Exportweltmeister Deutschland? Nur die Älteren werden sich an diese Hoch-Phase der deutschen Wirtschaft erinnern können. Sie endete im Jahr 2008. Im Folgejahr überholte China die Bundesrepublik bei den Ausfuhren und hat seine Spitzenposition seither nicht aufgegeben. Mehr noch: Das Reich der Mitte hat seine Dominanz kontinuierlich ausgebaut und die Welt mit Waren geflutet. Der globale Exportanteil Chinas liegt nach aktuellen Zahlen bei 16 Prozent und ist damit doppelt so hoch wie der Deutschlands. So groß war der Abstand nie.
Die Industriekonjunktur stagniert oder geht zurück – seit Jahren!
Seit vielen Jahren stottert der deutsche Exportmotor. Die Automobilindustrie, mit einem Produktionswert von 270 Milliarden Euro im Jahr mit Abstand die wichtigste Industriebranche im Land, ist weit von ihren Rekordwerten entfernt. Die Zahl der hierzulande gefertigten Autos ist in nicht einmal zehn Jahren um rund 1,5 Millionen Fahrzeuge gesunken. Im Maschinenbau, dem Industriesektor mit den meisten Angestellten, stagniert die Produktion de facto seit 2015. Und in der Chemie- und Pharmabranche sieht es ähnlich aus.

Die Gründe der Misere sind hinlänglich diskutiert. Nach gängiger Lesart ist der deutsche Standort zu teuer, zu bürokratisch und zu behäbig, um im globalen Wettbewerb punkten zu können. Außerdem ist Deutschland seit Russlands Angriffskrieg in der Ukraine von billiger Energie abgeschnitten. Das deutsche Exportmodell ist tot, heißt es.
Wer soll die deutschen Luxus-Artikel kaufen?
Dieser Erklärungsversuch blendet einen wichtigen Punkt aus: Das deutsche Exportwunder ist nämlich auch zu Ende, weil die heimischen Unternehmen die falschen Produkte anbieten. Grund sind unternehmerische Fehleinschätzungen. Beispiel Automobilindustrie. Jahrelang haben die Autobauer ausschließlich auf teure Autos gesetzt.
Vom Massenmarkt erschwinglicher Fahrzeuge hat man sich verabschiedet. So stiegen die Durchschnittspreise eines Mercedes-Benz in wenigen Jahren von knapp über 50.000 auf 74.000 Euro. Selbst Familienkutschen aus dem VW-Konzern bringen es in Normal-Ausstattung heute locker auf mehr als 40.000 Euro Listenpreis.
Wer soll das bezahlen? Die Mittelschicht in den Schwellenländern sicher nicht. Sie kauft jetzt gute und günstige Chinaware, übrigens oft mit reinem Elektroantrieb.

Das gleiche Bild zeigt sich im Maschinenbau. Mit erstaunlicher Beharrlichkeit hat die Branche Appelle ignoriert, nicht nur das Hightech-Segment zu bedienen, sondern auch den Massenmarkt. Das Resultat lässt sich in den Fabriken Asiens bestaunen, wo deutsche Hersteller zusehends fehlen.
Bei Zukunftstechnologien nicht am Ball
All das wäre möglicherweise zu verschmerzen, wenn man wenigstens bei Zukunftstechnologien dabei wäre. Das ist aber nicht der Fall. Im rasant wachsenden Geschäft mit Batterien oder Photovoltaik spielen deutsche Firmen keine Rolle mehr. Asien beherrscht den Markt nach Belieben. Dass Digitaltechnologien immer höhere Wertschöpfungsanteile auch an klassischen Industrieprodukten wie Autos und Maschinen einnehmen werden, hat man in Deutschland zwar vorhergesehen. Bei der Implementierung sind aber die USA und China vorne.

Wer all dies nur auf unklare Weichenstellungen in der Politik zurückführt, macht es sich zu einfach. Dass die deutsche Exportwirtschaft da steht, wo sie steht, liegt maßgeblich in der Verantwortung der Unternehmen, von denen sich zu viele zu lange in der alten Welt eingerichtet haben.
China macht E-Mobilität erschwinglich
Für die Konsumenten enden die Hiobsbotschaften an dieser Stelle aber. Denn der stetig wachsende Stellenwert von China als Exporteur macht Güter so günstig wie nie. Das trifft für Solaranlagen ebenso zu wie für Akku-Speicher und viele andere Produkte. Überall ist der Preisverfall enorm. Und Chinas-Auto-Offensive in der EU wird Elektromobilität endlich erschwinglich machen. Durch die restriktive US-Zollpolitik werden die Preise in Europa weiter purzeln. Irgendwo muss die China-Ware ja hin.
Dumm nur, dass der Konsument meist auch Arbeitnehmer ist. Denn für die Beschäftigung in Deutschland ist Chinas Dominanz eine Gefahr, die immer größer wird.