Herr Bohner, was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf?
Patrick Bohner: Ich denke, dass es keine Fließbandarbeit ist, sondern überaus abwechslungsreich. Ich werde täglich aufs Neue mit anderen Arbeiten konfrontiert, bin immer wieder mit anderen Menschen zusammen, es gibt Tag für Tag neue Herausforderungen. Und letztendlich mache ich viele Dinge, von denen man gar nicht glaubt, dass sie etwas mit meinem Job zu tun haben. (lacht).
Was gehört denn zu den Tätigkeiten eines Veranstaltungstechnikers?
Patrick Bohner: Wenn es jetzt um das Berufsbild geht, dann muss man wahrscheinlich unterscheiden, zwischen den freien Veranstaltungstechnikern, die morgens ins Lager fahren, den anstehenden Arbeitseinsatz besprechen, die Sachen in den LKW laden, zum Event fahren, auspacken, aufbauen, um dann nachts abzubauen und wieder heimfahren. Das ist zum Teil ein extrem harter Job – und ich spreche da aus Erfahrung. Bei einer Festanstellung, wie bei mir, sieht der Arbeitsalltag anders aus, auch deshalb, weil ich als stellvertretender Technischer Leiter vorwiegend administrative Aufgaben habe und viel am Schreibtisch sitze. Ich plane Veranstaltungen, stehe in Kontakt mit Veranstaltern und den Managements der Künstler, führe sie auch durch die Stadthalle, erkläre Details und Möglichkeiten.
Und weisen Ihre Crew an.
Patrick Bohner: Richtig, ich briefe die Fachkräfte, die für den Bühnenaufbau, Ton und Licht zuständig sind. Wir haben aber ein tolles Team, das meistens sehr eigenständig weiß, was zu tun ist.
Der Vorteil einer Festanstellung erklärt sich damit – dennoch klingt das nicht nach einem „Nine-to-five Job“.
Patrick Bohner: Ja, wir haben oft sehr lange Tage, da man diesen Job nicht immer im Schichtdienst ausüben kann. Was man morgens bei Arbeitsbeginn abgesprochen hat, kann man nicht abends jemanden übergeben, damit er das dann umsetzt. Das ist in unserer Branche nun einmal so.
Wie und wo kann man die Ausbildung absolvieren?
Patrick Bohner: Auch wenn in Deutschland mittlerweile für fast jeden Job am liebsten Abiturienten genommen werden, ist die Ausbildung grundsätzlich auch mit einem Hauptschulabschluss möglich. Sie findet über drei Jahre in einem dualen System statt, in einem Betrieb und mit Blockunterricht in der Schule. Die nächstgelegene Schule in der Region befindet sich in Baden-Baden. Nach Abschluss ist man dann Fachkraft für Veranstaltungstechnik.
Was braucht es an persönlichen Voraussetzungen, um den Beruf zu erlernen?
Patrick Bohner: Ich glaube, man braucht eine gesunde Mischung aus allem, sowohl aus technischem Verständnis, als auch an Improvisationstalent. Und man muss mitdenken können, weiterdenken, vorausdenken und die Bereitschaft haben, mit anzupacken. Man sollte teamfähig sein, gerade wenn wir Gastproduktionen haben, muss man sich ebenso auf die Techniker einstellen können und verstehen, wovon sie reden und was sie wollen. Gleichzeitig muss man Ideen haben, wie das umzusetzen ist, um guten Support zu leisten. Und wichtig ist: Man muss wirklich arbeiten wollen! Jeder sollte sich bewusst sein, dass du dort arbeitest, wo andere Menschen ihren Spaß haben.
Welche Aufstiegsmöglichkeiten gibt es?
Patrick Bohner: Nach der Ausbildung hast du von allem ein bisschen Ahnung, bist eher Generalist. Dann stellt sich schnell heraus, welche Talente und Interessen man hat und versucht diese auszubauen. Es gibt viele Möglichkeiten sich fortzubilden und zu spezialisieren, beispielsweise video- oder audiotechnisch, im Studiobereich oder zum Toningenieur. Und so, wie in anderen Handwerksberufen auch, kann man seinen Meister machen.
Sicherlich haben Sie auch viele Sicherheitsvorschriften zu beachten?
Patrick Bohner: Ja, es gibt auch in der Veranstaltungsbranche viele Vorschriften, wie beispielsweise die DGUV, die Deutsche gesetzliche Unfallversicherung, die UVV, also die Unfallverhütungsvorschriften, aber vor allem unsere „Bibel“ die Versammlungsstättenverordnung (VstättV), welche je nach Bundesland etwas abweicht. Die letzten Jahre hat das ganze sehr an Bedeutung gewonnen.
Warum?
Patrick Bohner: Weil man erkannt hat, welchen Stellenwert die Branche hat. Und gerade nach so einem Desaster, wie bei der Massenpanik in Duisburg, rückte der Sicherheitsaspekt für Hallen- und Open-Air-Veranstaltungen immer mehr in den Fokus. Darum gibt es unzählige Verordnungen.
Das hat sich auch auf das Hohentwiel-Festival ausgewirkt, oder?
Patrick Bohner: Es reicht schon lange nicht mehr aus, für ein Konzert nur Lampen aufzuhängen und ein paar Lautsprecher aufzustellen. So braucht es beispielsweise für eine Bühne über fünf Meter Höhe eine Abnahme vom Bauamt. Und ja, auch der Treppenturm auf dem Hohentwiel musste als Fluchtweg nachgerüstet werden.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung und KI in Ihrer Weiterentwicklung?
Patrick Bohner: Eine sehr große Rolle. Ich erinnere mich an Mischpulte, die riesengroß und voller Regler waren. Mittlerweile lassen sich auf einer Breite von 50 Zentimetern über 60 Kanäle verwalten. Und nun werden durch den Einsatz der KI noch weitere Dinge vereinfacht, was sogar Laienmusiker gigantische Effekte ermöglicht.
Haben Sie nicht Sorge, durch den technischen Fortschritt ersetzt zu werden?
Patrick Bohner: Nein, denn auf der Profischiene werden Fachleute mehr denn je gebraucht. Auch wenn das Wort niemand mehr hören möchte, aber seit Corona ist auch in der Veranstaltungsbranche ein auffälliger Schwund an Fachleuten zu erkennen, was sich auf die Qualität auswirkt. Aber wir werden definitiv noch gebraucht. Gerade die großen Shows und Festivals brauchen gute Leute, die mit Leidenschaft dabei sind, das wird KI nie ersetzen können.
Sie lernen sicherlich viele Stars kennen?
Patrick Bohner: Das ist tatsächlich ein Irrglaube, dass wir uns mit denen nach dem Konzert auf ein Bierchen treffen. Manche Stars werden sogar von ihren Bodyguards abgeschirmt. Manche sind allerdings auch ganz easy. So habe ich beim Hohentwiel-Festival morgens das Equipment kontrolliert und neben mir war ein Typ, der tiefenentspannt privat telefonierte und dabei den Ausblick und die Fernsicht genossen hat. Der kam, nachdem er aufgelegt hatte auf mich zu, hat sich für das Gequatsche entschuldigt und wir kamen ins Gespräch. Und ich dachte: Cool, Mark Forster, der entdeckt unsere Region mit Neugier und genießt die Ruhe vor dem Auftritt.