Derzeit geht mal wieder gar nichts auf der Gäubahn. Seit Freitag und noch bis Samstagabend, 5. Juli, ist die Strecke zwischen Herrenberg und Sulz gesperrt, teilweise fahren sogar von Herrenberg bis Rottweil nur Busse. Diese jährlich wiederkehrenden Sperrungen sind ein Problem für sich, noch gravierender wird die Lage jedoch durch eine Wahrnehmung: dass auch schon vor der Sperrung sehr schlechte Zustände auf der Verbindung zwischen Stuttgart, Singen und Zürich herrschten.
So schrieben die Medien der Schweizer Gruppe CH Media zuletzt: „Zwischen Zürich und Stuttgart fährt kaum je ein Zug mehr pünktlich, seit die Deutsche Bahn vor wenigen Wochen auf neues Rollmaterial umgestellt hat.“ Und auch die SBB selbst räumt auf SÜDKURIER-Anfrage ein: „Auf der Linie des IC von Stuttgart über Schaffhausen nach Zürich ist die Qualität momentan nicht ausreichend.“
Auch in Bahnforen wird ein Zusammenhang zwischen der noch gesunkenen Zuverlässigkeit und der Umstellung auf andere Züge diskutiert. All das kommt, nachdem das Nachrichtenmagazin Spiegel noch im Februar über die Gäubahn titelte: „Das ist die pünktlichste Bahnstrecke Deutschlands“ – was allerdings schon damals fragwürdig war.
Der Hintergrund der jetzigen Veränderung ist der Verkauf der gerade erst seit rund zwei Jahren auf der Gäubahn eingesetzten Doppelstockzüge vom Typ Kiss des Schweizer Herstellers Stadler. In ganz Deutschland waren davon 17 Züge unterwegs, eine zu kleine Flotte, um sie dauerhaft zu erhalten, argumentierte die Deutsche Bahn.

Der Verkauf ist mittlerweile vollzogen. Nach einer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU geht die Kiss-Flotte an die ÖBB, die rund 222 Millionen Euro dafür bezahlte, also rund 13 Millionen Euro pro Zug.
Die Bahn hält sich noch bedeckt
Die Deutsche Bahn kann dieses Geld gut gebrauchen, der Qualität auf der Gäubahn ist der Verkauf aber offenbar nicht zuträglich. Aber liegen die Probleme wirklich direkt an den Intercity-2-Modellen des französischen Herstellers Alstom? Die Bahn widerspricht nicht direkt, möchte aber auch keine abschließende Bewertung abgeben. Man könne aufgrund des sehr kurzen Zeitraums seit der Komplettumstellung auf IC2 am 15. Juni noch keine Aussage treffen, erklärt ein Bahnsprecher.
Und was wird gegen die Probleme unternommen? Die SBB sagen, man sei in Austausch mit der Deutschen Bahn, könne aber noch nichts zu konkreten Maßnahmen sagen. Ähnlich hält es die DB. Es seien aber Techniker des Herstellers Alstom in Stuttgart im Einsatz, um kurzfristig auf Störungen reagieren zu können. Wie zuverlässig sie den Betrieb gewährleisten können, wird sich dann wieder ab 6. Juli zeigen.