Die Anteilnahme und die Solidarität mit der jüdischen Bevölkerung ist in der Konzilstadt nach dem brutalen Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel groß. Das zeigt nicht nur eine Kundgebung vom Donnerstagabend, 12. Oktober, an der 250 bis 300 Menschen teilnahmen, sondern auch die klaren Worte, die Lokalpolitiker und Vertreter mehrerer Religionen zur Situation im Nahen Osten finden.

Besonders bemerkenswert sind dabei die Aussagen, die Vertreter unterschiedlichen Glaubens in Konstanz treffen. Denn mehrere von ihnen verurteilen zwar das Vorgehen der Kämpfer der Terrororganisation Hamas aufs Schärfste, zeigen sich aber gleichzeitig solidarisch mit der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen.

„Das ist ein Krieg!“

So sagt beispielsweise Gabriel Albilia, stellvertretender Vorsitzender der Synagogengemeinde Konstanz: „Das ist ein Krieg! Ich bin erstaunt, wie viele Leute jubeln – über Kinder und Frauen, die ermordet werden. Ich rede dabei von beiden Seiten.“ Es sei unmenschlich, über Verstorbene zu jubeln. Das könne er nicht ertragen, sagt er.

Gabriel Albilia (links), stellvertretender Vorsitzender der Synagogengemeinde Konstanz und der Gemeinderabbiner der Synagogengemeinde ...
Gabriel Albilia (links), stellvertretender Vorsitzender der Synagogengemeinde Konstanz und der Gemeinderabbiner der Synagogengemeinde Konstanz, Avraham Yitzchack Radbil, sprachen auf der Solidaritätskundgebung mehrere Gebete und richteten Worte an die 250 bis 300 Demonstrierenden. | Bild: Timm Lechler

Er spricht daraufhin über die schon seit Jahrzehnten angespannte Lage im Nahen Osten, und dass diese nicht nur seine Landsleute, sondern auch die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen treffe. „Ich spreche auch von der palästinensischen Seite“, so Albilia. „Auch sie brauchen endlich Ruhe und Frieden.“

Aber er ist überzeugt: Solange die Hamas herrsche, könne es diesen nicht geben. Denn spätestens seit vergangenem Samstag, 7. Oktober, sei eines klar: Bei der Hamas handele es sich nicht um eine bloße Militärorganisation, es handele sich um eine Terrororganisation.

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Ähnliche Worte findet auch Rob Ogman, Mitglied der jüdischen Gemeinde und Bildungsreferent für jüdisches Leben und Antisemitismus. „Rassismus ist keine Lösung für Antisemitismus“, sagt er dabei im Hinblick auf deutschen Hass gegen Palästinenser. Diese Motive würden nun nur Parteien wie der AfD in die Hände spielen.

Dennoch stellt er mit Blick auf die jüdische Bevölkerung klar: „Der vergangene Samstag war der schlimmste Tag seit dem Holocaust. Die Hamas ist sehr wohl mit IS (Anm. d. Red: Islamischer Staat) vergleichbar, das haben sie nun gezeigt.“ Er fügt hinzu: „Niemand kann nun mehr sagen: Das wusste ich nicht. Wir wissen es alle.“

Ein Demonstrant jüdischen Glaubens trägt eine Kippa, andere haben sich die Flaggen mit den Farben Israels umgebunden.
Ein Demonstrant jüdischen Glaubens trägt eine Kippa, andere haben sich die Flaggen mit den Farben Israels umgebunden. | Bild: Timm Lechler

Auch die Palästinenser leiden

„Diese Taten sind verabscheuungswürdig und nicht zu rechtfertigen. Sie erinnern an die dunkelsten Zeiten des Judenhasses“, sagt derweil Bettina Kommoss, Pfarrerin und Vorsitzende für die Gesellschaft christlich-jüdischer Zusammenarbeit in Konstanz.

Auch sie sieht nicht nur die furchtbaren Auswirkungen für die jüdische Gesellschaft und das Volk Israels, sondern auch für die palästinensische Zivilbevölkerung. „Die Palästinenser leiden unter Folgen, die rücksichtslos von anderen entfesselt wurden.“ Und weiter: „Niemand sollte in Angst leben, sich verstecken, oder fliehen müssen. Sicherheit ist kein Privileg, sie ist ein Grundrecht.“

„Sicherheit ist kein Privileg, sie ist ein Grundrecht“, sagt Bettina Kommoss.
„Sicherheit ist kein Privileg, sie ist ein Grundrecht“, sagt Bettina Kommoss. | Bild: Timm Lechler

Judenhass sei Menschenhass – und dieser Judenhass müsse bekämpft werden. Terror und Gewalt dürften nicht das letzte Wort haben. Sie sagt: „Wir geben die Hoffnung auf Frieden und ein sicheres Leben für alle im Nahen Osten nicht auf. Wir werden mit allen im Gespräch bleiben, die sich für Frieden einsetzen.“

Parteimitglieder positionieren sich klar

Normen Küttner spricht im Namen verschiedener Organisationen der Grünen, unter anderem dem Kreisverband Bündnis90/Die Grünen und der Freien Grünen Liste (FGL): „Was sich am 7. Oktober ereignet hat war kein kriegerischer Akt, es war ein barbarisches Massaker an unschuldigen Menschen. Dabei ist nicht nur die Anzahl der Menschen monströs.“ Man wolle in der bunten Stadt Konstanz außerdem dem Antisemitismus keinen Raum geben. Man stehe an der Seite Israels.

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Für den ehemaligen Bürgermeisterkandidaten Andreas Hennemann, Mitglied der SPD, sei das Existenzrecht Israels unverhandelbar. „Wir müssen zusammenstehen, denn Terror bleibt Terror.“ Er kritisiert scharf die pro-palästinensischen beziehungsweise Hamas-freundlichen Kundgebungen und Demonstrationen in Deutschland. „Wir dürfen keine Solidaritätsbekundungen dulden. Es darf nicht gefeiert werden, wenn Menschen getötet werden. Wir alle können das nicht tolerieren!“

„Es darf nicht gefeiert werden, wenn Menschen getötet werden. Wir alle können das nicht tolerieren“, sagt Andreas Hennemann ...
„Es darf nicht gefeiert werden, wenn Menschen getötet werden. Wir alle können das nicht tolerieren“, sagt Andreas Hennemann (SPD). | Bild: Timm Lechler

„Leider wissen wir, dass Hass auf Juden auch in Deutschland häufig auftritt“, pflichtet Anselm Fliethmann vom Jungen Forum Konstanz (JFK) bei. In Richtung der Mitglieder der jüdischen Gemeinde sagt er: „Wir sind froh sie alle und eine wunderschöne Synagoge in Konstanz zu haben. Lassen sie uns heute und in Zukunft zusammenstehen.“ Joachim Filleböck vom CDU-Stadtverband Konstanz sagt: „Nein, nicht mit uns, sagen wir dem Terrorismus.“

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Aus Simon Pschorr als Vertreter der Linken Liste Konstanz und der Partei Die Linken spricht ganz sein Beruf als Jurist: „Das war ein Massaker an der israelischen Zivilbevölkerung. Wer behauptet, das sei Selbstverteidigung, der soll ins Völkerrecht gucken.“

Es gebe keine Legitimation für Verbrechen an der Menschlichkeit, man verurteile diese Angriffe aufs schärfste. Am Ende trifft er die Auswirkungen dieses Konflikts mit einer Aussage auf den Punkt: „Für Krieg bezahlen immer die Menschen. Für Krieg bezahlt immer die Zivilbevölkerung.“ Und das nicht nur im Nahen Osten, sondern überall auf der Welt.