Erfolgreich, aber doch mit hängendem Kopf hat ein 25 Jahre alter Angeklagter aus dem Nordosten des Landkreises Waldshut dieser Tage das Amtsgericht in Waldshut verlassen. Erfolgreich, weil sein Einspruch gegen einen Strafbefehl tatsächlich zu einer Reduzierung der Strafe geführt hat, mit hängendem Kopf aber, weil die Strafe mit 120 Tagessätzen zu 50 Euro noch immer ein beträchtliches Stück jenseits der Grenze zum Eintrag ins Vorstrafenregister liegt.
Jene Grenze liegt bei 90 Tagessätzen und damit genau dort, wohin Strafverteidiger Wolfgang Ulrich in seinem Plädoyer Strafrichterin Lea Uttner auch führen wollte. Die aber folgte mit ihren 120 Tagessätzen exakt dem, was Staatsanwalt Michael Blozik gefordert hatte. Im Strafbefehl standen noch 140 Tagessätze.
Beleidigung und Randale im Vollsuff
Zahlen muss der Angeklagte, weil er sich in volltrunkenem Zustand im Februar 2024 bei einem Narrentreffen im Nordosten des Kreises zu deutlich vorgerückter Stunde zunächst mit den Mitarbeitern eines Security-Dienstes und später dann mit der Polizei angelegt hatte. Und das gleichermaßen deftig und heftig. „Heil Hitler“ hatte er den Polizisten mehrmals zugerufen und heftige Gegenwehr geleistet, als ihm diese Handschellen anlegen wollten. Den heftigen Widerstand dagegen begleitete der Angeklagte mit üblen Beleidigungen gegen die Polizisten. Das alles führte letztlich zur Verurteilung unter anderem wegen Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Ob sie Rechtsmittel einlegen werden, ließen der Verteidiger und sein Mandant am Ende der Verhandlung offen.
Warum sie bestrebt sind, das Strafmaß auf maximal 90 Tagessätze zu begrenzen, erklärte der Anwalt auch. Sein Mandant trete in wenigen Wochen eine zweite Ausbildung an und sei sehr bestrebt, den neuen Abschnitt in seinem Leben mit einer weißen Weste zu beginnen. Weil sich der Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Höhe des Strafmaßes beschränkte, blieb den Beteiligten eine Beweisaufnahme in der Sache erspart. Zeugen mussten in dem Verfahren keine gehört werden.
Angeklagter zeigt sich reumütig
Der Angeklagte zeigte sich reumütig. Bei den beteiligten Polizeibeamten hat er sich schriftlich entschuldigt, zwei Beamten hat er ein kleines Schmerzensgeld bezahlt, den anderen am Einsatz beteiligten Polizisten will er auch noch Geld zukommen lassen. Sollten dem rechtliche Hürden entgegenstehen, werde er das Geld der Polizeistiftung Baden-Württemberg spenden, sagte sein Anwalt.
„Ich war nicht mehr Herr meiner Sinne“
Er wisse nicht mehr viel von jener Nacht, sagte der Angeklagte vor Gericht. „Ich habe viele Filmrisse und war nicht mehr Herr meiner Sinne“, sagte er. So könne er sich auch nicht erklären, warum er mehrmals „Heil Hitler“ gerufen habe. „Das tut mir leid, Naziparolen sind nicht mein Ding“, meinte er. Auch wisse er nicht mehr, warum er sich im Polizeifahrzeug auf einen Beamten geworfen hatte, diesen mit seinem Kopf stoßen wollte und dessen Genitalien mit der Hand zugedrückt habe.
„Ich wollte nur raus aus dem Bus“, war seine einzige Erinnerung an jene Momente. „Ich wurde auf den Boden gedrückt, dann gingen bei mir die Lichter aus; ich wurde erst in der Zelle wieder wach“, schilderte er seine Erinnerungen.
Liebeskummer in Bier und Asbach-Cola ertränkt
Heftiger Liebeskummer hatte dazu geführt, dass der Angeklagte an jenem Narrentreffen dem Alkohol deutlich mehr zugesprochen hatte, als ihm guttat. Zunächst, so gab sein Anwalt an, habe sich sein Mandant an jenem Abend bei einem Freund zum Vorglühen getroffen. 20 Flaschen Bier habe er dort getrunken. Derart vollgetankt sei es dann zum Narrentreffen gegangen, wo noch mindestens acht Asbach-Cola gefolgt seien.
Der Anwalt zeigte Verständnis dafür, dass die Polizei bei einem so stark betrunkenen aggressiven Mann auf die Bestimmung des Blutalkoholwertes verzichtet hatten. Seine Berechnungen, so der Anwalt, ergaben einen Wert zwischen 2,1 und 3,5 Promille. „Eher sogar noch etwas mehr“, meinte der Anwalt.