Der 18. Internationale Ökumenische Bodensee-Kirchentag mit dem Motto „Nach uns die Sintflut? Marktplatz der Hoffnung“ wäre fast im Regen eröffnet worden. Leere Bänke, nasse Tische und nur wenig Besucher bestimmten das Bild auf dem Fronwagplatz in Schaffhausens Altstadt. Doch kaum erklangen die ersten Töne von Alphornvirtuosin Lisa Stoll, lichtete sich der Himmel und der Platz füllte sich. Und als Pater Anselm Grün, ein bekannter und der meist gelesene Autor geistlicher Literatur im deutschsprachigen Raum, das Wort zum Tag sprach, zeigte die Sonne ihre wärmenden Strahlen.
Das Organisationsteam hatte bei der Anzahl der zu erwartenden Besucher auf das Prinzip Hoffnung gesetzt. Laut Pressemitteilung übertraf die Besucherzahl von fünf- bis sechstausend Menschen die Erwartungen. Viele davon seien aus dem deutschen Teil der Bodensee-Region gekommen.
Bekannter Autor geistlicher Literatur will nicht belehren
„Die Sintflut ist entstanden, weil die Menschen unachtsam waren und einfach so dahingelebt haben“, so Pater Anselm Grün, der von einer nicht leicht zu verstehenden Spiritualität begleitet ist. Er selbst spricht und schreibt zu den Menschen in einer einfachen Sprache, die verständlich ist und sagt von sich selbst, die Menschen nicht belehren zu wollen.

„Ich glaube daran, dass in jedem Menschen die Sehnsucht nach Glauben ist“, so Pater Grün in seiner Ansprache zur Eröffnung des Kirchentages. Man lebe in einer hoffnungsarmen Zeit und es sei wichtig, Hoffnung zu haben auf das was man nicht sehen könne. Wobei Hoffnung nichts Abstraktes sei, sondern das Leben bereichere.
Die Themen der zahlreichen Veranstaltungen befassten sich größtenteils mit aktuellen Problemen und Fragestellungen.

„Ich habe das Gefühl, wir leben in der Sintflut“, sagte Pfarrer Wolfram Kötter, Kirchenratspräsident, in seiner Ansprache. Es gebe Lebensumstände, die das Leben und Überleben an vielen Stellen in Frage stellen und manchmal sogar unmöglich machen würden. Umso wichtiger erschien es ihm, dass Christen weltweit, getreu dem Motto des Kirchentages, Marktplatz der Hoffnung seien. Man dürfe die Vision leben, dass es eines Tages Gerechtigkeit und Frieden gebe und Ehrfurcht vor allem Leben weitaus wichtiger sein wird als jeder materielle Gewinn.
Zwei Tage lang konnten Interessierte miteinander feiern und aus rund 50 ganz unterschiedlichen Veranstaltungen wählen. Während am Samstag eher Vorträge, Podien, musikalische und künstlerische Programme zur Auswahl standen, waren am Sonntag mehrere ökumenische Gottesdienste im Mittelpunkt des Kirchentages.
In den Gassen der Altstadt präsentierten unterschiedliche Initiativen ihr Engagement. Vom fairen Handel zu Gruppen, welche die Bibel verbreiten wollen, bis zu Menschenrechts- und Umweltgruppen. Und wem das alles zu viel wurde, konnte bei einer Meditation stille Momente und Entspannung erleben.

Stadtrat Raphaël Rohner engagierte sich sehr für diesen Kirchentag. Die Stadt Schaffhausen freue sich und sei stolz darauf, Gastgeber für diesen bedeutenden kirchlichen Anlass im deutschsprachigen Raum sein zu dürfen. Er äußerte sich davon überzeugt, dass die christlichen Kirchen im ökumenischen Kontext den aktuellen Verunsicherungen mit überzeugenden Antworten und Haltungen nachhaltig begegnen können.
„Glaube hat stets mit Seele zu tun“, so Rohners persönliche Empfindung. Seele sei Leben, Inhalt und schenke Inhalt. Dies wiederum sei nicht möglich ohne Werte, Wertvorstellungen und Wertmaßstäbe. Und eben dies gebe dem Leben eine wichtige und tragfähige Orientierungshilfe, Kraft, Hoffnung und Zuversicht.
Glaube sei kein Auslaufmodell
Ein Magnet war eindeutig der Vortrag von Pater Anselm Grün im vollbesetzten Stadttheater, in dem er der Frage auf den Grund ging, wozu und wie man noch glauben soll. Glaube gebe dem Leben Sinn und sei kein Auslaufmodell. Man dürfe darauf vertrauen, von Gott getragen zu werden, und Glaube habe eine heilende Kraft. Ein weiterer Aspekt des Glaubens ist laut den Ausführungen von Pater Anselm Grün das Sehen. Man dürfe die Schönheit Gottes in der Schöpfung und den Menschen erkennen. Ein weiterer Punkt sei das Hinübergehen in eine andere Welt und die Kunst, das Geheimnis des Glaubens offen zu halten.

Den Abschluss fand der Bodensee-Kirchentag mit einem Open-Air-Konzert und einer Abschlusskundgebung mit Vertretern aus Politik und Kirche. Natiolalratspräsidentin Irène Kalin mahnte laut Pressemitteilung ein gemeinsames Einstehen für eine gerechte Gesellschaft und intakte Umwelt an.