Egal ob ein Schwan sich im Fischernetz verfangen hat, ein Wildschwein ins Auto gerannt ist oder ein Hund die Treppe heruntergefallen ist – die Tierrettung ist zur Stelle. Zuletzt war sie immer wieder auf der A81 bei Engen gefordert, wo eine Entenfamilie auf der Fahrbahn unterwegs war. Dafür war sogar die Fahrbahn kurzzeitig gesperrt. Bernd Metzger, Leiter der Tierrettung Südbaden mit Sitz in Radolfzell, erklärt die Hintergründe.
Was macht die Tierrettung?
Die Tierrettung kümmert sich laut Bernd Metzger um die medizinische und technische Rettung von Tieren: „Wir sind im Prinzip der Rettungsdienst für Tiere. Das beinhaltet vor allem die Bergung, medizinische Notversorgung und den Transport der betroffenen Tiere.“ Pro Jahr fährt die Tierrettung Südbaden auf rund 2000 Einsätze, teilt Metzger mit. Am häufigsten müssen Klein- und Wasservögel sowie Hunde, Katzen und Wildtiere gerettet werden. „Um die Wasservögel kümmern wir uns selbst, die anderen Tiere werden bei Bedarf an die entsprechende Fachstelle weitergeleitet“, fährt er fort.

Allerdings rückt die Tierrettung nicht bei jeder Alarmierung aus, sagt der Leiter: „Wenn Tiere zwar gewisse Menschen stören, aber dort zur Natur gehören, gibt es für uns keinen Grund auszurücken.“ Die Tierrettung könne zudem nicht wegen jedem kleinen Vogel ein Großaufgebot auffahren.
Weshalb sind momentan so viele Enten auf der Straße?
Derzeit muss die Tierrettung häufiger wegen Entenfamilien ausrücken, die sich auf Bundesstraßen und Autobahnen befinden – wie etwa auf der A81, die deshalb für kurze Zeit gesperrt werden musste. Allein im Juli kam es im Hegau schon zu mehr als fünf Einsätzen wegen Enten. Dem Leiter der Tierrettung zufolge ist das von April bis September üblich. „In dieser Zeit brüten die Enten überall und versuchen dann, mit ihren Küken ans Wasser zu kommen. Da diese als Jungtiere noch nicht fliegen können, nehmen sie eben den Weg zu Fuß“, erklärt er. Gerade am Kreuz Hegau und bei Geisingen würden zahlreiche Entenfamilien die Autobahn überqueren.

Wie läuft die Rettung ab?
Die Tierrettung versucht in solchen Fällen, die Tiere zu sichern und sie mit der Mutter im nächsten Gewässer freizulassen, sagt Metzger: „Wenn die Mutter aber nicht dabei ist, müssen wir die Küken mitnehmen, weil sonst keine Überlebenschance besteht. Wir ziehen sie dann bei uns groß und wildern sie irgendwann aus.“

Die Rettung auf der A81 am Dienstag, 8. Juli, ist nach Angaben des Tierrettungsleiters allerdings etwas anders verlaufen: „Die Polizei hat uns alarmiert, weil die Enten immer wieder auf die Fahrbahn gelaufen sind. Bis wir dann aber da waren, haben sich die Enten ins hohe Gras neben der Fahrbahn verzogen.“ In diesem Fall hätten die Enten ihren eigenen Weg gefunden – ganz ohne die Hilfe der Tierrettung.
Warum wurde dafür extra die A81 gesperrt?
Dass für die Rettung einer Entenfamilie eine Autobahn gesperrt wird, ist ungewöhnlich und im ersten Moment womöglich verwunderlich, schließlich müssen dann tausende Autofahrer warten. Doch wie Katrin Rosenthal als Sprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz erklärt, hat das Sicherheitsgründe. Denn es könne verheerende Folgen haben, wenn ein Autofahrer mit einer Vollbremsung oder einem Ausweichmanöver versuchen würde, die Entenfamilie zu schützen.
„Wir wollen größere Unfälle wegen Tieren auf der Fahrbahn vermeiden“, sagt sie nach Rücksprache mit der Verkehrspolizei. Daher würden Beamte in solchen Fällen den Verkehr bremsen oder kurzzeitig komplett sperren, bis die Tiere weg sind. Um welche Tiere es sich dabei handelt, spiele keine Rolle.
Wann ist die Tierrettung besonders gefordert?
Aber nicht nur für Enten stellt der Straßenverkehr eine Gefahr dar. Mehrmals täglich hat die Tierrettung mit Unfalltieren zu tun, wie etwa angefahrenen Katzen, so Metzger. Dabei spielt es keine Rolle, wie groß die Tiere sind. Vielmehr komme es auf die Situation an, wie die Rettung konkret ausgestaltet werden müsse. „Geschütze Tierarten sind aber noch mal eine andere Hausnummer. Da müssen wir uns mit der Naturschutzbehörde austauschen und gegebenenfalls vorsichtiger handeln“, erzählt der Leiter der Tierrettung.
„Jeder Tag ist anders, man kann keine Tendenzen aufgrund bestimmter Wetterlagen oder Jahreszeiten ableiten. Mal haben wir an einem Tag 20 Einsätze, mal überhaupt keine“, stellt Bernd Metzger klar. Einsätze mit Großtieren seien in der Regel etwas anspruchsvoller, wie etwa eine ausgebrochene Kuhherde oder ein Pferd, das in seiner Box eingeklemmt ist. „Und Katastropheneinsätze bei Hochwasser, Bränden oder Erdbeben verlangen natürlich viel ab“, fügt der Leiter der Tierrettung noch hinzu.
Wie ist die Tierrettung personell und finanziell aufgestellt?
In solchen Situationen benötigt es tatkräftiges Fachpersonal. Insgesamt verfügt die Tierrettung Südbaden nach Angaben Bernd Metzgers über 23 ehrenamtliche Mitarbeiter. Doch regelmäßig anwesend seien lediglich fünf bis zehn davon. „Wir haben leider mit massiven Personalproblemen zu kämpfen und müssen Einsätze deshalb zum Teil sogar ablehnen“, so der Leiter. Denn schon für einen kleinen Einsatz benötige es zwei Personen. Ein weiteres Problem der Tierrettung ist laut Metzger die fehlende staatliche Unterstützung: Die Finanzierung läuft ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden.
Dennoch ist die Tierrettung gut für Einsätze aller Art ausgerüstet: „Wir haben mehrere Einsatzfahrzeuge mit professionellen Geräten. Außerdem besteht unsere Ausrüstung aus Maulkörben, Keschern, Schutzanzügen und anderen Arbeitsmaterialien“, so Metzger.

Wie alarmiert man die Tierrettung?
Damit die Tierrettung überhaupt ausrückt, muss sie erst einmal alarmiert werden. Das geht entweder mit einem direkten Anruf unter der Notrufnummer 0160 5187715 oder durch eine Kontaktaufnahme mit der Polizei, die den Einsatz dann an die Tierrettung weiterleitet, erläutert der Leiter. Generell rät er zu einem bedachten Vorgehen: „Gerade in Verkehrssituationen sollte man trotz rettungsbedürftiger Tiere keine plötzlichen Ausweichmanöver oder Vollbremsungen machen und auch keinesfalls einfach auf die Straße laufen. Das führt nur zu folgenschweren Unfällen und hilft den Tieren auch nicht weiter.“