Verglichen mit Konstanz sei man in Singen auf der Insel der Glückseligen. Das sagt der Ordnungsamtsleiter der Stadt, Marcus Berger, angesichts der aktuellen Diskussionen in Konstanz über ein Alkoholverbot, mit dem die Feier-Szene am Seerhein eingedämmt werden soll. In Singen gibt es ein solches Verbot längst: Nach einem Alkoholverbot am Heinrich-Weber-Platz gilt es seit Oktober auch in der Hegaustraße. Seitdem seien die Beschwerden geringer geworden, sagt Berger – das Konstanzer Ausmaß hätten sie auch nie gehabt.

Aber der Ordnungsamtsleiter ist realistisch: „Es ist ruhiger geworden. Doch ganz vertreiben können wir die Szene vermutlich nie.“ Neue Impulse verspricht er sich vom kommunalen Ordnungsdienst, der nächstes Jahr eingeführt werden soll.

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Auch wegen Corona: Erst in den vergangenen Wochen sitzen hier wieder mehr Menschen

Damals hing von einem Tag auf den nächsten ein Schild in der Hegaustraße, das erklärte, dass der Alkoholkonsum verboten ist. Das Schild hat seinen Standort seitdem gewechselt: Statt an einem Baum ist es nun an einer Stange befestigt – damit der Baum nicht leidet. Die Botschaft ist allerdings geblieben: Kein öffentliches Alkoholtrinken in der Hegaustraße. Doch wie wird das angenommen? Gut, sagt Marcus Berger. Corona-bedingt sei es kein typisches Jahr und eine verlässliche Aussage daher schwierig, schränkt er ein.

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Besonders zu Beginn hätten die Stadt und die Polizei verstärkt kontrolliert, dann kam der Winter und die Fußgängerzone war naturgemäß weniger besucht. Während Corona wären die Menschen, die sich sonst an der Hegaustraße treffen, meist zuhause geblieben. Erst seit wenigen Wochen beobachtet Berger wieder Zulauf: Man trifft sich auf den Sitzbänken zwischen Sparkasse und Karstadt, unterhält sich – und trinkt ein Bierchen. „Wenn ich bei gutem Wetter da vorbei laufe, sitzen immer einige Leute dort. Und die haben nicht immer nur Limonade zum Trinken“, räumt Berger ein.

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Wer gegen das Verbot verstößt, erhält einen Platzverweis. Wenn jemand sich uneinsichtig zeigt, werde der Alkohol abgenommen und weggeschüttet, sagt der Ordnungsamtsleiter.

Die Polizei bestätigt das auf SÜDKURIER-Nachfrage: Polizisten würden die Stadt unterstützen und dort gezielt Streife laufen. „Wir sprechen die Leute an und es kommt auch mal vor, dass wir ihnen den Alkohol wegnehmen“, erklärt Polizei-Pressesprecherin Sandra Kratzer.

Ein Verbot ohne Bußgeld, denn die Hürden dafür sind hoch

Ein Bußgeld dürfen die Ordnungshüter – ob Polizisten oder Mitarbeiter des Ordnungsamtes – allerdings nicht verhängen. Denn bislang handelt es sich bei der Alkoholverbots-Zone um eine Allgemeinverfügung, für die es zum Beispiel keinen Gemeinderatsbeschluss braucht. Für Bußgelder bräuchte es eine Rechtsverordnung, wie Marcus Berger erklärt, und die Hürden dafür seien hoch: „Es müsste ein Brennpunkt sein, doch davon sind wir – zum Glück – weit entfernt.“ Das würde bedeuten, dass dort 50 Straftaten pro Jahr begangen werden. Einen Kriminalitätsschwerpunkt gebe es aber nicht. „Es gab keinen Vorfall, wo ein Unbeteiligter in eine Auseinandersetzung geraten ist“, sagt Berger. Auch das bestätigt die Polizeisprecherin: Es gebe keine Strafanzeigen. Wenn es dort zu einem Vorfall komme, dann unter den Menschen, die sich kennen und dort gemeinsam Zeit verbringen.

Eine Voraussetzung fürs Bußgeld ist laut Berger auch, dass sich regelmäßig Menschenmengen bilden. „Grüpplein trifft es in unserem Fall aber wohl eher.“

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Auch Trinker sind Teil der Gesellschaft und einer größeren Stadt wie Singen, sagt Berger

Die Ausrufung einer Alkoholverbotszone sei eine mutige Aktion der Stadt gewesen, nachdem sich die Beschwerden in der Vergangenheit gehäuft und besonders ältere Menschen sich nicht mehr wohl gefühlt hätten. Die Zone soll vergrämen. Das sei damals beim Heinrich-Weber-Platz gelungen, allerdings habe die Szene dann an der Hegaustraße einen neuen Ort gefunden. An beiden Orten gilt: Mit Kontrollen wolle man die Szene im Rahmen halten, doch ganz weg bekomme man sie nicht. „Alkohol trinken ist per se nicht verboten – auch nicht in der Öffentlichkeit“, stellt Berger klar. Am Heinrich-Weber-Platz hätten die Beschwerden zuletzt zugenommen, dort soll nun wieder häufiger kontrolliert werden.

Zieht die Szene einfach weiter? Das zeigt sich demnächst

Ob sich die Szene einen neuen, dritten Ort in Singen sucht? Marcus Berger ist bislang keiner aufgefallen. Er geht aber davon aus, dass sich das ändern wird: Die Lebensmittelabteilung von Karstadt schließt und gegenüber eröffnet das Cano. Außerdem soll der kommunale Ordnungsdienst ab dem Frühjahr öfter Streife laufen, als Polizei und Ordnungsamt es bisher können. „Dann werden wir sehen, wie sich das Thema entwickelt.“

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