Kaffeepause, Besprechung, Begrüßung von neuen Mitarbeitern – Rituale gibt es in Unternehmen an allen Ecken und Enden. Jeder Arbeitnehmer kennt sie, doch was leisten sie für Zusammenhalt und Gemeinschaft im Unternehmen? Dieser Frage geht Anja Göritz nach. Sie ist Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Universität Freiburg. Und am Donnerstag, 23. Juni, ist sie zu Gast in Singen. Am frühen Nachmittag hält sie den Impulsvortrag für das Nachmittagsprogramm des prestigeträchtigen Treffens für das Wirtschaftsleben der Region.

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Die Bedeutung von Ritualen bringt Göritz auf eine griffige Formel: Sie seien ein sozialer Klebstoff, lautet ihre These. Denn Rituale fördern Gemeinschaftlichkeit, vermitteln Werte und führen dazu, dass sich die Menschen, die daran teilnehmen, ähnlich fühlen, erklärt sie. In einem Wort: Rituale fördern die Gemeinschaftlichkeit, und zwar in allen Bereichen des menschlichen Zusammenlebens, etwa bei Familienfeiern oder im Gottesdienst. Göritz‘ Forschungsschwerpunkt, aus dem sie beim Wirtschaftsforum berichtet, sind indes Rituale in Organisationen, berichtet sie am Telefon – also etwa in Unternehmen oder Behörden.

„Rituale sind ein sozialer Klebstoff.“ Anja Göritz, Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Universität Freiburg
„Rituale sind ein sozialer Klebstoff.“ Anja Göritz, Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Universität Freiburg | Bild: Stefanie Salzer-Deckert

Ein Impuls für die Workshops mit vier eigenen Studien

Entsprechend hat sie vier Studien im Gepäck, wenn sie am Donnerstag nach Singen kommt. Sie und ihr Team haben darin die Wirkungsweise von Ritualen untersucht. Darin geht es etwa darum, welche Wirkung von Ritualen Mitarbeiter feststellen, oder darum, ob gute oder schlechte gemeinsame Erfahrungen für mehr Zusammenhalt sorgen. Und auch eine Studie ist dabei, bei der die Mitarbeiter eines echten Unternehmens zu Versuchsteilnehmern wurden. Profis in dem Gebiet nennen diese Art von Untersuchung eine Feldstudie.

Zu Person und Veranstaltung

Dabei haben die Forscher in einem mittelständischen Unternehmen in Freiburg ein Sportprogramm eingerichtet und beobachtet, welche Auswirkungen die gemeinsame Bewegung auf den Zusammenhalt unter den Teilnehmern hatte. Und das natürlich streng wissenschaftlich, mit verschiedenen Varianten, etwa mit synchronen oder nicht-synchronen Bewegungen – oder auch als Kontrollgruppe mit einem späteren Termin für das Sportprogramm. So viel sei hier verraten: Der Zusammenhalt war am höchsten in der Gruppe, die synchrone Bewegungen gemacht hat. Und in dieser Gruppe seien sogar die Krankheitstage zurückgegangen.

Direkter Nutzen für Unternehmen

Was können Unternehmen nun daraus lernen? Selbstverständlich können sich Unternehmen diese Befunde zum Thema Rituale zunutze machen, sagt Anja Göritz. Gerade die Feldstudie im Unternehmen zeige, dass vor allem gesundheitsfördernde Rituale in Unternehmen empfohlen werden können. Eine Herausforderung ist das allerdings in einer Zeit, in der viele Menschen im Homeoffice arbeiten – sei es zum Schutz vor einer Corona-Infektion oder weil Mitarbeiter und Arbeitgeber sich auf zeitweises Arbeiten zu Hause geeinigt haben. „Viele Rituale, die es sonst in Organisationen gibt, finden dadurch nicht mehr wie gewohnt statt“, so Göritz. Doch sie habe auch ein paar Ideen dazu, was Unternehmen dem entgegensetzen können, sagt sie – ohne mehr zu verraten.