Wer für die Medizin durchleuchtet wird, bekommt dafür möglicherweise ein Mittel aus Singen. Genauer gesagt von der Firma Bipso im Singener Industriegebiet. Denn Bipso stellt Kontrastmittel her, die beim Röntgen, im Computertomografen (CT) oder in der Magnetresonanztomografie (MRT) angewendet werden. Das klingt zunächst einmal sehr technisch und den wenigsten Patienten dürfte der Name Bipso geläufig sein. Denn die Medikamente, die dort hergestellt werden, werden den Patienten in der Regel gespritzt, damit sie in die Blutbahn kommen. Das Päckchen mit dem Markennamen bekommen also hauptsächlich die Ärzte und Mitarbeiter zu sehen, die die Aufnahmen machen. Doch mit Kontrastmitteln könne man deutlich feinere Strukturen im menschlichen Körper sichtbar machen als ohne, sagt Thomas Hapig, technischer Leiter von Bipso, bei einem Pressetermin.

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In diesem speziellen Segment sind die Singener ein großer Marktteilnehmer. Weltweit etwa ein Drittel aller Kontrastmittel wird laut Unternehmensangaben in Singen hergestellt. Die Produkte aus dem Singener Industriegebiet werden in etwa 100 Ländern vertrieben, sagt Bipso-Geschäftsführer Reinhard Adam bei einem Pressetermin. Eine Besonderheit des Unternehmens sei, dass die Lieferkette rein europäisch sei. Denn den Wirkstoff für die Produkte beziehe man vom italienischen Mutterkonzern Bracco, sagt Adam. Unterm Hohentwiel werde daraus das Präparat. Und: Neben Bipso würde nur Bayer Kontrastmittel in Deutschland produzieren.

Die europäische Lieferkette zahle sich jetzt aus. Denn bei dem großen amerikanischen Konkurrenten General Electric sei ein Werk in Shanghai wegen der chinesischen Null-Covid-Strategie zeitweise geschlossen gewesen. Das habe zu Schwierigkeiten bei medizinischen Untersuchungen in den USA geführt, so Reinhard Adam.

Der weltweite Markt für Kontrastmittel wächst

Der Geschäftsführer sieht einen weltweit wachsenden Markt für die Bipso-Produkte. Denn mit zunehmendem Wohlstand könne sich ein immer größerer Anteil der Weltbevölkerung teure medizinische Verfahren leisten – für die man unter anderem Kontrastmittel braucht. Langfristig gebe es im Singener Werk daher eine Aufwärts-Entwicklung. Doch derzeit gibt es auch Sorgen bei dem Unternehmen. Nicht nur, dass allgemein die Kosten für Verbrauchsmittel wie Medizinfläschchen steigen, wie Adam erklärt: „Die Verfügbarkeit ist das Problem.“

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Das habe mit der Corona-Pandemie zu tun: Das Wachstum bei der Impfstoff-Produktion sorge für Knappheit am Markt. Denn auch Bipso verpackt seine Produkte in diesen Fläschchen – und zwar in etwa 22 Millionen Stück im Jahr.

Ein Blick auf die Anlage, die den größten Teil der Spurenstoffe aus dem Abwasser zurückhält.
Ein Blick auf die Anlage, die den größten Teil der Spurenstoffe aus dem Abwasser zurückhält. | Bild: Freißmann, Stephan

Bei der Produktion der Kontrastmittel fällt allerdings auch Abwasser an. Und das Abwasser war der Grund, warum das Unternehmen überhaupt zum Pressetermin eingeladen hatte. Denn seit etwa einem Jahr läuft auf dem Werksgelände im Singener Industriegebiet eine neue Anlage, die deutlich mehr Spurenstoffe aus dem Abwasser herausholt, als es bisher der Fall war. Denn die Kontrastmittel funktionieren mit Jod bei Röntgen und CT. Bei der MRT werden Substanzen eingesetzt, die das chemische Element Gadolinium enthalten.

96,5 Prozent der angelieferten Spurenstoffe wandern bei Bipso ins Produkt, wie Geschäftsführer Adam erklärt. Etwa drei Prozent würden in Proben und Rückstellmustern zurückbehalten, mit denen die Qualität der sterilen Arzneimittel geprüft werden kann. Und das letzte halbe Prozent, das zum Beispiel durch Waschwasser entsteht, das sei bislang im Abwasser gelandet.

Neue Anlage kann 15 bis 16 Tonnen Kontrastmittel im Jahr zurückhalten

Doch dort sollen sie möglichst nicht hin, sagt Thomas Hapig, technischer Leiter bei Bipso. Denn die Stoffe seien als wassergefährdend eingestuft. Und die Kontrastmittel müssen extrem stabil sein, erklärt Reinhard Adam. Schließlich sollen sie im Körper ihre Funktion erfüllen und danach ausgeschieden werden, ohne weitere Reaktionen hervorzurufen. Und stabil bleiben sie dann eben auch im Abwasser. Die Lösung, um den Anteil an Spurenstoffen zu senken, die ins Abwasser gelangen, lag für Bipso in einem technischen Verfahren mit dem sperrigen Namen Umkehr-Osmose. Etwa 1,5 Millionen Euro habe das Unternehmen für die Anlage investiert, sagt der Geschäftsführer.

Wie funktioniert das Ganze und was bringt es? Bipso-Geschäftsführer Reinhard Adam erklärt, Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler hört zu.
Wie funktioniert das Ganze und was bringt es? Bipso-Geschäftsführer Reinhard Adam erklärt, Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler hört zu. | Bild: Freißmann, Stephan

Vereinfacht gesagt, funktioniert das so, dass extrem feine Filter nur die Wassermoleküle durchlassen. Die größeren Moleküle der Spurenstoffe werden zurückgehalten, erklärt Hapig. So werden etwa 15 bis 16 Tonnen Kontrastmittel im Jahr aus dem Abwasser gefiltert, sagt Geschäftsführer Adam. Diese würden stärker konzentriert und zum Recycling an den Mutterkonzern Bracco in Italien gehen. Etwa acht Tonnen Jod würden daraus wieder entstehen.

Seit etwa einem Jahr laufe die Anlage, so Adam, Corona-bedingt werde die Inbetriebnahme aber erst jetzt gefeiert. Nun würden nur noch 0,05 Prozent der Spurenstoffe ins Abwasser gehen, erklärt Reinhard Adam. Und auch die Proben würden wieder ins Recycling wandern, wenn man sie nicht mehr brauche.

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Dass nun weniger Spurenstoffe ins Abwasser gelangen, freut auch Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler. Denn die Abwasserbeseitigung liegt in kommunaler Hand. In den Kläranlagen sei der Aufwand hoch, daher sei es sehr wichtig, dass schon am Standort möglichst viele Stoffe zurückgehalten werden.