Thomas Adams ist die Genugtuung förmlich anzusehen. Er steht im Untergeschoss des Konstanzer Galeria-Warenhauses und freut sich, „was hier alles los ist“. „Die Kunden rennen einen ja fast um.“

Das war nicht immer so. Jahrelang hatte der Chef der Konstanzer Galeria-Filiale eher mit Hiobsbotschaften zu kämpfen. Seit dem Jahr 2020 rutschte Deutschlands bekannteste Warenhauskette dreimal in die Insolvenz. Das Image litt, Kunden blieben weg. Weil in der Folge neun Filialen im gesamten Bundesgebiet geschlossen wurden, verloren viele Mitarbeiter ihren Job. Selbst ob das Konstanzer Traditionshaus die Krise des Essener Einzelhandelsriesen überleben würde, stand zwischenzeitlich in den Sternen.

Konstanzer Filiale Vorreiter bei Decathlon-Kooperation

Mittlerweile haben sich die Vorzeichen gedreht. Seit ein paar Monaten geht es wieder aufwärts. Alle verbliebenen 83 Filialen schrieben wieder schwarze Zahlen, sagte der neue Galeria-Miteigner Bernd Beetz jüngst dem „Handelsblatt“. In den nächsten fünf Jahren wolle man die Häuser umfassend umbauen und modernisieren.

Decathlon-Manager Stefan Kaiser und Artur Borsuk und Galeria-Verantwortliche Thomas Adams und Kathrin Dohle (v. li.) im Untergeschoss ...
Decathlon-Manager Stefan Kaiser und Artur Borsuk und Galeria-Verantwortliche Thomas Adams und Kathrin Dohle (v. li.) im Untergeschoss von Galeria in Konstanz. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Beim neuen Konzept kommt dem Standort ganz im Süden der Republik eine Schlüsselrolle zu. Er soll so etwas wie die Speerspitze der Veränderung werden. Am Freitag eröffnete einer der weltweit größten Sportartikelhersteller, Decathlon, seine erste Filiale in einem Galeria-Kaufhaus – in Konstanz. Vier weitere, darunter eine Groß-Filiale in Freiburg, sollen allein bis Jahresende folgen.

Decathlon will Marktführer in Deutschland werden

Galeria und Decathlon, das sei eine „Win-win-Situation“, sagte Decathlon-Manager Stefan Kaiser am Freitag dem SÜDKURIER. Kaiser verantwortet die Expansionsstrategie des französischen Sport-Konzerns in Deutschland. Und die ist ziemlich ambitioniert. Bis 2027 will Decathlon 60 neue Filialen in Deutschland eröffnen. Ziel sei es, zum größten Sportartikeleinzelhändler des Landes zu werden, noch vor Platzhirschen wie Intersport oder Sport2000.

Konstanzer Filiale von Galeria, ehemals Karstadt. Eine neue Kooperation mit Decathlon soll den deutschen Warenhäusern Leben einhauchen.
Konstanzer Filiale von Galeria, ehemals Karstadt. Eine neue Kooperation mit Decathlon soll den deutschen Warenhäusern Leben einhauchen. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Dass Galeria nach den Krisenjahren für viele seiner Häuser neue Mieter sucht, kommt den Franzosen gerade recht. Denn die Warenhaus-Standorte, meist in bester Innenstadtlage, verfügen über etwas, was Decathlon mit seinen auf der grünen Wiese angesiedelten Riesen-Läden bisher schmerzlich vermisst hat: Sichtbarkeit und Nähe zum Endkunden. „Lagen in Innenstädten sind für uns generell sehr attraktiv“, sagt Decathlon-Manager Kaiser, der auch gerade im benachbarten Friedrichshafen die Fühler nach einem Filialstandort ausstreckt.

Galeria wiederum steht vor der Herausforderung, neue Mieter in seinen über Tausende Quadratmeter Verkaufsfläche verfügenden Häusern unterzubringen. Dabei will man nicht bei Sportartikelhändlern wie Decathlon haltmachen.

Seit längerem ist bekannt, dass der Discounter Lidl in einige Warenhäuser einziehen wird und das bestehende Sortiment ergänzt. Darüber hinaus wären Elektronikmärkte, wie Media-Markt oder Saturn, mögliche Partner, sagte am Freitag Kathrin Dohle, Bereichsleiterin Vermietung bei Galeria. Zudem sei man offen für „lokale Einzelhandels-Konzepte“ sowie Gastronomie. „Wir suchen Angebote, die unser Sortiment ergänzen“, sagte Dohle.

Valentin Weislämle ist Studiengangsleiter für BWL-Tourismus an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Lörrach.
Valentin Weislämle ist Studiengangsleiter für BWL-Tourismus an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Lörrach. | Bild: Dhbw

Kommunalpolitik mit Schlüsselrolle

Unabhängige Experten halten es für durchaus möglich, dass die Strategie aufgehen könnte und die Warenhäuser, die deutsche Innenstädte seit der Nachkriegszeit prägen, hier weiter eine große Rolle spielen werden. „Warenhäuser werden überall dort überleben, wo sie in attraktive Innenstädte eingebettet sind“, sagt etwa Valentin Weislämle, BWL-Professor und Studiengangsleiter für Tourismus, Hotellerie und Gastronomie an der DHBW in Lörrach.

Wichtig sei, dass sie in der Innenstadt nicht als Solitäre wahrgenommen würden, sondern in ein gutes Netzwerk aus Angeboten eingebunden seien. Dazu zählt Weislämle neben Gastronomie und Einzelhandel auch touristische Konzepte, wie Konzerte, Events oder Sportveranstaltungen. Wichtig sei es, in den Innenstädten Erlebnisse zu schaffen, die den Bürgern und Konsumenten einen Mehrwert böten und zum Verweilen einladen. Dafür zu sorgen, sei maßgeblich Aufgabe der Kommunalpolitik und Wirtschaftsförderung.