Klare Worte sind bei Bernd Häusler nichts Ungewöhnliches. In der jüngsten Gemeinderatssitzung war das wieder zu erleben. Vor Eintritt in die Tagesordnung verlas Häusler eine persönliche Erklärung zum Angriff auf den Staat Israel. Darin sprach er über das Entsetzen angesichts der Bilder von Anfang Oktober.
Und er kommt zu einer klaren Haltung: „Das regelrechte Hinrichten von Zivilisten, das öffentliche Zurschaustellen von wehrlosen Geiseln, vor allem der Frauen, widert uns an. Der zu Tage kommende ungehemmte Wahn und Geifer des Mobs stößt uns ab. Das sind keine Kämpfer, schon gar keine Freiheitskämpfer. Es sind Terroristen und primitive Mörder.“ Die auch noch zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens in „kollektive Geiselhaft“ genommen hätten. Gleichzeitig sei es richtig, die tragische Geschichte des israelischen und des palästinensischen Volkes nebeneinander zu stellen und nach einer Lösung zu suchen.
Häusler warf auch einen Blick auf die Lage in Deutschland. Wenn Jüdinnen und Juden hierzulande Angst haben müssten, dann laufe etwas „furchtbar schief in unserem Land, in unserer Gesellschaft“. Und: „Die Feinde der Demokratie stehen nicht nur rechts!“ Am Ende erhob sich der Gemeinderat für einen stillen Moment des Gedenkens.
Auch ein Signal an die Stadt
Diese Erklärung legt Verschiedenes nahe: Einerseits mussten diese Punkte in einer Zeit, in der Israel dabei ist, den Kampf der Bilder zu verlieren, vielleicht einfach noch einmal ausgesprochen werden. Andererseits mussten diese Punkte auch in der Stadt Singen, in der Menschen aus zahlreichen ethnischen Gruppen friedlich zusammenleben, ausgesprochen werden – als Zeichen an die Stadtgesellschaft.
Gleichzeitig fällt auf, dass Häuslers Erklärung bislang die einzige öffentliche Aktion dieser Art in Singen ist. Fanden in Konstanz kurz nach dem Angriff der Hamas Solidaritätsveranstaltungen mit Israel statt, so gab es in Singen keine Anlässe dieser Art. Allerdings sind auch keine Veranstaltungen bekannt, die sich gegen Israel oder Jüdinnen und Juden gerichtet hätten.
Bei der Polizei ist laut Pressestelle des Konstanzer Polizeipräsidiums kein entsprechender Vorfall aktenkundig. Freudenkundgebungen von Menschen aus arabischen Ländern, wie es sie andernorts in Deutschland durchaus gab, habe man hier nicht erlebt, sagt Bernhard Grunewald, Vorsitzender des Vereins Integration in Singen (Insi). Dass es in Singen keine, in Konstanz aber sehr wohl Solidaritätskundgebungen mit Israel gab, begründet Grunewald damit, dass die Synagogengemeinde sich nun einmal in Konstanz befindet.
Solidarität mit Israel hält er für angemessen. Mit den christlichen Kirchen versuche er aber, eine Mahnwache zum Gedenken an alle Opfer zu organisieren, die für Familien auf beiden Seiten gleichermaßen schwer wiegen.
Blutiger Konflikt reicht bis nach Singen
Die Vorgänge werfen dennoch Fragen auf: Muss man schon froh darüber sein, wenn nichts passiert? Oder sollte Solidarität mit einem Angegriffenen nicht vielmehr eine Selbstverständlichkeit sein? Und sie zeigen: Dem blutigen Konflikt in Israel kann man sich nicht entziehen – auch wenn er noch so weit weg zu sein scheint.