Wenn Kai Eberhard Fantasiewelten erschafft, sollen sie Besuchern helfen, sich Ängsten zu stellen und diese zu überwinden. Dafür wird es aber erstmal gruselig, denn der 21-Jährige aus Radolfzell hat in Singen im Blauen Haus ein „Horror Universe“ geschaffen. An den nächsten beiden Samstagen wird aus dem Kinder- und JugendKulturCentrum ein fremder Planet, Überraschungsmomente inklusive.
Alles begann mit einem Zauberkasten, den er vor neun Jahren zu Weihnachten geschenkt bekam. „Zuerst konnte ich nichts damit anfangen“, erzählt Kai Eberhard und schmunzelt. Das hinderte ihn aber nicht daran, mit seinem jüngeren Bruder Jan einige Tricks auszuprobieren. Schnell entflammte die Leidenschaft, denn er fand großen Spaß daran, Menschen zu unterhalten.
Mit der Zeit dehnte sich der Zuschauerkreis von Familienmitgliedern auf Freunde und Nachbarn aus. „Wir haben im Keller ein Grusellabyrinth aufgebaut und Leute eingeladen. Meine Eltern fanden das mäßig witzig“, gesteht der 21-Jährige. Dass ihr Sohn aber wirklich Talent hat, sahen sie spätestens bei seiner ersten öffentlichen Halloween-Veranstaltung im Kinderkulturzentrum Lollipop in Radolfzell. Das war im Oktober 2017. „Damals war alles noch sehr improvisiert, kam aber trotzdem gut an. Deswegen haben wir die Idee immer weiter ausgebaut.“
Lichtershows, Erlebnistouren und Escape-Rooms
Inzwischen ist Kai Eberhard offizieller Veranstalter mit seiner Firma KJ Entertainment und bietet unter anderem Erlebnistouren, Lasershows und Filmvorführungen in Radolfzell und Umgebung an. Im Sommer dreht er mit seinem Team fiktive Filme über die Historie der Stadt, im Winter führt er Lichtershows auf dem Weihnachtsmarkt auf, erzählt er. So sollen Touristen und vor allem Einheimische einen anderen Blick auf die Region erhalten. Mithilfe verschiedener Kooperationspartner aus Singen, Radolfzell und Konstanz organisiert Kai auch Escape-Rooms. Dabei müssen Teilnehmern mit Rätseln den Ausweg aus einem Raum ertüfteln.
All das macht er nebenberuflich, denn der Radolfzeller studiert dual Tourismusmanagement. Er sieht die Inhalte als gute Ergänzung zu seiner Tätigkeit als Eventplaner. Zuvor studierte er drei Semester lang BWL, brach dann aber ab. „Bei mir liegt der Fokus nicht auf dem Unternehmerischen, sondern auf der Dienstleistung und der Frage: Wie mache ich Besuchern einen schönen Tag?“, so Kai.
Der Erlös aus den vielfältigen Veranstaltungen kommt Kais größtem und zugleich liebstem Projekt zugute: den Horror-Events. Seit 2018 finden sie jeden Oktober im Blauen Haus in Singen statt. Hierzu werden die Räume des Jugendtreffs in gruselige Szenerien verwandelt, in denen zwielichtige Gestalten – verkleidete Akteure – auf die Besucher warten, um ihnen einen Schrecken nach dem anderen einzujagen. Ehemalige Theaterkollegen, die der 21-Jährige aus seinen sieben Jahren bei der Zeller Kultur kennt, sind Teil des Horrorensembles.
Wirtschaftlich macht er eigentlich Verlust
Der Eintritt ist kostenlos, obwohl Kai Eberhard die Veranstaltung größtenteils aus eigener Tasche finanziert. „Rein wirtschaftlich gesehen, ist es eigentlich ein Verlust“, gibt er zu. Doch jeder solle daran teilnehmen können. Dem 21-Jährigen zufolge unterstützt die Stadt Singen das Vorhaben, indem sie die Räume und einen Zuschuss für Dekoration und Kostüme zur Verfügung stellt.

„Zeitlich ist das ein irrsinniger Aufwand“, betont der Veranstalter. „Wir beginnen mit der Planung im Frühsommer, ab da gehen die Wochenenden komplett dafür drauf.“ Pro Woche, schätzt er, arbeitet er rund 40 Stunden für das Projekt. Von inhaltlicher Planung über Materialbeschaffung bis hin zum Aufbau des Bühnenbilds stemmen Kai Eberhard und sein Team alles alleine.

Selina Brix, Leiterin des Blauen Haus, ist begeistert von der Zusammenarbeit: „Wir sind froh, wenn engagierte Leute ihre Ideen einbringen und unser Angebot bereichern.“ Hinter den Veranstaltungen stecke viel mehr Planung, als der Gast zunächst vermuten könnte: Die Veranstaltungen müssen sicher sein, Brandschutz ist auch ein Thema. Hysterische Besucher seien auch keine Seltenheit. „Für solche Fälle haben wir Teammitglieder in zivil, die nach dem Rechten sehen“, erklärt Kai Eberhard.
Deshalb musste Kai Eberhard die Polizei rufen
Es kann aber auch mal zu Pannen kommen. „Wenn die Technik streikt, muss ein Raum für die Zeit eben mal zubleiben.“ In der Regel seien solche Probleme schnell wieder behoben. Vor zwei Jahren allerdings kam es zu einem Zwischenfall, der in Erinnerung geblieben ist: „Es kamen Gäste, die nur Stress machen wollten.“ Das Team habe die Unruhestifter rausgeworfen, woraufhin sie die Fassade des Gebäudes mit Eiern bewarfen. Daher sei nichts anderes übrig geblieben, als die Polizei zu rufen. „Danach konnte die Veranstaltung weiterlaufen.“
Wenn Kai Eberhard mal nicht mit dem Planen einer Veranstaltung beschäftigt ist, besucht er andere kulturelle Veranstaltungen, treibt Sport und geht auf Reisen, wodurch neue Ideen für Projekte entstehen. „Die meisten Ideen kommen dann, wenn man nicht damit rechnet“, sagt er. Oftmals auch beim Einschlafen: „Das Träumerische ist ganz wichtig und bietet viel Freiraum für Interpretationen.“
Seine Einfälle diskutiert er mit seinem Bruder und seinen Eltern, die dann natürlich auch die Umsetzung interessiere. Deshalb sind die Eltern Stammgäste der Veranstaltungen. Kai Eberhard weiß: „Wenn mein Vater mit einem Lächeln wieder rausgeht, haben wir alles richtig gemacht.“
Seine Vision: Ein eigener Firmensitz
Sobald er sein Studium beendet hat, möchte er den Weg in Richtung Selbstständigkeit gehen. „Mein Ziel ist es, von den Veranstaltungen leben zu können“, sagt er. Damit einher geht sein Traum von einem richtigen Firmensitz, damit die Veranstaltungen an einem festen Ort stattfinden können. Seine Vision: „Ich möchte dazu beitragen, die Region attraktiv zu machen und den Menschen schöne Erlebnisse zu ermöglichen.“