Die wichtigste Nachricht ging beim dritten Infoabend zur Umstrukturierung des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN) und dessen baulicher Neuausrichtung in der Singener Stadthalle beinahe unter. Denn die Sondierungsphase mit Blick auf die Grundstückssuche, die OB Häusler jüngst im SÜDKURIER angekündigt hatte, scheint bereits abgeschlossen zu sein: „Das Grundstück haben wir“, sagte der Singener Rathauschef in der von rund 120 Bürgern besuchten Veranstaltung. Weitere 70 Teilnehmer schauten online zu. Er kündigte an, dass die Stadt Singen dem Landkreis schon bald einen Grundstücksvorschlag unterbreiten werden.
Damit signalisierte OB Häusler klar: Die Stadt Singen hat ihre Hausaufgaben gemacht. Dadurch erhöht sich der Druck auf die Stadt Radolfzell, die den Klinikneubau gerne auf der eigenen Gemarkung hätte. Obgleich Häusler bereits vor der Veranstaltung im Gespräch betonte, dass man bei aller Emotionalität, die eine Schließung des Krankenhauses mit sich bringe, objektiv bleiben wolle, um die bestmögliche Versorgung für den Landkreis zu bieten. „Wir alle wollen und müssen unsere Kliniken im Landkreis besser machen“, so Häusler weiter. Das Thema Krankenhaus sei ein emotionales, daran gebe es keine Zweifel. „Man muss sich vor Augen führen, dass es hier nicht nur um die Schließung das Radolfzeller Krankenhauses geht, sondern auch um die Schließung des Singener Krankenhauses“, betonte Häusler.

Am Gutachten selbst ließen sowohl OB Häusler, als auch Landrat Zeno Danner und GLKN-Geschäftsführer Bernd Sieber keine Zweifel aufkommen. „Ich finde, dass uns das Gutachten einen gangbaren Weg vorschlägt“, sagte etwa Landrat Danner. Sieber bezeichnete das Gutachten nicht als Schließungs- sondern vielmehr als Zukunftsgutachten. Aber bei der Infoveranstaltung in Singen wurde auch deutlich: Obwohl die Redner auf der Bühne bemüht waren, den Blick nach vorne zu richten, mahnte der GLKN-Chef: „Die aktuelle Situation zwingt uns zum Handeln.“ Mit anderen Worten: Ein Weiter-so kann es nicht geben. „Ein neues Haus genügt nicht, wir müssen dringend auch an die Strukturen ran“, so Danner.
20 Millionen Euro Defizit pro Jahr
Und die Zahlen, die Philipp Letzgus von der Firma Lohfert & Lohfert präsentierte, fielen ernüchternd aus: Das jährliche Defizit des GLKN bezifferte er mit rund 20 Millionen Euro. Für den Standort in Singen sieht es kaum besser aus. Die Jahre 2019 und 2020 wurden mit einem Minus von 4,7 beziehungsweise einem Minus von 2,5 Millionen Euro tief in den roten Zahlen abgeschlossen. Auch baulich ist das Krankenhaus in Singen in keinem guten Zustand. „Funktionell zeigen sich erhebliche Defizite, die langfristig nicht lösbar erscheinen“, schilderte Letzgus.
Oder anders formuliert: Das Singener Klinikum besitzt zu viele Gebäudeteile, ist verwinkelt und Teile davon nur sehr schwer erreichbar. Der Operationsbereich entspreche teilweise nicht mehr den aktuellen Anforderungen oder es gebe gar zu wenige OP-Säle, so Letzgus. Ein Neubau sei deshalb mittelfristig unausweichlich. Das größte Problem sei allerdings, dass die strukturellen Defizite am Standort in Singen auch bei einer Sanierung bleiben würden. Aber auch der Standort in Radolfzell steht vor großen Problemen. „Den Standort könnte man sicherlich nicht langfristig weiterbetreiben“, so Letzgus.

Jetzt soll es ein Neubau richten, der neben dem Standort in Konstanz für die medizinische Versorgung der Menschen im Landkreis sorgen soll. Eines der wichtigsten Merkmale des neuen Standortes soll dabei die gute Anbindung und eine gute Erreichbarkeit sein. Und dies alles sieht OB Bernd Häusler in Singen bestens gegeben. „Ich werbe und kämpfe für den Standort in Singen“, betonte er.
Singen als Mittelpunkt des Landkreises
Denn Singen sei nicht nur geografisch der Mittelpunkt im Landkreis. „Singen hat auch eine Verantwortung für den gesamten westlichen Hegau“, so der Rathauschef weiter. Bereits jetzt beheimatet die Stadt mit rund 450 Betten und über 1000 Beschäftigten das größte Krankenhaus im Landkreis, welches das gesundheitliche Versorgungszentrum für den gesamten westlichen Hegau und damit für weit über 100.000 Menschen darstellt.
Schnell Klarheit schaffen, will Landrat Zeno Danner. Wenn alles optimal laufe, könnte man einen neuen Standort 2030 betriebsbereit haben, sagte er. Die Kosten für einen Neubau werden aktuell auf rund 270 Millionen Euro beziffert. Abgesehen von der Standortfrage wolle Danner im anstehenden Prozess weiterhin auf die Meinung der Bürger setzen.
Dass die Zukunft der Klinik in Singen viele Bürger umtreibt, wurde bei der Fragerunde deutlich. Eine Frage richtete sich nach der Zukunft des Hegau Jugendwerkes in Gailingen. Laut Landrat Danner sei das Jugendwerk wirtschaftlich sehr gut aufgestellt. „Die Empfehlung des Gutachtens lautet: Lasst die Finger davon“, sagte er. Susanne Sorg aus Singen treibt die Sorge um den Standort Radolfzell um. Bernd Sieber brachte eine Pflegeschule ins Spiel. Zudem könnte das Gebäude zum medizinischen Versorgungszentrum umfunktioniert oder für ambulante Operationen genutzt werden.
Claudia Brackmeyer ist Mitglied des Kreisseniorenrats. Sie hat zum möglichen Standort eine eindeutige Meinung: „Mir ist es egal, auf welcher Gemarkung das neue Krankenhaus steht.“ Patienten müssten vielmehr einfach in schneller Zeit dorthin gelangen und es müsse beste medizinische Leistungen anbieten können.