Ein Neubau auf der grünen Wiese im Hegau – das ist der Vorschlag der Gutachter von der Firma Lohfert und Lohfert für ein zweites Krankenhaus des Gesundheitsverbunds Landkreis Konstanz (GLKN) neben dem Konstanzer Klinikum. Das bedeutet für den westlichen Landkreis: Das Radolfzeller Krankenhaus wird geschlossen, das Singener Klinikum zieht in einen Neubau. So lautet die Empfehlung für die GLKN-Häuser im Kreis. Diese Botschaft vermittelten Landrat Zeno Danner, Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler und der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt als Vertreter der GLKN-Gesellschafter sowie GLKN-Geschäftsführer Bernd Sieber bei einer Pressekonferenz am Freitagabend. Bei dem Termin haben sie das mit Spannung erwartete Strukturgutachten zur Zukunft des Verbundes vorgestellt.
Die klare Aussage der Gutachter lautet: „Das Krankenhaus in Singen ist so nicht zukunftsfähig“, wie es Häusler auf den Punkt brachte. Dies und die Empfehlung, Radolfzell zu schließen, habe sie „in Mark und Bein getroffen“, sagte er für die Singener Krankenhausgesellschaft, zu der auch das Haus in Radolfzell gehört. Das Singener Klinikum mit seinen Anbauten und verschachtelten Gängen lasse sich nicht wirtschaftlich betreiben, heiße es im Gutachten. Doch auch für das Personal sei das Haus zunehmend weniger attraktiv, lautete Häuslers Einschätzung. Da gehe sein Dank an die Mitarbeiter, dass sie schon so lange in diesen Strukturen arbeiten.

Hinter dieser Einschätzung steht auch die Erkenntnis, dass im Gesundheitswesen Größe zunehmend ein Faktor ist. Es gebe immer schärfere Regeln für Krankenhäuser und immer höhere Mindestmengen, die ein Krankenhaus bei bestimmten Eingriffen erreichen muss, um diese überhaupt anbieten zu dürfen, erklärte Bernd Sieber. Deutlich wurde auch: Mit größeren Einheiten setzt man auf mehr Möglichkeiten zur Ausbildung und erhofft sich größere Attraktivität für Arbeitskräfte.
Schon bald sollen erste Beschlüsse fallen
Nun darf man ein Gutachten nicht mit gefassten Beschlüssen und gesicherten Finanzierungen verwechseln – bis Beschlüsse vorliegen, soll aber nicht mehr viel Zeit vergehen. Landrat Danner: „Wir müssen Gas geben.“ Schon im Mai solle der Kreistag einen Grundsatzbeschluss fällen. Und auch Häusler will auf die Tube drücken: „Wir müssen jetzt ein Grundstück mit 70.000 bis 100.000 Quadratmetern finden.“ Dieses sollte zudem verkehrlich gut angebunden sein, mit Auto, Bus und Seehas. Und Häusler schiebt hinterher: „Die Pläne für einen Neubau sind sehr konkret.“ Er sei sicher, dass der Gemeinderat mit großem Engagement dabei sein werde, einen Standort zu finden, und hoffe, bald einen präsentieren zu können.
Dass ein zweiter Krankenhausstandort des GLKN nach Singen kommt, ist im Übrigen nicht Bestandteil des Gutachtens – auch das wurde beim Pressegespräch deutlich. Darin sei lediglich die Rede davon, dass es einen weiteren Standort in guter Erreichbarkeit geben solle, skizzierte Landrat Danner: „Und damit ist man wieder in Singen.“ GLKN-Geschäftsführer Sieber sagte am Rande des Termins indes, dass der Standort für den Hegau auch davon abhänge, wo man ein Grundstück finde.
Wenn alles optimal laufe, könnte man einen neuen Standort 2030 betriebsbereit haben, sagte Landrat Danner. Und: Als Kosten hätten die Gutachter 270 Millionen Euro genannt. Im Vergleich zu den jetzigen Defiziten sei das gut angelegtes Geld. Zuletzt wurde das Defizit des GLKN auf etwa 21 Millionen Euro im Jahr 2021 geschätzt – also 1,75 Millionen Euro pro Monat.
Die Entscheidung, was nun passiert, müssen indes die Gesellschafter mit ihren Gremien treffen. Die Mehrheit im Verbund hält der Landkreis, jeweils 24 Prozent die Krankenhausgesellschaften aus Konstanz und Singen, wobei bei letzterer die Gemeinderäte von Singen, Radolfzell und Engen sowie der Kreistag mitsprechen. Die alte Rivalität zwischen Konstanz und Singen, die in früheren Zeiten zu einem teuren Wettlauf der beiden Städte in Sachen Krankenhaus führte, spüre er nicht, sagte Danner dann noch. Und auch die OBs Häusler und Burchardt versicherten, dass es Krankenhäuser für alle Kreisbürger werden sollen.