Schäfer Michael Thonnet steht auf der Weide auf dem Hohentwiel. Ein schwarzer Filzhut ziert seinen Kopf. Ein grauer Mantel liegt um seine Schulter, er stützt sich mit einem Arm auf seinen Stab. An seiner Seite ist Hündin Sue. Auf ein knappes Signal von Thonet hin schießt sie davon: „Sue, geh raus!“ Michael Thonnet ruft immer wieder in die Landschaft hinein. Schließlich sind sie zu hören: Angeführt von einem braunen Schaf stapft die Herde den Singener Hausberg herauf.
Seit Anfang des Monats sind die rund 500 Schafe von Schäfer Michael Thonnet wieder auf der Domäne. Und dieses Jahr ist ein besonderes für Tier und Mensch. Denn nachdem ein verheerender Großbrand im Juli 2019 die große Lagerhalle und den größten Teil des Schafstalles zerstört hatte, gibt es endlich gute Neuigkeiten vom Hohentwiel: „Die Arbeiten am neuen Schafstall befinden sich in der Abschlussphase“, sagt er.
Dabei wirkt der Hohentwiel-Schäfer erleichtert. Eigentlich hätte es keinen dritten Winter ohne Schafstall auf dem Hohentwiel geben sollen, es wurden dann allerdings doch fast drei Jahre.
Der neue Stall bietet viel mehr Platz
Das neue Zuhause für rund 500 Schafe ist mittlerweile schon von weitem zu sehen. „Der Stall wird ein gutes Drittel größer als der alte“, sagt Thonnet während des Besuchs des SÜDKURIER. Er soll nach seiner Fertigstellung 800 Fressplätze umfassen. Die Herde des Hohentwiel-Schäfers solle sich deswegen aber nicht vergrößern.
Der Zugewinn an Platz hänge laut Thonnet auch mit den aktuellen Vorgaben zum Tierwohl zusammen. Parallel zum neuen Schafstall entsteht nur einen Steinwurf entfernt ein neues Gebäude, in dem Stroh und Heu gelagert werden sollen. Auch der alte Lagerbau wurde fast drei Jahren ein Opfer der Flammen.
Gerade kleine Lämmer brauchen einen Stall
Für den Schäfer und seine Familie waren die Jahre ohne Schafstall eine Herausforderung. Auch aus finanzieller Sicht. „Im ersten Jahr ohne Stall haben wir keine Böcke zu den Mutterschafen gelassen“, sagt Hanne Pföst. Dadurch sollte verhindert werden, dass von Weihnachten bis März neuen Lämmer auf die Welt kommen. „Den kleinen Lämmern fehlt gerade am Anfang der Stall“, so Pföst.
Dies habe aber zur Folge gehabt: weniger Lämmer, weniger Einnahmen. Das habe sich dann auch bei der Vermarktung niedergeschlagen. Die Winterzeit sei laut Pföst die Hauptlammzeit. „In einem normalen Winter haben wir 200 bis 250 Lämmer“, sagt sie.

Wer jetzt in den neuen Stall blickt, der kann es schon von weitem Lämmerblöken hören. Die Freude darüber ist auch Schäfer Michael Thonnet anzumerken. „Wir sind wirklich sehr erleichtert, dass wir jetzt den neuen Stall haben“, sagt er.
Gerade mit Blick auf die jungen Lämmer. „Wir können die Lämmer im Stall viel besser versorgen und haben einen besseren Überblick“, so Thonnet weiter.
In den vergangenen Tagen hat ein Mutterschaf Drillinge bekommen, ein weiteres bekam Zwillinge und drei Schafen haben je ein Lämmchen zur Welt gebracht. Auch mit Blick auf die Sicherheit sei der Stall wertvoll. Denn laut Thonnet könne das Gebäude die kleinen Lämmchen vor ihren natürlichen Feinden, etwa den Füchsen, schützen.

Auch mit Blick auf die bald anstehende Schafschur sorgt der neue Stall für Erleichterung. „Zum Scheren muss das Fell der Schafe trocken sein und deshalb kommen wie Schafe gut eine Woche vor der Schur in den Stall“, erklärt Thonnet. Er zeige sich froh darüber, dass die vergangenen Winter relativ mild gewesen seien. „Sonst wäre es gerade für jüngere Tiere schwer geworden“, sagt er.
Modernes Zuhause für die Hohentwiel-Herde
Mit der Fertigstellung des Gebäudes nach fast drei Jahren Obdachlosigkeit erwartet die Herde ein moderner Schafstall samt Futterbändern, die eine gleichzeitige Fütterung garantieren. Ein echter Fortschritt, wie Hanne Pföst schildert: „Einerseits sind Schafe Fluchttiere. Anderseits kann es passieren, dass ein schwaches Tier, wenn zu wenig Platz am Futter- oder Wassertrog ist, zerdrückt wird“, sagt sie. Anders formuliert: In einer Schafherde geht es beim Füttern manchmal schon etwas ruppig zu.