Der Bauer steht im Stall – aber er melkt nicht die Kühe. Sondern er macht etwas anderes: Er weißelt den Stall. Fragt man ältere Menschen danach, an welchem Tag das gewesen sein muss, kommt die Antwort sofort: „Am Karfreitag!“ Tatsächlich hat man früher auf dem Land am Karfreitag den Stall geweißelt – und als die Landwirtschaft zunehmend eingestellt wurde, hat man an Karfreitag eben die Küche in neues Weiß gekleidet.
Brigitte Gräble, Leiterin der Caritas-Tagespflege St. Wolfgang in Engen hat die Tagespflege-Gäste für den SÜDKURIER nach solchen Traditionen rund um Ostern befragt. Denn wer von den Lebensumständen in vergangenen Jahrzehnten wisse, könne Menschen mit Demenz damit gut abholen. „Am Karfreitag hat es nie Fleisch gegeben. Lieber hat man Karpfen oder Forelle gegessen“, berichtet Gräble weiter.
Frühere Traditionen
Noch mehr von früher hat sie in Erfahrung gebracht: An Palmsonntag habe man im katholisch geprägten Hegau Palmen gestaltet und damit die Häuser dekoriert. Und – in einer Zeit, in der Fleisch noch eine Besonderheit war, gabs am Sonntag einen Braten. „An Ostern gab es früher auch keine Geschenke. Ostern wurde eher als christlicher Feiertag gefeiert“, fasst Gräble zusammen.
Den christlichen Hintergrund von Ostern hat Sebastian Knöbel neulich in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER rund um einen Vortrag zusammengefasst. Knöbel ist Pastoralassistent in den katholischen Pfarreien um Engen und Tengen und an der Robert-Gerwig-Schule in Singen tätig. „Normalerweise leidet Gott nicht, schon gar nicht körperlich. Doch in der Passionszeit denken wir daran, dass er genau das getan hat – um unser Leid zu heilen“, so Knöbel.
Hintergrund von Ostern jungen Menschen oft nicht bekannt
Der älteren Generation sei dieser Hintergrund von Ostern oft bekannt. Jüngere Menschen müssten ihn sich manchmal erst vergegenwärtigen. Thomas Hilsberg ist ehemaliger Pfarrer von Rielasingen-Worblingen und hält heute noch – wenn nicht gerade Corona-Zwangspause ist – Gottesdienste im Servicehaus Sonnenhalde Singen ab.
Er betont im Zusammenhang mit Gottesdiensten oder Andachten für Menschen mit Demenz: „Gottesdienste müssen im Kirchenjahr verortet sein, zum Beispiel an Ostern. Auch Themen wie Tod oder Auferstehung gehören in diese Zeit.“
Basteln darf nicht überfordern
Auch beim gemeinsamen Basteln kann man auf die Jahreszeit und die derzeitigen Feste eingehen. Sharon Probst unterstützt als Pflegefach- und Betreuungskraft eine Bastelgruppe im Emil-Sräga-Haus. Gemeinsam mit den Bewohnern hat sie gerade aus Waschlappen 70 Osterhasen gebastelt – für jeden Heimbewohner einen.
Sie hat Erfahrungen beim Basteln mit Senioren gesammelt. Besonders für diejenigen, die in der Gruppe von einer Demenz betroffen sind, gilt nach ihrer Erfahrung: „Die Teilnehmer sollen nicht überfordert werden, sonst macht das Basteln keinen Spaß mehr“, betont sie.
In kleinen Gruppen zusammen zu basteln, habe sich bewährt. Oft gebe es nur einen Arbeitsschritt zu tun. „Sehr wertvoll ist es, wenn man auch beim Basteln auf das zurückgreift, was von der Biografie her bekannt ist“, so Probst. Jahreszeiten und Feste wie Ostern böten oft einen Bezug zum Leben des Gegenübers. Und, ganz wichtig findet sie: „Es geht nicht um Ergebnisse – es geht darum, dass die Bewohner Freude am Basteln haben.“
Wie Osterhasen aus Waschlappen entstehen
Die Hasen bestehen jeweils aus einem Waschlappen, der an verschiedenen Stellen zusammengebunden wird. Und wenn er ein Schlappohr haben soll, kann man oben das Ohr auch nochmal in der Mitte zusammenbinden, wie eine Bewohnerin in der Bastelrunde des Emil-Sräga-Hauses erläuterte.

Statt Bindfaden für den Schnurrbart könne man die Haare eines Besens verwenden – die stünden besser ab, verrät sie. Die Augen können aufgemalt oder mit Tonpapier geklebt werden. Es gebe auch fertige Augen zu kaufen.
Ostereier färben
Auch Ostereier werden gemeinsam mit den Senioren gefärbt. Dazu brauche man einen Perlonstrumpf, heißes Wasser und ein paar Blätter von einem Baum oder Strauch, wie man in der Bastelgruppe des Emil-Sräga-Hauses erfährt. Wasser werde im Topf zum Kochen gebracht. Sollen die Eier gelb werden, koche man gelbe Zwiebelschalen mit.
Für rote Eier verwende man rote Zwiebelschalen. Oder Rote Beete. „Rahnen“, wie die Heimbewohnerin diese im hiesigen Dialekt nennt. Die Blätter würden auf die Eier gelegt und mit dem Damenstrumpf fixiert. Wird er dann im Wasser gekocht, bleibe die Fläche unter dem Blatt weiß – und rings herum habe das Ei das Rot oder Gelb der natürlichen Färbemittel angenommen.