Die Sieben-Tage-Neuinfektionen von Corona führen zu stark wechselnden Zahlen. Sie lagen vor einigen Tagen in Singen mit 74 Corona-Fällen noch deutlich vor Konstanz an der Spitze. Zuletzt wies Singen nur noch 54, Konstanz dagegen 98 neue Corona-Fälle in der vergangenen Woche aus. Für starke Schwankungen sorgen auch Schwerpunkte von Corona-Infektionen, wie jüngst im Raum Singen durch fünf Infizierte in einer Firma und 23 in einem Pflegeheim, wie Marlene Pellhammer, Pressesprecherin des Landratsamtes Konstanz, auf Nachfrage berichtet. Der Anteil der Impfdurchbrüche – an Covid-19 erkrankte geimpfte Personen – liege bei etwa 35 Prozent. „Diese verlaufen meistens nicht kritisch“, betont Marlene Pellhammer.

Leichte Entwarnung zum derzeitigen Stand

Während die Inzidenzwerte, die bei den Städten und Gemeinden des Landkreises Konstanz stark differieren, bei den Corona-Verordnungen deutlich an Bedeutung eingebüßt haben, gewinnt die Auslastung an Betten für Intensiv-Behandlungen von Covid-19-Patienten immer mehr an Gewicht. Der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) gibt für das Singener Hegau-Bodensee-Klinikum leichte Entwarnung im Vergleich zum Vormonat. Das gelte aber nur für den jetzigen Stand und könne sich schnell wieder ändern, sagt GLKN-Pressesprecherin Andrea Jagode. Derzeit habe das Singener Klinikum fünf Personen mit Verdacht oder Nachweis einer Corona-Infektion aufgenommen, niemand müsse aber auf der Intensivstation behandelt werden, sagt sie. „Bei den bisherigen Fällen mit schwerwiegenden Verläufen handelt es sich um ungeimpfte Personen, die auf der Intensivstation waren“, erklärt sie.

Weniger Intensivpatienten

„Die Zahl der Corona-Patienten ist aktuell rückläufig, im Monat September hatten wir in unseren Akuthäusern des Gesundheitsverbundes immer etwa 15 bis 20 Patienten mit Corona-Verdacht oder die nachgewiesen an Corona erkrankt waren. Analog dazu sind es aktuell auch weniger intensivpflichtige Patienten“, schildert Andrea Jagode die allgemeine Lage am GLKN.

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In den Akuthäusern des GLKN seien in den vergangenen Tagen insgesamt etwa 40 Personen auf den Intensivstationen mit Schwerpunkt in den Häusern Singen und Konstanz behandelt worden. Dazu gehört ein geringer Prozentsatz an Corona-Erkrankten. „Wir sind immer gut ausgelastet auf den Intensivstationen. Wenn die Corona-Patientenzahlen steigen würden, müssten wir entsprechend reagieren. In den Hochphasen der Pandemie hatten wir Betten umgewidmet zu Intensivbetten, also mehr Kapazität für Corona-Intensivpatienten geschaffen, und eine Priorisierung der Patienten vorgenommen“, erklärt die Pressesprecherin. Zum Vergleich: „Im November 2020 hatten wir zwischen 50 und 60 Patienten, die an Corona erkrankt waren, und solche, bei denen ein Covid-19-Verdacht bestand, in den Akutkliniken des Gesundheitsverbundes stationär aufgenommen. Davon waren zwischen sechs und zwölf Patienten auf der Intensivstation“, schildert Jagode.

„Der Anteil der Impfdurchbrüche liegt bei etwa 35 Prozent. Diese verlaufen meistens nicht kritisch.“ Marlene Pellhammer, ...
„Der Anteil der Impfdurchbrüche liegt bei etwa 35 Prozent. Diese verlaufen meistens nicht kritisch.“ Marlene Pellhammer, Landratsamt Konstanz | Bild: Landratsamt Konstanz

