Ein Turmfalke sorgte kürzlich in der Bodmaner Praxis von Tierärztin Karin Weber für Aufregung. Nachdem eine Frau den verletzten Vogel in Niederweiler, einem Ortsteil von Owingen im Bodenseekreis bei der Tierrettung Südbaden gemeldet hatte, hatte Falknerin Regina Schuhmacher ihn am Folgetag übernommen und zur Tierärztin gebracht.

Die Falknerin betreibt in Radolfzell seit rund vier Jahren ehrenamtlich eine beim Regierungspräsidium Freiburg anerkannte Auffangstation für verletzte und kranke Greifvögel und Eulen. Bei der Untersuchung entdeckte sie einen Bruch am Flügel. Sie brachte das Tier zu Karin Weber, um Genaueres abzuklären.

Greifvogel durch Schuss verletzt

Brüche am Flügel bedeuteten meistens, dass der Vogel eingeschläfert werden müsse, da eine solche Verletzung nicht richtig verheile, erklärt die Falknerin. Es stellte sich heraus, dass auf den Turmfalken geschossen worden war. Die gute Nachricht: Der Greifvogel erholt sich seither und kann wahrscheinlich schon bald freigelassen werden.

Die ersten zwei Wochen seiner Rehabilitation verbrachte der Turmfalke in einer kleinen Box. Der Raum musste begrenzt sein, damit er ...
Die ersten zwei Wochen seiner Rehabilitation verbrachte der Turmfalke in einer kleinen Box. Der Raum musste begrenzt sein, damit er nicht allzu viel flattern und der Bruch im Flügel zusammenwachsen konnte. | Bild: Claudia Ladwig

Entsetzen beim Blick aufs Röntgenbild

Karin Weber erinnert sich gut an ihren Patienten. Das Tier sei bei der Untersuchung wehrhaft und sehr aufgebracht gewesen. „Bei ihm war es seltsam. Die Achse war stabil, es gab keine abnorme Beweglichkeit“, erzählt sie. Beim Blick aufs Röntgenbild seien sie baff und sehr entrüstet gewesen, denn das Bild habe eindeutig kleine weiße Punkte gezeigt – Projektile. Der Greifvogel sei definitiv mit einer Schrotflinte angeschossen worden.

Die Tierärztin habe dem Turmfalken Schmerzmittel und zwei Wochen Ruhe verordnet. „Die Knochen bei Vögeln heilen tatsächlich in 14 Tagen. So lange muss man ihn füttern, dann kann er wieder fliegen“, erklärt sie. Der Vogel hat nach ihrer Einschätzung eine absolute Überlebenschance. Die Projektile bleiben, wo sie sind. „Eins hat zwar seine Elle gebrochen, aber die Speiche stabilisiert die Stelle. Er wird wieder fliegen und in die Freiheit entlassen werden können.“ Es sei unklar, ob die Projektile aus Blei oder Stahl bestünden.

Nachdem sich der Turmfalke gut erholt und auch wieder selbstständig Nahrung aufnimmt, zieht er bald in eine große Voliere um.
Nachdem sich der Turmfalke gut erholt und auch wieder selbstständig Nahrung aufnimmt, zieht er bald in eine große Voliere um. | Bild: Claudia Ladwig

Eine eventuelle Bleikontamination im Gewebe sei jedoch weniger schlimm, als wenn der Turmfalke etwas Bleihaltiges gefressen hätte. Mit der Zeit bilde sich eine Bindegewebsschicht um die Kugeln. „Er hätte einen höheren Bleigehalt im Blut, aber damit könnte er leben. Das wäre kein Todesurteil“, sagt die Tierärztin.

Turmfalken stehen unter Naturschutz

Regina Schuhmacher betont: „Der Turmfalke ist wie alle Greifvögel strengstens geschützt. Das Fangen, Verfolgen und Töten sind verboten.“ Außerdem seien Turmfalken gerade in der Brutzeit. Der Vorfall sei nicht nur aus Tier- und Artenschutzsicht furchtbar, sondern schlicht ein Verbrechen. „Der Vogel wurde mit Schrot beschossen und danach hilflos liegen gelassen. Ich bin entsetzt über das Verhalten mancher Menschen“, so die Tierschützerin.

Sie habe sich an die Polizei gewandt, die ihr aber keine allzu großen Hoffnungen gemacht habe, den Täter aufgrund einer Anzeige ermitteln zu können. Außerdem habe sie das Regierungspräsidium Freiburg, Bereich Artenschutz, informiert.

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Strafrechtliche Konsequenzen

Matthias Henrich, stellvertretender Pressesprecher des Regierungspräsidiums, bestätigt diese Meldung. Er teilt mit: „Wir haben die Nachricht an die zuständige Polizeidienststelle weitergeleitet und darum gebeten, zu ermitteln. Turmfalken sind streng geschützt, daher ist der Fall auch strafrechtlich relevant. Wir haben solche Fälle nicht sehr oft, allerdings kann es natürlich sein, dass angeschossene Vögel auch selten gefunden werden.“

Auch Bernd Metzger, Leiter der Tierrettung Südbaden, ist entrüstet über den Angriff auf den Turmfalken. Er betont, die Polizei sei prinzipiell verpflichtet, solche Anzeigen aufzunehmen. Er bestätigt auf Nachfrage, es komme immer wieder vor, dass Greifvögel, Tauben, Enten, aber auch andere Tiere mit Schrotkugeln angegriffen würden. Ebenso kämen Kleinkaliber, die jeder kaufen könne, oder Armbrüste zum Einsatz.

In diesen Volieren auf dem Grundstück von Regina Schuhmacher befinden sich gerade Milane, Waldkäuze und ein Uhu. Bald zieht der ...
In diesen Volieren auf dem Grundstück von Regina Schuhmacher befinden sich gerade Milane, Waldkäuze und ein Uhu. Bald zieht der angeschossene Turmfalke ebenfalls hierher. | Bild: Claudia Ladwig

Manchmal gibt es Ermittlungserfolge

Der Tierschützer findet klare Worte: „Es gibt einfach ein paar Idioten, die ballern durch die Gegend.“ Leider seien diese Täter sehr selten ausfindig zu machen, aber wenn sie gefunden würden, bekämen sie eine Anzeige. Durch Veröffentlichungen solcher Angriffe in der Zeitung, in den sozialen Medien oder über Mundpropaganda gebe es dank Kommissar Zufall manchmal auch Ermittlungserfolge.

Falknerin Regina Schuhmacher hat den Turmfalken in ihrer Auffangstation in einer kleinen Box ruhiggestellt. Das sei notwendig, damit er wenig Spielraum habe, um herumzuflattern. So könne der Bruch gerade zusammenheilen. Der verletzte Turmfalke nimmt seine Nahrung – Mäuse und Küken – schon wieder selbst auf. Er fresse gut, lobt die Falknerin. Bald könne er in die größere Voliere umziehen. „Und wenn er dann fliegt und alles klappt, wartet die Freiheit auf ihn.“