Sie sind jetzt schon seit über 30 Jahren bei der Stadt Singen. Angefangen hat alles 1994 mit einem Praktikum. Warum sind Sie gern Oberbürgermeister in Singen?
(lacht) Gute Frage. Also einmal ist es meine Heimatstadt. Ich bin mit der Stadt tief verwurzelt, bin hier aufgewachsen, zur Schule gegangen, habe hier Fußball gespielt und habe meine komplette berufliche Laufbahn bei der Stadtverwaltung Singen gemacht. Ich wollte nie weg, weil ich diese Stadt einfach liebe. Es ist ein großes Glück für mich, dass ich es bis zum OB geschafft habe. Das habe ich mir nie erträumt.
Die Stadt Singen muss sparen, will aber auch die dreiteilige Sporthalle, Hallenbad und Feuerwehrgerätehäuser. Was kann sich die Stadt noch leisten?
Wir können uns schon noch etwas leisten, das haben wir auch in der mittelfristigen Finanzplanung dokumentiert. Aber es sind unglaublich viele Herausforderungen und gesetzliche Ansprüche, die wir erfüllen müssen. Rechtsanspruch für den Grundschulbereich, G9, die Entwicklung der Start-Chancen-Schulen. Wir haben den Rechtsanspruch im Bereich Kindertageseinrichtungen. Wir müssen Prioritäten setzen. Deswegen sind Themen wie die dreiteilige Sporthalle oder Feuerwehrgerätehaus im Augenblick nicht darstellbar. Das Geld haben wir einfach nicht.
Zumal wir jetzt über 13 Millionen Euro in die Erweiterungen der Zeppelin-Realschule und der Hardtschule investieren. Auf der anderen Seite müssen wir noch Feuerwehrgerätehäuser auf den Ortsteilen optimieren. Zum einen den Neubau in Friedingen, den wir dringend umsetzen müssen, weil die Räume für die Fahrzeuge zu klein sind. Auch in Überlingen am Ried ist das Platzangebot nicht ausreichend. Beides würde ich gerne 2026 und 2027 in Angriff nehmen.
Ob es funktioniert, hängt davon ab, wie sich in den nächsten Monaten unsere Haushaltslage entwickelt. Hier ist auch wichtig: Was braucht der Kreis künftig an Geld?
Der Neubau der Scheffelhalle hat aber noch geklappt. Wie blicken Sie auf die geplante Eröffnung im Oktober?
Mit großer Freude. Das wird sicherlich ein schönes Fest mit einem tollen Programm – kreiert von Leuten, die eine enge Verbundenheit zur Scheffelhalle hatten und in Zukunft sicherlich haben werden. Das ist eine Halle, die auch für die Singener Vereine und für andere Veranstaltungen da sein soll. Ich bin dankbar, dass der Gemeinderat die Mittel hierfür freigegeben hat. Das ist unsere Scheffelhalle in einer moderneren Sprache, deren Urcharakter aber erhalten geblieben ist. Das war uns wichtig.
Sie wollten trotz der finanziell angespannten Lage Stillstand vermeiden. Wie gut hat das im ersten Halbjahr geklappt?
Ich glaube, die Bürgerschaft hat nur unwesentlich gemerkt, dass wir sparen müssen. Schmerzlich ist, dass in diesem Jahr unser traditionelles Burgfest nicht stattfinden konnte und die Konzerte des Hohentwielfestivals hier unten auf dem Rathausplatz stattfinden mussten. Auch haben wir die ein oder andere Maßnahme zurückgestellt, die Knöpfleswies zum Beispiel. Aber wir konnten dennoch Großprojekte wie die Scheffelhalle, die größte städtische Einzelmaßnahme seit dem Bau der Stadthalle, mit 10 Millionen Euro umsetzen.
Wir haben die Kita an der Radolfzeller Straße gebaut sowie neue Spielplätze in Betrieb genommen. Die Hohenkrähenstraße bindet viel Geld und Kapazitäten. Und dann sind darüber hinaus noch viele Sachen passiert, wie die Planungen für die beiden Schulen, neue Baugebiete, Aufkauf der Grundstücke für das Krankenhaus und die Planung dazu. Das sind alles Themen, die in der Bevölkerung nicht sofort spürbar werden, aber für die Zukunft der Stadt aus meiner Sicht äußerst wichtig sind.
