In der Nähe der Paprika-Gewächshäuser sollen sie stehen, hat Michael Thonet am Telefon gesagt. Der Schäfer musste die Tiere vom Berg in die Ebene bringen. 500 Schafe müsste man doch sehen. Aber wo sollen sie sein? Der Blick schweift in die Landschaft. Ein eisiger Wind hat Schnee auf die Straße geweht. Die Sonne bricht durch die Wolken und beleuchtet das Gelände. Weit hinten am Waldrand vielleicht – sind das die Schafe oder ist es eher Schilf? Da kommt auch schon der Schäfer. Also sind wir richtig.

Was so romantisch aussieht, ist in Wirklichkeit ein Kampf mit den Wettergegebenheiten. Nachdem der Schafstall auf dem Hohentwiel im Sommer 2019 abbrannte, müssen die Schafe den zweiten Winter in Folge draußen verbringen.

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Nicht, dass sie das nicht grundsätzlich vertragen könnten; bei Schnee und Eis wird die Futtersuche jedoch zum Problem. „Die Tiere könnten zwar die obere Schneeschicht wegscharren“, erklärt Michael Thonet. „Das würde sie aber zu viel Energie kosten.“ Deshalb kommt der Schäfer jetzt zweimal täglich mit einer großen Futterladung vom Singener Hausberg heruntergefahren.

600 bis 700 Kilogramm Heu und 1800 Kilogramm Silage benötigen die 500 Schafe täglich. Im neuen Stall soll das eines Tages alles viel leichter werden. Dort sind Futtereinrichtungen mit Trögen geplant.

1800 Kilogramm Silage (Bild) und 700 Kilogramm Heu benötigen die 500 Schafe von Michael Thonet im Winter täglich.
1800 Kilogramm Silage (Bild) und 700 Kilogramm Heu benötigen die 500 Schafe von Michael Thonet im Winter täglich. | Bild: Sabine Tesche

Auf dem Hohentwiel können die Schafe im Winter nicht bleiben. Auch ohne Schnee wandert Michael Thonet zwischen Oktober und März mit seiner Herde durch die Hegau-Gemeinden. Hausen, Friedingen, Mühlhausen-Ehingen, Volkertshausen, Aach, Welschingen: Überall sind die wolligen Vierbeiner unterwegs.

Auf den privaten Wiesenflächen genießt der Schäfer Gewohnheitsrecht. In der Aachniederung hat er die Fläche gepachtet, auf der die Tiere jetzt dicht zusammengedrängt stehen. Hier werden sie zur Zeit mit Futter versorgt. Das ist harte Arbeit.

Sorge wegen Tauwetter

Sorgen bereitet dem Schäfer aber die Wettervorhersage für das Wochenende. „Wenn es taut, haben wir ein Problem“, sagt er. „Dann wird es zu nass für die Tiere und das Futter. Dann können sich die Schafe auch nicht mehr hinlegen. Sie würden sehr schnell entkräftet.“ Für Michael Thonet und seine Herde bleibt dann nichts anderes übrig, als auf höher gelegene Weiden weiterzuziehen.

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Oben auf dem Hohentwiel müssen er und Mitpächterin Hanne Pföst immer wieder die Fragen von Besuchern beantworten, wann endlich der neue Ersatzstall gebaut wird. Die Antwort ist im strengen Naturschutzgebiet nicht einfach. Sechs Behörden reden bei der Planung mit. Jetzt habe die Stadt endlich die Baugenehmigung erteilt, sagt Thonet und hofft, dass der Neubau vor dem nächsten Winter fertig wird. Aber das ist noch nicht sicher, weil zuerst die Gelder beim Staatsministerium in Stuttgart freigegeben werden müssen.

Neuer Stall wird deutlich größer

Sicher ist jedoch, dass der neue Stall mit 1460 Quadratmetern um etwa ein Drittel größer wird als der abgebrannte alte. Vor 23 Jahren war es der modernste Schafstall. Doch nun sollen die Tiere mehr Platz bekommen, was vor allem für die Mutterschafe wichtig ist. Der neue Stall muss sich in die Mulde am Hohentwiel einpassen. Das Dach soll begrünt werden, was eine besondere Statik erfordert.

Dass der Schafstall nun schon im zweiten Winter fehlt, hat auch wirtschaftliche Folgen. Der Schäfer hat auf die Winterlammung verzichtet, weil die trächtigen Muttertiere keinen Schutzraum hätten. „Das bedeutet, dass es keine Osterlämmer vom Hohentwiel geben wird“, erklärt Michael Thonet. Normalerweise verkauft er pro Woche zehn Lämmer an die heimischen Metzger.