Die Omikron-Variante des Coronavirus ist mit Macht im Hegau angekommen. Das zeigen die Zahlen des Singener Labors Dr. Blessing. „Der Anteil der Omikron-Variante an den positiven Tests lag der laborinternen Statistik zufolge am 24. Dezember noch bei knapp fünf Prozent und stieg dann mit einer rasanten Verdoppelungsrate bis zum heutigen Wert von 85 Prozent an“, so Professor Frithjof Blessing, der mit seinem Vater Josef Blessing das Labor leitet. Bereits rund 80 Prozent der positiven PCR-Tests waren am vergangenen Freitag der Omikron-Variante zuzuschreiben. Der Rest der positiven Tests gehörten zur Delta-Variante.
Während im Oktober und November die Arbeitsbelastung im Labor hoch gewesen sei, war es über die Feiertage etwas ruhiger. Doch jetzt geht der Laborleiter davon aus, dass die Zahl der Tests weiter ansteigen wird. Rund 1500 bis 1600 Tests würden derzeit täglich untersucht, das Labor habe einen Spät- und Wochenenddienst eingerichtet, um dem Testaufkommen Herr zu werden. Außerdem würden Mitarbeiter aus anderen Laborbereichen für die PCR-Testungen abgestellt. Zum Vergleich: In der ersten Phase der Pandemie seien es rund 300 bis 400 PCR-Tests am Tag gewesen.
Positive Nachweise werden typisiert
Das Labor Dr. Blessing beschäftigt rund 100 Mitarbeiter. Sein Einzugsgebiet reicht vom Landkreis Konstanz über den Schwarzwald bis Waldshut. Alle positiven Nachweise würden typisiert, so Blessing. Das heißt, es werde mit einer zweiten Untersuchung herausgefunden, um welche Variante es sich handelt. Derzeit sei das Arbeitsaufkommen noch zu bewältigen, doch wenn die Zahl der Infizierten immer weiter steige, komme auch das Labor irgendwann an seine Grenzen. Anders als zum Beispiel Schnelltestzentren, die je nach Bedarf auf- und wieder zumachen könnten, könne das Labor seine Kapazitäten nicht beliebig erweitern. Hinzu komme, dass die normale Diagnostik des Labors weiterlaufen müsse und aufgrund der Coronavirus-Diagnostik nicht zurückgeschraubt werden könne, erklärt Frithjof Blessing.
Schnelltests an Schulen sind praktikabel
Das Labor hätte die Möglichkeit und die Kapazität, Pool-Tests von Kindergärten und Schulen zu untersuchen. Es würden auch schon Lolli-Tests untersucht, so Blessing. Allerdings wäre es seiner Ansicht nach sinnvoll, nach und nach damit anzufangen, da das Verfahren aufwändiger ist. Wenn ein Test positiv sei, müssten alle Kinder dieses Pools noch einen PCR-Test machen, um zu sehen, wer infiziert ist. „Bei einem Schnelltest hat man gleich ein Ergebnis, auch wenn das aus Laborsicht nicht so zuverlässig ist. Aber man muss dann sowieso noch einen PCR-Test machen“, so der Laborleiter. Deshalb hält er die Schnelltests an Schulen und Kitas für eine praktikable Lösung.
Omikron wird sich durchsetzen
Mit Blick auf die nächsten Monate erwartet Blessing, dass sich die Omikron-Variante durchsetzen wird. „Februar, März und April wird die Zahl der Infizierten weiter steigen“, so seine Prognose. Im Sommer, so die Erfahrung aus dem vergangenen Jahr, ging das Infektionsgeschehen zurück. Wie sich das Testgeschehen entwickle, hänge auch davon ab, wie viele Patienten im Krankenhaus behandelt werden müssten. Denn das erhöhe den Druck, möglichst viele Menschen zu testen. Wenn die Zahl der zu untersuchenden Tests weiter steige, könne er sich auch vorstellen, dass man nicht mehr mit einem zweiten Test die Variante prüft. Er hoffe für die Zukunft, dass sich durch eine möglichst hohe Impfquote und viele durchgemachte Infekte die Situation entspanne.
Neue Varianten des Coronavirus kann das Labor mit einer Vollgenomsequenzierung feststellen. Das sei ein Verfahren, mit dem die feinen Unterschiede zwischen den Virusvarianten untersucht werden können, so Blessing. Mit diesen Daten lassen sich dann positive PCR-Tests auf die neue Variante untersuchen.
Dem Coronavirus auf der Spur
- .Was leistet eine Vollgenomsequenzierung? Mit der Vollgenomsequenzierung werden alle Erbinformationen einer Zelle entschlüsselt. So können neue Varianten des Coronavirus identifiziert werden. Dadurch sollen laut Bundesgesundheitsministerium systematisch die Eigenschaften der Virusvarianten bestimmt und erforscht werden, sodass auch gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens ergriffen werden können. Um die Verbreitung und Evolution zu verfolgen und das Auftreten neuer Virusmutationen frühzeitig zu erkennen, sei es notwendig, eine ausreichend hohe Zahl von möglichst repräsentativ erhobenen Genomsequenzdaten beim Robert-Koch-Institut (RKI) zu sammeln und zu analysieren. Entsprechend ausgestattete Labore dürfen diese Bestimmung bei einem bestimmten Anteil von positiven PCR-Tests vornehmen.
- .Was sind Pool-Tests? Bei einem Pool-Test lutschen Kinder und Betreuungspersonal einer Gruppe laut RKI 30 Sekunden an einem Tupfer (Lolli-Test). Die Tupfer mit den Speichelproben werden in einem gemeinsamen Röhrchen (Pool) gesammelt und ins Labor geschickt. Bei einem negativen Testergebnis darf die Gruppe am nächsten Tag wieder in die Einrichtung. Bei einem positiven Testergebnis müssen alle Gruppenmitglieder zu Hause bleiben und jeweils einen PCR-Test machen.