Singen (pm/gve) Seit über 20 Jahren wünschen sich die Singener Jenischen einen Ort, wo ihre Kultur und Geschichte einen Platz findet und wo es eine Anlaufstelle für ihre Belange gibt. Erst kürzlich konnte dieser Wunsch in Erfüllung gehen. Nun lädt der Verein alle Interessierten zu einer Veranstaltung vor Ort ein: Am Freitag, 8. November, 18.30 Uhr findet im Vortragsraum der Thüga, Industriestraße 9 in Singen, eine Lesung mit dem Schriftsteller Robert Domes statt. Er liest aus dem Buch „Nebel im August“, heißt es in der Ankündigung.

Seit 2003 gibt es den Förderverein für die Jenischen und immer wieder gab es Gespräche, Vorschläge sowie politische und finanzielle Unterstützung für Feste. „Dafür bedanken wir uns sehr“, betont Alexander Flügler, erster Vorsitzender, und ergänzt „Doch schlussendlich blieb es dabei und es ging nicht weiter.“ Seit zwei Jahren setz sich nun der Verein mit neuer Besetzung mit aller Kraft dafür ein, dass es jetzt gelingt.

„Nachdem die Haushaltslage der Stadt Singen in absehbarer Zeit aber gar keine Spielräume mehr zulässt, sahen wir keine Möglichkeit, kurzfristig einen Begegnungsort in Singen für die Jenischen finanziert von der Stadt zu realisieren“, erklärt Stadträtin Regina Henke, die sich auch im Vereinsvorstand engagiert, und fügt hinzu: „Um nicht weiter zu warten, hat der Verein der Jenischen deshalb selbst eine Wohnung im Haus von Alexander Flügler zu diesem Zweck übergangsweise angemietet“. Zur Finanzierung der Miete sei der Verein auf Spenden angewiesen.

Mit ehrenamtlichem Engagement hat der Verein die Begegnungsstätte mit Büro und einer ständigen Ausstellung in Eigenarbeit und -finanzierung eingerichtet und sie Ende Juni eingeweiht. Die Eröffnung war erfolgreich, nicht nur Jenische seien interessiert gewesen, heißt in der Pressemitteilung. „Die Geschichte der Jenischen gehört schließlich zu Singen und ist ein wichtiger Teil der Stadt“, so Vorstandsmitglied Mara Hölzl. „Deshalb freuen wir uns auch über die rund 20 Neueintritte in den Verein seit der Eröffnung.“

„Um die Begegnungsstätte entsprechend des Konzepts, das der Verein mit Unterstützung vieler Akteure erarbeitet hat, mit Leben zu füllen, möchten wir bis Ende des Jahres noch drei Veranstaltungen anbieten: die Lesung mit Schriftsteller Robert Domes, eine Erzählreihe mit Frauen und eine Weihnachtsfeier“, so die Pressemitteilung weiter. „Nebel im August“ von Robert Domes erzählt die Geschichte des jenischen Jungen Ernst Lossa, der mit 14 Jahren in der Zeit des Nationalsozialismus in der Heilanstalt Kaufbeuren-Irrsee Opfer der Euthanasie wurde. Dieses Jahr ist Lossas 80. Todestag, am 1. November wäre er 95 Jahre geworden. Die Veranstaltung wird vom Bundesförderprogramm „Demokratie Leben“ gefördert. Vor der Lesung lädt der Verein zur Besichtigung der Ausstellung in die Begegnungsstätte ein, die sich in der Bohlinger Straße 24a, befindet.