Müssen sich die Vereine im Hegau bald auf höhere Kosten für die Nutzung von Hallen einstellen? Eine neue Umsatzsteuerpflicht sieht bei der Hallennutzung eine Verteuerung von 19 Prozent vor. Die Umsatzsteuerpflicht sollte ab Januar dieses Jahres gelten, allerdings hat der Bundestag im Dezember 2022 erneut eine Verschiebung um zwei Jahre beschlossen.

Die Umsatzsteuerpflicht soll demnach ab 2025 greifen. Dennoch gab es für die Gemeinden die Möglichkeit, bereits jetzt die Pflicht einzuführen. Die Stadt Radolfzell hat die neue Pflicht bereits umgesetzt. Was bedeutet die neue Umsatzsteuer für die Gemeinden und vor allem die Sportvereine im Hegau?

Stadt Singen startet 2025 mit neuer Umsatzsteuerpflicht

Laut Lilian Gramlich, von der städtischen Pressestelle, habe die Verwaltung der Stadt Singen dem Gemeinderat empfohlen, von der Optionsverlängerung um weitere zwei Jahre Gebrauch zu machen. Dieser Empfehlung sei der Gemeinderat gefolgt, andernfalls hätte die Stadt das neue Umsatzsteuerrecht ab dem 1. Januar 2023 angewandt. Die äußerst umfangreichen Umstellungsarbeiten wurden dafür zurückgefahren, so Gramlich.

„Grundsätzlich bedeutet die Anwendung des neuen Umsatzsteuerrechts, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit der Stadt der Umsatzsteuer unterliegt. Unter wirtschaftlicher Tätigkeit ist in der Regel jede Tätigkeit zu verstehen, die Einnahmen generiert beziehungsweise generieren kann“, sagt Gramlich. Deshalb sei der gesamte Bereich, der bisher noch keinen Bezug zur Umsatzsteuer hatte, unter umsatzsteuerlichen Gesichtspunkten zu betrachten.

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„Zu diesen Arbeiten zählt unter anderem eine detaillierte Einnahme-Analyse mit einer entsprechenden umsatzsteuerlichen Beurteilung der einzelnen Einnahmearten“, so Gramlich weiter. Auch das komplexe Buchhaltungssystem der Stadt hätte vom Rechenzentrum umgestellt werden müssen. „Die Verwaltung geht nach wie vor davon aus, dass die Anwendung des neuen Umsatzsteuerrechts zu einer erhöhten Belastung des städtischen Haushalts und der Bürger und Vereine führen wird“, ist sie sich sicher.

Auch im Hegau ist man von der neuen Umsatzsteuerpflicht wenig begeistert. So sagt der Hilzinger Bürgermeister Holger Mayer: „Bis auf die Option zur Ausnutzung der Übergangsfrist bis Ende 2024 hatten die Kommunen keine Wahl.“ Die Neuregelung verursache in der Verwaltung einen sehr großen Umstellungsaufwand und binde entsprechende Personalressourcen.

Umstellungsaufwand für Gemeinden ist enorm

So müssten im Vorfeld sämtliche Einnahmen einer Kommune nach zukünftig steuerpflichtigen Umsätzen durchforstet werden, erklärt Mayer. In der Folge müssen Benutzungsordnungen, Satzungen und Verträge auf das neue Umsatzsteuerrecht angepasst werden.

Auch ab 2025 werde die Neuregelung einen dauerhaften nicht zu vernachlässigenden Mehraufwand in der Verwaltung verursachen, so der Bürgermeister. Dies sehe er sehr kritisch. „Mit den Neuregelungen wurde ein weiteres, riesiges Bürokratiemonster geschaffen. Anstatt uns auf wesentliche Punkte zu konzentrieren und unsere Ressourcen dahingehend zu bündeln, müssen wir uns mit ausufernder Bürokratie auseinandersetzen“, klagt Mayer an.

Was die neue Umsatzsteuerpflicht für Vereine bedeutet, ist unterschiedlich. So sei in Singen laut Gramlich die Hallennutzung für den Trainingsbetrieb der Vereine unentgeltlich. Für den Spielbetrieb werde aber ein Entgelt erhoben. „Ab Anwendung des neuen Umsatzsteuerrechts wird daher lediglich das Entgelt für den Spielbetrieb von der Rechtsänderung betroffen sein.

Auch die Gemeinde Hilzingen verlange für die Nutzung der gemeindeeigenen Hallen für den Trainingsbetrieb bisher keine Gebühren, so Bürgermeister Mayer. Aus Sicht der Verwaltung sei nicht geplant, dies zu ändern. Eine kostenlose Überlassung verursache keine Umsatzsteuerpflicht.

„Für den Trainingsbetrieb wird sich Stand heute somit auch nichts für die Vereine ändern. Nur die Anmietung unserer Hallen für öffentliche Veranstaltungen der Vereine, die bisher auch bereits gebührenpflichtig waren, werden sich zukünftig um 19 Prozent verteuern“. sagt Holger Mayer.

Auch Vereine sehen die Umsatzsteuerpflicht kritisch

Für Ehrhardt Geske, erster Vorsitzender des Sportvereins Hilzingen 1907, ist die neue Umsatzsteuerpflicht ein Unding. „Durch die neue Umsatzsteuerpflicht ab 2025 eröffnen sich wieder neue Einnahmequellen. Der Staat verspricht den Vereinen eine Entlastung in der Bürokratie und den Kosten. Im selben Atemzug werden den Sportvereinen für ihr ehrenamtliches Engagement, zum Wohle der Allgemeinheit, höhere Steuern für den Trainingsbetrieb auferlegt, das macht für mich keinen Sinn“, sagt er.

Umso mehr freue er sich darüber, dass die Gemeinde Hilzingen für den Trainingsbetrieb in den Sporthallen keine Hallengebühren berechnet. Die Gemeinde unterstütze und honoriere dadurch den Engagement des Vereins für die Jugendarbeit, so der Vereinsvorsitzende. Der Sportverein Hilzingen habe 600 Mitglieder, davon 230 Jugendliche. Bei 21 verschiedenen Sportangeboten belege der Verein 33 Stunden pro Woche die Sporthallen, sagt Geske.

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Hans-Peter Storz, Vorsitzender beim Stadtturnverein Singen, ist der Stadt Singen dankbar, dass sie keine Miete für die Nutzung der Hallen erhebt. „Bis heute hat die Stadt Singen im Gegensatz zur Stadt Radolfzell keine Miete für die Hallen von den Sportvereinen berechnet. Der Stadtturnverein ist der Stadt sehr dankbar, dass sie dafür sorgt, dass das Vereinsleben gepflegt werden kann und die Vereine in dieser Form finanziell unterstützt werden.“

Der Stadtturnverein Singen gehe davon aus, dass sich keine Veränderungen hinsichtlich der Miete ergeben. Laut Storz war der Stadtturnverein Singen bereits in diesem Jahr gezwungen, die Mitgliedergebühren wegen erhöhten Personal- und Energiekosten etwas anzupassen. „Soweit die Stadt Singen weiterhin keine Mieten für die Sportstätten erhebt, ist eine nochmalige Gebührenerhöhung nicht notwendig“, so Storz.

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Laut dem Vereinsvorsitzenden habe der Stadtturnverein Singen rund 2.500 Mitglieder und 90 Angeboten pro Woche. Die meisten Sporteinheiten fänden in der Waldeckturnhalle statt, die im Besitz des Vereins sei. „Einzelne Veranstaltungen finden an anderen Orten, wie etwa dem Hallenbad statt“. so Storz.