Zahlen als Momentaufnahme

Die derzeitigen Zahlen an neuen Corona-Fällen bezeichnet die Singener Sozialbürgermeisterin Ute Seifried als Momentaufnahme. „Ich habe aufgehört, diese Diskrepanzen erklären zu wollen. Konstanz, Radolfzell oder auch Stockach lagen in der Vergangenheit auch schon weit vor uns mit den Zahlen, das ändert sich einfach immer wieder“, betont Ute Seifried. Es reiche ein Ausbruch in einer Schulklasse oder in einem Unternehmen. „Sobald sich dann auch noch Familienangehörige anstecken, schnellen die Zahlen für einige Zeit hoch“, begründet sie. „Auf der Intensivstation in Singen haben wir nicht die Zahlen an Patienten, welche die Inzidenzen vermuten lassen. Das spricht eindeutig dafür, dass es wesentlich weniger schwere Verläufe gibt“, folgert Ute Seifried. Sie berichtet auch von einem kürzlichen Fall in einer Singener Schule. Bei sechs Schülern sei eine Corona-Infektion festgestellt worden.

Für Firmen und Beschäftigte greift bundesweites Gesetz

Neben Schulen, Kindergärten und Pflegeeinrichtungen können vor allem Produktionsstätten von Firmen von Corona-Infektionen betroffen sein, wie die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen. Stellt sich die Frage, warum dort im Gegensatz zu den anderen genannten Einrichtungen keine regelmäßigen Testungen von Mitarbeitern vorgeschrieben sind. „Gerade bei den Schulen und Kindergärten handelt es sich altershalber um Personen, die normalerweise nicht geimpft sind. Von daher sind in diesen Einrichtungen regelmäßige Tests notwendig, um eine Ausbreitung von Infektionen zu verhindern“, erklärt Florian Mader, Pressesprecher des Sozialministeriums Baden-Württemberg, auf Anfrage. Für die Regelung von Firmen-Mitarbeitern greife ein bundesweites Gesetz, das den Schutz der Gesamtbevölkerung vordergründig regle. Nach einer neuen Verordnung müssten sich nun Beschäftigte testen lassen, die in Kundenkontakt stehen.

Wenige Fälle bei Constellium

Beim Produktionsunternehmen Constellium mit 2200 Beschäftigten in Singen und Gottmadingen sollen auch ohne Testungen die Sicherheit und der Schutz des Personals an erster Stelle stehen. „Es wird sehr streng auf die Einhaltung der Schutz- und Hygieneverordnung geachtet. Bei uns gab es nur vereinzelt Corona-Fälle. Größere Ausfälle und betriebliche Einschränkungen mussten wir nicht verkraften“, schildert Bernhard Widmann, Vorsitzender des Constellium-Betriebsrates.

Infektionsschutz in den Firmen

  • Was der Bund regelt: Wenn Firmen-Beschäftigte nur untereinander Kontakt haben, sei im Rahmen des Arbeitsschutzes der Arbeitgeber zur Ermittlung, Festlegung und Umsetzung von Schutzmaßnahmen verantwortlich. Das schließe auch den Schutz der Beschäftigten vor einer Corona-Infektion ein, erklärt Florian Mader, Pressesprecher des Sozialministeriums Baden-Württemberg. Für den Arbeitsschutz liege die Gesetzgebungskompetenz beim Bund, der diese mit dem Erlass der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung wahrgenommen habe. Dort sei nur eine zweimal wöchentliche Testangebotspflicht für Beschäftigte vorgesehen.
  • Schutz der Gesamtbevölkerung: Hinsichtlich der Regelung von Testpflichten für Beschäftigte des produzierenden Gewerbes sei die Landesregierung nur insofern regelungsbefugt, als dies auf den Schutz der Gesamtbevölkerung abzielen müsse. „Hierbei hat die Landesregierung bei der Regelung derartiger Sachverhalte eine sorgsame Abwägung des Umfangs und der Reichweite vorzunehmen. Daher wurde beispielsweise als Reaktion auf Ausbrüche eine regelmäßige Testpflicht in Betrieben der Fleischverarbeitung vorgesehen“, so Mader. Ebenso sei eine Testpflicht für Beschäftigte von Einrichtungen mit leicht ansteckbaren Personengruppen, wie in Pflegeeinrichtungen, erfolgt.