Die Zahl der Schüler steigt, an Lehrkräften mangelt es weiterhin und es gibt viele Unwägbarkeiten: Schulleiter stehen vor vielen Herausforderungen, da macht der Beginn des Schuljahres in diesem September keinen Unterschied zu den zurückliegenden Schulanfängen. So ist die Lage in Singen und dem Hegau.

„Die Prognosen mit sinkenden Schülerzahlen sind so nicht eingetroffen“, beobachtet Anja Claßen, Leiterin der Grundschule Waldeckschule und geschäftsführende Schulleiterin in Singen. An ihrer Schule werden etwa 130 Kinder eingeschult, was fünf Klassen ergibt. „Das ist eine sehr hohe Zahl“, so Claßen. Und auch die anderen Schulen in ihrem Zuständigkeitsbereich – die allgemeinbildenden Schulen in Singen, die Wessenbergschule, aber nicht die Gymnasien – hätten sehr hohe Anmeldezahlen. Trotzdem gehe die Lehrerversorgung im Grundschulbereich zu Anfang des Schuljahres auf. Doch für spätere Ausfälle sei kein Polster vorhanden.

„Die Prognosen mit sinkenden Schülerzahlen sind so nicht eingetroffen.“ Anja Claßen, Leiterin der Waldeckschule und ...
„Die Prognosen mit sinkenden Schülerzahlen sind so nicht eingetroffen.“ Anja Claßen, Leiterin der Waldeckschule und geschäftsführende Schulleiterin in Singens | Bild: Freißmann, Stephan

Um den Pflichtunterricht abzudecken, würden zudem auch Quereinsteiger beschäftigt, an der Waldeckschule etwa für Deutsch als Zweitsprache in einer Vorbereitungsklasse (VKL) für Kinder mit Migrationshintergrund. Der starke Zuzug von Familien aus dem Ausland ist in Claßens Augen ein Faktor für steigende Schülerzahlen – sei es durch Zuzug von Fachkräften oder durch Flucht und Vertreibung.

Und laut ihrer Beobachtung wirken auch die Bestrebungen der Politik, Familie und Beruf besser vereinbaren zu können – Familien hätten wieder mehr Kinder. Doch sie fragt sich auch: „Hat die Politik nicht damit gerechnet, dass das wirkt?“

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Besserung an der Zeppelin-Realschule

Johannes Briechle, Leiter der Zeppelin-Realschule, ist wenige Tage vor dem Start ins neue Schuljahr entspannt. Der Grund: Die Lehrerversorgung an seiner Schule habe sich im Vergleich zum Vorjahr verbessert. „Wir können richtig gut starten“, sagt er. Von einem Lehrer-Engpass ist an der Zeppelin-Realschule in diesem Jahr nichts zu spüren. Im Gegenteil. „Unser Angebot geht in diesem Jahr weit über den Pflichtunterricht hinaus“, so Briechle.

„Unser Angebot geht in diesem Jahr weit über den Pflichtunterricht hinaus.“ Johannes Briechle, Leiter der ...
„Unser Angebot geht in diesem Jahr weit über den Pflichtunterricht hinaus.“ Johannes Briechle, Leiter der Zeppelin-Realschule in Singen | Bild: Stefan R. Kirsch

So können in diesem Jahr auch wieder AGs oder die Ausbildung zu Streitschlichtern angeboten werden. Dies habe im vergangenen Schuljahr noch anders ausgesehen: „Dort hatten wir Schwierigkeiten, den Pflichtunterricht abzudecken“, so Briechle weiter.

Woran das liegt? Zum einen an neuen Lehrern, zum anderen seien laut Briechle auch Lehrkräfte etwa aus der Elternzeit zurückgekehrt. Aber der Schulleiter sagt auch: Die aktuelle Situation sei nur eine Momentaufnahme und könne sich im Laufe des Schuljahres wieder verändern.

Am Engener Gymnasium ist die Lehrerversorgung weiter gut

„Es könnte besser sein, aber es ist nicht so dramatisch wie an anderen Schulen“, fasst Thomas Umbscheiden, Leiter des Engener Gymnasiums, die Lehrerversorgung für das kommende Schuljahr zusammen. „Wir haben eine Abdeckung von 98 Prozent“, verdeutlicht er. Im vergangenen Schuljahr sei das Gymnasium sehr gut versorgt gewesen. Jetzt habe er aber zwei Lehrkräfte nach Radolfzell abgeben müssen, berichtet der Schulleiter.

Eng ist es bei den Fächern Religion und Kunst. „In Kunst haben wir die Stunden reduziert, damit es hinhaut“, erklärt der Schulleiter. Durch das kleinere Kollegium seien in diesem Schuljahr weniger AG-Angebote möglich. Hierfür würden nun Eltern angefragt.

