Zwei Mal am Tag geht der Betriebsratschef beim kriselnden Automobilzulieferer Eto, Nikolaus Benke, durch das Stockacher Stammwerk und sammelt Stimmung ein. Auf Unmut und Sorgen der Mitarbeiter trifft er dabei trotz der angespannten Situation fast nie.
Im Moment verfolge die Belegschaft die laufenden Restrukturierungs- und Transformationsprozesse aufmerksam, sagt Benke dem SÜDKURIER. Auf Betriebsversammlungen seien die Beschäftigten bereits über die Lage informiert worden. Die potenziellen Auswirkungen auf die Belegschaft, also etwa Stellenstreichungen, seien den Leuten bewusst.
Banges Warten auf das Sanierungsgutachten
Anfang April wurde bekannt, dass der auf Ventilsteuerungen spezialisierte Autozulieferer in massiven Schwierigkeiten steckt. Grund sind zu hohe Kosten bei gleichzeitig stark sinkenden Umsätzen. Statt eines geplanten Erlöses von 500 Millionen Euro wurden 2024 nach Angaben des Unternehmens nur rund 430 Millionen Euro umgesetzt.
Hohe Abschreibungen sowie Wertberichtigungen drückten das Jahresergebnis ins Minus. Mittlerweile hat der langjährige Firmenchef Michael Schwabe Eto auf Druck der kreditgebenden Banken verlassen. Mit Maximilian Eberl hat ein Sanierungs-Manager die Führung des Betriebs übernommen. Er schließt auch betriebsbedingte Kündigungen für die kommenden Monate nicht aus.

Ob Eto überhaupt eine Zukunft hat, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden. Im Moment arbeiten rund ein Dutzend Experten der Unternehmensberatung PwC ein Sanierungsgutachten aus, das aufzeigen soll, ob eine Fortführungsperspektive besteht. Bis zum Spätsommer sollen die Kreditgeber entscheiden.

Eto-Betriebsratschef Benke sagt, die Belegschaft sei über das anstehende Gutachten informiert, das „als wichtige Grundlage für die künftige Ausrichtung des Unternehmens dienen“ werde, wie er es ausdrückt. Es gehe darum, „schnellstmöglich Klarheit für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen“. Trotz der „herausfordernden Phase“ zeigten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „großen Einsatz“.
200 Stellen schon abgebaut
Nach Angaben des Betriebsratschefs laufe die Produktion in dem gut 1000 Mitarbeiter umfassenden Stammwerk weitgehend ohne Kurzarbeit weiter. Das Arbeitsmarktinstrument kommt allerdings bei einem Großteil der Beschäftigten in der Verwaltung und den Zentralbereichen zum Einsatz. Seit Dezember 2024 arbeitet man damit bei Eto kurz. Rund 200 Stellen hat die Firma in den vergangenen eineinhalb Jahren weltweit bereits abgebaut.

Eto braucht Ferienjobber und Leiharbeiter
Das neue Management arbeite „intensiv“ daran, neue Aufträge hereinzuholen, sagt Benke. Immerhin scheint die Auftragslage so gut, dass sogar Unterstützung von außen ran muss. „Um die bestehenden Aufträge auch in der kommenden Ferienzeit effizient bearbeiten zu können, werden wir temporär zusätzliche Unterstützung durch Leiharbeiter und Ferienjobber in Anspruch nehmen“, sagt Benke, der seit 1995 bei der Stockacher Eto arbeitet und sich bis zum Betriebsratschef hochgearbeitet hat.