Die Neurochirurgie in Singen hat zuletzt für einiges Getöse gesorgt – nun dürfte die medizinische Disziplin, die für die Versorgung von Patienten über die Region hinaus wichtig ist, wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Das Neurochirurgie-Team des Krankenhauses um Chefarzt Sven Gläsker wächst jedenfalls. Und auch der niedergelassene Neurochirurg Aram Bani, der bis Ende März die neurochirurgische Versorgung am Krankenhaus per Kooperationsvertrag übernommen hat, hat seine neue Praxis eröffnet.

Zusätzlich zum Chefarzt gebe es inzwischen vier weitere Neurochirurgie-Oberärzte am Singener Krankenhaus, schreibt Bernd Sieber, Geschäftsführer des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN), auf Anfrage. Das Krankenhaus in Singen gehört zum GLKN. Der Einstellungsprozess mit Assistenzärzten laufe derzeit, so Sieber weiter: „Der Aufbau des Ärzteteams erfolgt damit wie geplant.“
Krankenhaus will eigene Hauptabteilung aufbauen
Doch das Krankenhaus will noch mehr Neurochirurgie anbieten, etwa sogenannte elektive, also planbare, Eingriffe, die über die Notfallversorgung hinausgehen. Ein Blick in die Abrechnungstabellen für Krankenhäuser zeigt, dass in diesem Bereich hohe Umsätze erzielt werden können. Allerdings stehen diesen auch hohe Kosten gegenüber.
Dafür will das Krankenhaus eine eigene Hauptabteilung einrichten, denn nur damit könne man solche Eingriffe auch mit den Krankenkassen abrechnen, hatte Sieber bereits bei früherer Gelegenheit erklärt. Dass der GLKN beim Landessozialministerium einen Antrag dafür gestellt hat, machte der Geschäftsführer im Mai bei einem Pressetermin öffentlich. Derzeit befinde sich dieser Antrag in der Prüfung, erklärt Sieber nun: „Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist nicht absehbar.“

Dass der Antrag aus Singen eingegangen ist und geprüft wird, bestätigt Markus Jox, Leiter der Presseabteilung beim Sozialministerium in Stuttgart. Doch er schreibt auch: „Zum konkreten Stand aktuell noch laufender Verwaltungsverfahren können wir grundsätzlich keine Auskunft erteilen.“ Ein wenig lässt sich Jox aber doch in die Karten blicken. Es würden „alle betroffenen Belange und Interessen“ abgewogen und sorgfältig geprüft, wenn es darum gehe, regionale Versorgung zu optimieren und „neue Strukturen in historisch gewachsene Versorgungsgebiete“ zu integrieren, schreibt er weiter. Das lässt sich im Klartext am ehesten so übersetzen: Ehe einem Krankenhaus etwas Neues erlaubt wird, schaut man sehr genau hin.
Entscheidung des Sozialministeriums dauert noch
Dazu passt auch eine weitere Antwort von Jox. Auf die Frage, ob auch die benachbarten Kliniken, die neurochirurgische Versorgung anbieten, für die Entscheidung angehört werden, schreibt er: „Daher werden im Zuge der Antragsprüfung auch die bisherige Versorgung von Notfällen im Landkreis und das Verlegungsgeschehen betrachtet.“ Es wird also auch geschaut, ob eine Neuerung wirklich notwendig ist.
Laut GLKN-Geschäftsführer Sieber mache Chefarzt Sven Gläsker neben dem stationären Betrieb zudem eine umfassende Selbstzahler- und Privatsprechstunde und werde auf spezielle Einweisung ambulant tätig. Mit der Entwicklung der Sektion Neurochirurgie sei das Krankenhaus jedenfalls sehr zufrieden, die Rückmeldungen seien positiv, schreibt GLKN-Geschäftsführer Sieber weiter.
Zufrieden äußert sich auch Aram Bani. Der niedergelassene Neurochirurg hat am 21. August, also vor etwa einem Monat, seine neue Praxis in der Kreuzensteinstraße eröffnet. Die bislang noch vom Krankenhaus gemieteten Räume seien schon leer, sagt Juliane Bani, die als Praxismanagerin bei ihrem Mann arbeitet. Zum Ende des Monats gebe es eine Übergabe. Das Krankenhaus hatte den Mietvertrag gekündigt, nachdem sich Bani juristisch gegen die Kündigung der Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus gewehrt hat. Ein Rechtsstreit ist anhängig.
Auch der Umbau des Operationstrakts in der Kreuzensteinstraße gehe nun auf die Zielgerade, sagt Juliane Bani. Ab Anfang Oktober wolle er dort erste Eingriffe machen, erklärt Aram Bani – zunächst nur kleine Dinge, später sollen auch größere Eingriffe möglich werden. Doch das hänge noch davon ab, dass eine bereits bestellte neue Lüftungsanlage eingebaut wird, durch die der Raum komplett geschlossen bleiben kann, sagt der Arzt. Dann werde aus dem bisherigen Eingriffsraum ein Operationssaal, in dem man alles machen dürfe außer Operationen am offenen Herzen. Wenn der Betrieb dort eingespielt sei, soll dieser Saal auch an andere Ärzte vermietet werden.
Durch die zunehmende Ambulantisierung der Medizin rechnet sich Bani gute Chancen für sein Angebot aus. Ein großer Teil der neurochirurgischen Eingriffe könne ohne oder mit nur einer Übernachtung gemacht werden, was in der Praxis möglich sein soll. Dennoch strebe er weiterhin an, auch größere Operationen in einem Krankenhaus zu machen. Eine spruchreife Lösung kann er aber vorerst nicht präsentieren. Möglichkeiten gebe es, allerdings kein Personal für den Operationssaal, sagt Bani. Das müsste er ins Krankenhaus mitbringen, brauche es aber zunächst selbst.