„Es könnte besser sein, aber es ist nicht so dramatisch wie an anderen Schulen.“ Thomas Umbscheiden, Leiter des Gymnasiums Engen
„Es könnte besser sein, aber es ist nicht so dramatisch wie an anderen Schulen.“ Thomas Umbscheiden, Leiter des Gymnasiums Engen | Bild: Kerle, Helene

Zufrieden ist Umbscheiden mit der Situation der VKL an seiner Schule. Hier erlernen 23 ukrainische und einige russische Schüler die deutsche Sprache neben dem normalen Unterricht. Viele der Schüler könnten nun schon benotet werden, das sei ein echter Fortschritt.

Kritik übt Umbscheiden hingegen auf Nachfrage an der Werbekampagne des Landes für Quereinsteiger in den Lehrerberuf. Und das nicht etwa wegen des unglücklichen Werbespruchs. „Das sind verschossene Millionen“, sagt er zur Kampagne. Die hätte man besser in eine anständige Bezahlung der Quereinsteiger gesteckt, ist seine Meinung. Dringend benötigte, zusätzliche Lehrkräfte bekomme man so definitiv keine.

In Rielasingen-Worblingen darf niemand krank werden

Birgit Steiner äußert sich zufrieden über die Situation im kommenden Schuljahr. „Wir können alle Pflichtbereiche abdecken“, berichtet die Leiterin der Ten-Brink-Schule und geschäftsführende Schulleiterin in Rielasingen-Worblingen. Schwierig könnte es werden, wenn es Krankenstände unter den Lehrern gibt. Dass Flexibilität oberstes Gebot an der Schule ist, erklärt Steiner auch: „Der Kollege, der die Stundenpläne erstellt, hat in dieser Woche schon sieben verschiedene Pläne gemacht.“

„Der Kollege, der die Stundenpläne erstellt, hat in dieser Woche schon sieben verschiedene Pläne gemacht.“ Birgit Steiner, ...
„Der Kollege, der die Stundenpläne erstellt, hat in dieser Woche schon sieben verschiedene Pläne gemacht.“ Birgit Steiner, Leiterin der Ten-Brink-Schule in Rielasingen-Worblingen | Bild: Ingeborg Meier

Gedanken macht sich die geschäftsführende Schulleiterin eher mit Blick auf die Flüchtlingskinder, von denen immer mehr in der Rielasinger Leichtbauhalle ankommen: „Wir wissen einfach nicht, wie viele Kinder an den Schulen unterzubringen sind.“ Sie sollen in speziellen Sprachfördergruppen Deutsch lernen. Aber auch für diese sind die Lehrkapazitäten begrenzt.

Unsicherheit macht Planung schwer

Auch an der Hebelschule, der Grundschule in Gottmadingen, gibt es Unsicherheit in dieser Hinsicht. Die Schule unterhalte eine Vorbereitungsklasse (VKL) in der Flüchtlingsunterkunft in der alten Eichendorff-Schule, sagt Leiterin Anja Abert. Nach jetzigem Stand seien dort 18 Kinder, doch so ganz klar sei das noch nicht.

An der Hebelschule ist eine Quereinsteigerin für den Deutschunterricht in der VKL in der alten Eichendorff-Schule eingesetzt. Die Frau stamme aus dem Iran, sei schon seit Jahrzehnten hier und habe die entsprechenden Fortbildungen bekommen, so Abert. Das sei ein tolles Vorbild für die Kinder, ebenso wie der pädagogische Assistent, der im Rollstuhl sitzt. In Gottmadingen werde diese Stelle aus dem Programm Rückenwind finanziert. „Wir haben ein tolles Team“, sagt die Schulleiterin.

„Wir haben ein tolles Team.“ Anja Abert, Leiterin der Hebelschule in Gottmadingen – die analoge Stundentafel an der ...
„Wir haben ein tolles Team.“ Anja Abert, Leiterin der Hebelschule in Gottmadingen – die analoge Stundentafel an der Wand gebe es nur noch zur Unterstützung der Planung, so Abert. | Bild: Freißmann, Stephan

Die Lehrerversorgung bezeichnet sie noch als gut, auch wenn ein Vertretungslehrer kurzfristig an eine andere Schule gegangen sei. Der Pflichtunterricht könne stattfinden, doch Ausfälle wegen Schwangerschaft zeichneten sich ab. Und Personal als Ersatz gebe es nicht.

Den Schulsanitätsdienst könne man an allen Standorten der Schule – neben Gottmadingen sind das Randegg und Bietingen – aus den Regelstunden als AG anbieten, weitere AGs kommen etwa über Kooperationen mit Vereinen zustande. Die Zahl von 89 neuen Erstklässlern bezeichnet Anja Abert als moderat. Das führt zu drei ersten Klassen in Gottmadingen und je einer in den Außenstellen.