicht identisch mit der Zahl der Menschen, die nach der Kontrolle durch die Bundespolizei eine Geldstrafe begleichen oder eine Haftstrafe antreten müssen. Denn es kann auch mehrere Fahndungen nach einer Person geben. Die Zahl der festgenommenen Personen liegt also tendenziell niedriger. Und die Zahlen geben auch keine Auskunft darüber, ob die aufgegriffenen Personen eine Geldstrafe, eine Ersatzfreiheitsstrafe oder eine Haftstrafe antreten müssen. Als Begründung für den Anstieg von 2021 nach 2022 führt Hentschel die Lockerung von Corona-bedingten Einschränkungen an.
Zum Vergleich: Für das Jahr 2021 gibt der Jahresbericht der Bundespolizei eine Zahl von 182.464 Personenfahndungserfolgen bundesweit an – ein Wert, der demnach gegenüber dem Vorjahr um 15,2 Prozent gestiegen ist (2020: 158.355). Dabei haben die Beamten im Jahr 2021 bundesweit 15.462 nationale und internationale Haftbefehle vollstreckt (2020: 13.986, plus 10,6 Prozent). Die Einschränkung von Reisebewegungen durch Corona wird in dem Bericht ausdrücklich als Faktor genannt. Der Jahresbericht der Bundespolizei für das Jahr 2022 ist noch nicht veröffentlicht.