Es war ein Paukenschlag, der viel Aufsehen erregte. Vor vier Monaten legte Andreas Sturm, damals Generalvikar im Bistum Speyer, sein Amt als zweiter Mann im Bistum nieder und erklärte gleichzeitig seinen Austritt aus der römisch-katholischen Kirche. Er habe die Hoffnung auf echte und weitreichende Reformen in seiner Kirche aufgegeben, erklärte er damals. Doch die wären aus seiner Sicht zwingend notwendig gewesen, ganz gleich ob es um die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, den Ausschluss von Frauen von den Weiheämtern, den Umgang mit Homosexuellen und Geschiedenen oder den Zölibat, gegen den er selbst verstoßen hatte, ging.

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Vier Wochen später erschien sein Buch „Ich muss raus aus dieser Kirche. Weil ich Mensch bleiben will“, das sogleich auf der Spiegel-Bestsellerliste landete. Eine neue Heimat fand Sturm in der alt-katholische Gemeinde, die in Südbaden stark vertreten ist. Bischof Matthias Ring beorderte Sturm an den Bodensee, eine Gegend, die der gebürtige Pfälzer schon von Urlauben als Kind kannte.

Seelsorger für Singen und Sauldorf

Seit 1. August ist er in Sauldorf und Singen im Einsatz. Am vergangenen Wochenende wurde der Pfarrer offiziell durch Dekan Joachim Sohn in sein Amt in den beiden Gemeinden eingeführt.

Neben den Gemeindemitgliedern hatten sich zu diesem feierlichen Anlass auch Bürgermeisterin Ute Seifried und als Vertreter der Ökumene der Dekan Matthias Zimmermann, Pfarrerin Andrea Fink-Fauser und fünf weitere Geistliche der alt-katholischen Gemeinde von Hohentengen bis Konstanz in der Singener Lutherkirche eingefunden.

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Kirche soll Halt geben und verbinden

In seiner Predigt nahm Sturm zunächst Bezug auf die Prophetin Hildegard von Bingen, derer die katholische Gemeinde am 17. September anlässlich ihres Todestag gedenkt. Sturm sah sie in einer Tradition von Menschen, die im Laufe der Kirchengeschichte furchtlos aufgestanden waren und ihre Stimmen erhoben hatten. Auch in der heutigen Zeit brauche es Propheten, die sich der reinen Gewinnmaximierung auf Kosten anderer entgegenstellten. Das sehe er auch als Aufgabe der Kirche.

Ziel solle es sein, dass alle ein gutes Leben im Hier und Jetzt führen könnten. Die Kirchen sollten den Menschen ein Netz geben, das ihnen Halt gebe und sie verbinde, sodass niemand durch die Maschen falle.

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Sein abschließender Appell an die Gemeinde lautete: „Lassen Sie uns gemeinsam an einer Welt bauen, die friedlicher, geschwisterlicher und fairer miteinander umgeht.“

Beim anschließenden Empfang bot sich den Gemeindemitgliedern ausgiebig Gelegenheit, ihren neuen Pfarrer persönlich kennenzulernen.