Eigentlich ist es eine Formsache. Und so sollte es im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss wohl auch über die Bühne gehen. Kurze Kenntnisnahme des Punkts „Genehmigung der Haushaltssatzung 2025/2026 der Stadt Konstanz, der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie der Sonderrechnung 2025/2026 ‚Entwicklungsmaßnahme Nördlich Hafner‘ durch das Regierungspräsidium Freiburg“, und dann gleich weiter in der Tagesordnung. So hatte es sich die Regie für die Sitzung offenbar vorgestellt – doch dann kommt es anders. Nacheinander ergreifen Stadträtinnen und Stadträte das Wort, und Ulrich Schwarz, der Leiter der Kämmerei und so etwas wie Finanzchef der Stadt Konstanz, wird immer schmallippiger.

Er sieht die Aufgabe, die Finanzen der Stadt in Ordnung zu bringen, vor allem beim Gemeinderat: Stadtkämmerer Ulrich Schwarz. Bei einem ...
Er sieht die Aufgabe, die Finanzen der Stadt in Ordnung zu bringen, vor allem beim Gemeinderat: Stadtkämmerer Ulrich Schwarz. Bei einem SÜDKURIER-Stadtgespräch nahm er sich neulich viel Zeit, den Bürgerinnen und Bürgern die Sparzwänge zu erklären. Doch in der Politik schwindet der Rückhalt für ihn. | Bild: Hanser, Oliver

Denn den Rüffel aus Freiburg will die Politik nicht unkommentiert stehen lassen. Das Regierungspräsidium (RP) hatte angemahnt: Konstanz türmt gerade einen so hohen Schuldenberg auf, dass die Behörde wohl bald eine Bremse für neue Kredite reinhauen muss. Und die Stadtverwaltung liefert seit Jahren nicht die Zahlen, zu deren Abgabe sie gesetzlich verpflichtet sind: Seit 2021 liegen keine Jahresabschlüsse mehr vor. Auch die Bemerkungen aus Freiburg, dass sich Konstanz zu viele freiwillige Leistungen – dazu gehören Schulsozialarbeit, Kulturangebot oder Vereinsförderung – leistet, lassen aufhorchen.

In der Sitzung wird großer Unmut laut

So wird schon der öffentliche Teil der Sitzung zu einem kleinen Scherbengericht. „Unsere Kinder werden das ausbaden müssen, was wir heute nicht schaffen, und das in einer immer unsichereren Welt“, klagt etwa Dorothee Jacobs-Krahnen von FGL&Grünen. Roger Tscheulin (CDU) meint gar: „Möglicherweise wäre es besser gewesen, wenn uns das RP die Genehmigung versagt hätte, das wäre ein richtiger Schuss vor den Bug gewesen.“

Und Petra Rietzler (SPD) erinnert daran, dass die Kämmerei zunächst nicht einmal einen Haushaltsentwurf vorgelegt habe, mit dem der Gemeinderat irgendwie habe arbeiten können. Ähnlich alarmiert äußern sich Susanne Heiß von den Freien Wählern und Achim Schächtle von der FDP. Quer durch die Fraktionen ist das Unbehagen groß, das wird schnell deutlich.

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Der Kämmerer fordert „Weichenstellung des Gemeinderats“

Im Zentrum der Debatte steht Ulrich Schwarz. Der hatte zu Beginn noch darauf verwiesen, es sei „nicht selbstverständlich“, dass Freiburg den Haushalt genehmigt hatte. Immerhin hatte die Stadt Tübingen von dem dort zuständigen Regierungspräsidium die Finanzplanung als ungenügend zur Überarbeitung zurückbekommen.

Er äußert sich trotz der angespannten Lage zunächst sehr knapp. Einnahmen steigern, Standards hinterfragen, Ausgaben reduzieren, darum gehe es jetzt. Dafür sieht er die Politik in der Verantwortung: „Es sind politische Weichenstellungen des Gemeinderats erforderlich“, sagt er noch.

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Wobei das mit den Einnahmen nicht so einfach ist, wie mehrere Stadträte betonen. Dorothee Jacobs-Krahnen meint, ein Dreh an der Steuer- und Gebührenschraube könne nur „mit sehr viel Fingerspitzengefühl“ erfolgen. Achim Schächtle bekennt: „Wir können nicht wirklich Einnahmen erhöhen, ich wüsste nicht, wo.“ Er kenne keine Stadt hier im Süden, die teurer sei für Bürger.

Die Folge aus seiner Sicht: Junge Familien „verlassen die Stadt, sie können sich Konstanz nicht mehr leisten“. Petra Rietzler dagegen nennt es falsch, dass der Gemeinderat nicht wenigstens die Parkgebühren erhöht habe, denn „da haben wir eine Million Euro pro Jahr auf der Straße liegen gelassen“.

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„Wir haben nicht richtig gespart“, klagt ein altgedienter CDU-Mann

Das mit den Ausgaben dürfte aber auch nicht einfacher werden, schwant Roger Tscheulin: „Die Gemeinsamkeit geht sehr schnell flöten“, wenn es um Kürzungen gehe, so seine Erfahrung, gekoppelt mit einem Bekenntnis angesichts immer wieder aufgeweichter Sparziele: „Wir haben tatsächlich nicht richtig gespart.“ Wenn innerhalb eines Jahrzehnts die Verschuldung von unter 20 auf fast 175 Millionen Euro zu steigen drohe, dann „müssen wir vom Reden ins Handeln kommen“.

Susanne Heiß mahnt: „Wir müssen uns am Riemen reißen, was unsere Ansprüche angeht.“ Und für Dorothee Jacobs-Krahnen ist schon mal klar: „Ganz so freiwillig“ seien Schulsozialarbeit, Vereinsförderung und ein „breites Kulturangebot“ ja gar nicht.

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Gleichwohl wird in der Sitzung deutlich, dass Konstanz vor einem Wendepunkt steht: Erstmals spricht die Politik ganz offen darüber, dass die Stadt Zinsen und Tilgung für bestehe Kredite nur mit neuen Darlehen bezahlen kann. Und dass am Ende auch kein Euro aus dem laufenden Geschäft übrig bleibt, um Investitionen in Schulen, Straßen oder andere öffentliche Infrastruktur zu finanzieren. Wenn sich nichts ändere, könne Konstanz bald keine neuen Kredite aufnehmen, bestätigt der Kämmerer noch. Und: Für künftige Investitionen müsse die Stadt wohl bald auch Tafelsilber verkaufen.

Der Druck nimmt zu – fragt sich nur, auf wen zuerst

Schwierige Zeiten kommen also nicht nur auf den 2017 vom Rat in sein Amt gewählten Kämmerer zu. Auch auf die nicht-öffentlich tagende Haushaltsstrukturkommission, die zuletzt immerhin ein 15-Millionen-Paket für mehr Einnahmen und weniger Ausgaben maßgeblich vorbereitet hatte, nimmt der Druck zu. Die Runde sei bisher „ein zahnloser Tiger“ gewesen, klagt FGL&Grüne-Rätin Jacobs-Krahnen.

Welche Rolle dabei wer im Rathaus spielen soll, lässt sie wie alle anderen offen – zumindest, solange die Öffentlichkeit im Ratssaal ist. Auch Oberbürgermeister Uli Burchardt und Ulrich Schwarz selbst wollen diese Debatte wohl lieber an einer anderen Stelle führen.