Die Gesundheitsversorgung im Landkreis ist seit Langem ein quälendes Thema auf der Agenda des Landkreises und der Städte. Mit den Krankenhäusern in Singen und Konstanz hat der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz zwei Kliniken mit verschiedenen Fachrichtungen in der Region etabliert. Doch ein Gutachten hat alles auf den Kopf gestellt: ein neuer Klinikstandort in der Mitte des Landkreises wird heiß diskutiert, das Radolfzeller Krankenhaus ist seit Ende Juni geschlossen. Das reißt eine Lücke in die bisherige Versorgung. Wie ist die Lage im Singener Klinikum, seit das Krankenhaus in Radolfzell geschlossen hat? Muss man nun noch länger in der Notaufnahme warten? Der SÜDKURIER hat nachgefragt.

Personal wird auf die Standorte verteilt

Die Schließung des Radolfzeller Krankenhauses zum 30. Juni hat laut Rebecca Sellmann, Kaufmännische Direktorin des Singener Krankenhauses, einige Veränderungen mit sich gebracht. Die gute Nachricht: „90 Prozent des Personals konnte im Verbund gehalten werden, welches nun annähernd gleichmäßig auf die Klinikstandorte Singen und Konstanz aufgeteilt ist“, teilt Sellmann auf Nachfrage mit. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten ihren Arbeitsvertrag in unveränderter Form behalten

„Die Integration der Abteilungen Innere Medizin mit der Diabetologie nach Singen und dem AOZ nach Engen brachte einige ...
„Die Integration der Abteilungen Innere Medizin mit der Diabetologie nach Singen und dem AOZ nach Engen brachte einige Veränderungen mit sich.“ Rebecca Sellmann, Kaufmännische Direktorin des Hegau-Bodensee-Klinikums | Bild: Alexander Stertzik

In der Praxis sieht das so aus: Die Abteilung der Allgemeinen Inneren Medizin mit dem Schwerpunkt Diabetologie, inklusive Fußzentrum, wird seit der Schließung des Radolfzeller Krankenhauses in Singen fortgeführt. „Die Teams der Internistischen Stationen fusionierten und zogen auf eine bis dahin leer stehende Station“, informiert die kaufmännische Direktorin. Zudem wurde die so genannte Decision Unit (DCU) mit einem Team aus Radolfzell besetzt. „Die DCU ist Teil der Zentralen Notaufnahme und versorgt Patienten mit kurzer Aufenthaltsdauer beziehungsweise bis zur Abklärung, auf welche Abteilung der Patienten verlegt wird“, erläutert Sellmann.

Das könnte Sie auch interessieren

Das Ambulante Operationszentrum (AOZ) wurde indes primär nach Engen verlagert ins medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Aus den zuvor getrennten Bereichen wurde demnach ein gemeinsames AOZ gebildet. „Die Integration der Abteilungen führte insgesamt zu verbesserten Arbeitsabläufen“, fasst es Rebecca Sellmann zusammen. Die Geriatrie – also der Bereich, der sich auf Patienten ab 65 Jahren konzentriert – wurde komplett nach Konstanz verlegt.

Immer mehr Patienten kommen in die Notaufnahme

Allerdings verschärfe sich weiterhin die Situation in der Notaufnahme. „Es lässt sich beobachten, dass die Anzahl der Patienten, die die Notaufnahme aufsuchen, kontinuierlich ansteigt“, sagt Rebecca Sellmann. Dies sei aber laut der kaufmännischen Direktorin nicht explizit darauf zurückführen, dass das Radolfzeller Krankenhaus geschlossen wurde, sondern auf die gesamte Versorgungssituation im Gesundheitswesen. Sie sagt: „Trotz der Schließung von Radolfzell konnten wir bisher keinen signifikanten Anstieg feststellen.“

Dennoch reißt die Krankenhaus-Schließung in Radolfzell eine große Lücke auf vielen Ebenen auf. Denn mit dem Ende des Krankenhauses verlieren die Radolfzellerinnen und Radolfzeller nicht nur einen wichtigen Teil der gesundheitlichen Versorgung, sondern auch ein Stück Geschichte: Das Krankenhaus gab es seit 117 Jahren auf der Mettnau.

Der Landkreis Konstanz plant derweil den Bau eines neuen Zentralkrankenhauses für den Gesundheitsverbund: Noch 2023 soll die Entscheidung fallen, wo das neue Klinikum gebaut werden soll. Die Stadt Radolfzell hat zwei Vorschläge eingereicht und auch Singen bietet zwei Flächen an – den zweiten Vorschlag hat die Stadt Singen kurz vor Ablauf der Frist eingereicht.

Das könnte Sie auch interessieren

Bestehendes Klinikum ist nicht zukunftsfähig

Eine Sanierung des bestehenden Krankenhauses in Singen ist derweil so gut wie vom Tisch: Gutachter raten davon ab, weil mindestens 244 Millionen Euro dafür investiert werden müssten. „Man kann ein Haus mit so langen Gängen nicht zukunftsfähig sanieren“, stellte auch Oberbürgermeister Bernd Häusler fest. Bleibt also nur ein Neubau. Vielleicht auf einem der beiden Grundstücke, welche die Stadt Singen für den neuen Klinikstandort ins Rennen geschickt hat.