Und was steht in der zweiten Jahreshälfte noch an?
Als Erstes die Einweihung der Scheffelhalle. Dann die Fertigstellung der Hohenkrähenstraße. Ziel ist, die Straße Mitte November wieder für den Verkehr frei zu geben. Die Leute haben sich relativ schnell mit der Umleitung zurechtgefunden. Dass es in dem ein oder anderen Wohngebiet mehr Belastung durch den Verkehr gegeben hat, ist klar. Aber ich glaube, insgesamt hat das gut funktioniert. Dann müssen wir den Haushaltsplan für 2026 fertig machen und die Bauprozesse für die zwei Schulerweiterungen intensivieren. Nach den Sommerferien freue ich mich, dass Marcus Röwer seine Arbeit als Bürgermeister in Singen aufnimmt.

Sie haben es schon angesprochen: Das Burgfest musste ausfallen und das Hohentwielfestival verlegt werden. Ist das auch für 2026 geplant?
Leider werden wir auch 2026 auf das Burgfest verzichten müssen.
Und wird das Hohentwiel wieder auf dem Rathausplatz stattfinden?
Ja, der Veranstalter will auf dem Rathausplatz bleiben. Dann schauen wir für 2027, wie sich die finanzielle Situation weiterentwickelt. In dem Zusammenhang muss man auch im Blick haben, wie sich die personelle Situation entwickelt. Es sind Wochen der Vorbereitungen nötig, um die ganze Infrastruktur aufzubauen. Das ist eine unglaubliche Belastung für die Belegschaft der Stadthalle.
Außerdem gibt es noch die ganzen Sicherheitsthemen, die wir auf dem Berg haben und die uns immer mehr Geld kosten. Es tut uns weh und leid, aber mein Petitum im Gemeinderat war: Ich verzichte lieber auf einen Tag Burgfest, bevor ich das Kunstmuseum oder die Jugendmusikschule schließe.
Aufgrund der Haushaltssituation stand auch im Raum, in der Verwaltung Personal abzubauen. Ist das noch Thema?
Dort, wo es geht, werden wir Stellen einsparen, indem wir sie nicht wiederbesetzen. Das ist aber außerordentlich schwierig. Trotzdem sind wir jetzt intensiv dabei, mit Blut, Schweiß und Tränen die eine oder andere Stelle noch zu kürzen. Das belastet natürlich auch den Rest der Truppe, der dann die Arbeit mitmachen muss.
Die Stadt versucht, etwa mit der Erhöhung der Gewerbesteuer mehr Geld einzunehmen. Macht sich das schon bemerkbar?
Ja, insgesamt rechnen wir mit Mehreinnahmen von 3 Millionen Euro.
Soll es weitere Steuererhöhungen geben?
Mit der Gewerbesteuer wollen wir nicht höher gehen. Uns ist sehr wohl bewusst, dass auch die Betriebe schauen müssen, dass sie wirtschaftlich arbeiten können. Beim Thema Grundsteuer müssen wir noch schauen, weil wir hier deutlich weniger einnehmen als in den vergangenen Jahren. Deswegen könnte es vielleicht nochmal eine Erhöhung um fünf oder zehn Prozent geben. Für das Jahr 2026 ist das aber nicht vorgesehen.
Seit diesem Jahr sind etwa Aachbad und Anwohnerparken teurer geworden. Wo wird es für die Bürger künftig noch teurer?
Wir haben versucht, die Kostenerhöhungen so zu gestalten, dass sie vertretbar sind. Was jetzt noch auf der Tagesordnung im Gemeinderat steht, ist die Erhöhung der Gebühren für die Kindertagesstätten. Auch hier laufen uns die Kosten davon, insbesondere durch die Tarifsteigerungen. Da ist eine Erhöhung von 9,6 Prozent geplant.