Ein Neujahrsvorsatz vieler Hegauer könnte nach Silvester sein, öfters zu kochen. Denn für einen Restaurantbesuch wird man ab 1. Januar 2024 tiefer in die Tasche greifen müssen. Der Mehrwertsteuersatz wird dann von sieben Prozent auf 19 Prozent angehoben. Während der Corona-Pandemie sollte diese Maßnahme der von der Krise stark betroffenen Gastronomie helfen. Jetzt erfolgt die Rolle rückwärts.

Heinz Stärk, Dehoga-Vorsitzender: „Die Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen ist eine krasse Fehlentscheidung, weil sie nicht nur die ...
Heinz Stärk, Dehoga-Vorsitzender: „Die Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen ist eine krasse Fehlentscheidung, weil sie nicht nur die Gastronomie, sondern die gesamte Tourismuswirtschaft schädigt und damit wirtschaftliche Chancen für unser Land zunichte macht.“ | Bild: Holger Hagenlocher

Heinz Stärk macht seiner Frustration und seinem Ärger über die angekündigte Erhöhung Luft: „Die Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen ist eine krasse Fehlentscheidung, weil sie nicht nur die Gastronomie, sondern die gesamte Tourismuswirtschaft schädigt und damit wirtschaftliche Chancen für unser Land zunichte macht“, schimpft der Dehoga-Kreisvorsitzende auf Anfrage des SÜDKURIER.

Als Unternehmer und Vertreter des Gastgewerbes im Landkreis Konstanz sei er bitter enttäuscht darüber, dass die Zusagen, die SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz und führende Vertreter der Ampel-Koalition der Branche gegeben hätten, am Ende nichts wert gewesen seien. „Das ist auch ein Zeichen fehlenden Respekts und fehlender Wertschätzung“, so Stärk weiter.

Das sagen Singener Gastronomen

Auch die Cafe-Weinbar-Gaststätte Zwölfe in Singen ist von der Erhöhung betroffen, weshalb die Preise dort zum Jahreswechsel um zwölf Prozent erhöht werden müssen. Alexander Schellhammer ist Inhaber des Zwölfe, auch er blickt angesichts der steigenden Mehrwertsteuer mit Skepsis in die Zukunft. Denn auch Schellhammer wisse, dass dies für den ein oder anderen Geldbeutel schwierig werden könnte. Sprich, dass Gäste vielleicht ausbleiben könnten. „Und das hat natürlich Auswirkungen für das Lokal“. sagt er.

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Doch das Zwölfe könne sich mit seinen Gästen glücklich schätzen: „Wir haben einen eher gehobeneren Standard. Die Leute schätzen die Speiseauswahl wert und sind bereit, auch etwas mehr zu bezahlen“, so Schellhammer weiter. Die negativen Auswirkungen der erhöhten Mehrwertsteuer werde eher Schnell-Restaurants betreffen, vermutet er.

Andere Faktoren können es auch teurer machen

Doch laut Schellhammer sei die Spitze des Eisberges noch nicht erreicht. „Das ist vor allem nur der Anfang“, prognostiziert er. Der Preisanstieg werde noch deutlicher werden, da beispielsweise durch die eingeführte LKW-Maut die Beschaffung der Produkte teurer werde. Aber irgendwie kann er es auch verstehen: „Es ist klar, dass der deutsche Staat Geld verdienen muss.“

Allerdings kämen laut Schellhammer die Haushaltsprobleme nicht durch die Gastronomie. Man solle also lieber an einer anderen Stelle die Preise erhöhen und nicht in einer Branche, die ohnehin schon geschädigt sei.

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Bianca Wörner, Angestellte des Restaurant Schlupfwinkel in Hilzingen, kann sich nicht vorstellen, dass ein Aufschlag von zwölf Prozent realistisch ist. Höheren Preisen sei zwar nicht aus dem Weg zu gehen, doch man müsse ein faires Mittelmaß finden. Alles andere würden die Kunden nicht mitmachen.

Wörner gehe von verheerenden Folgen für die deutsche Gastronomie aus, die irgendwann nicht mehr tragbar seien. „Es ist schlicht und ergreifend ein aussterbendes Projekt“, so die Mitarbeiterin des Schlupfwinkels. Denn irgendwann könne es sich keiner mehr leisten, Essen zu gehen und der Besuch im Restaurant werde ein „Luxusartikel“.

„Mehr Betriebe werden aufgeben“

Bei der Dehoga werden die Sorgenfalten angesichts der Steuererhöhung größer. Die Folgen könnten laut Heinz Stärk massiv ausfallen. „Einfach gesagt: Weniger Angebote, weil noch mehr Betriebe aufgeben werden, und natürlich höhere Preise, weil die meisten Unternehmen gar keine andere Wahl haben“, befürchtet er.

Dabei sei die Ertragslage in der Gastronomie bereits jetzt aufgrund massiver Kostensteigerungen bei Lebensmitteln, Personal und Energie sehr angespannt, sodass die Betriebe die Steuererhöhung im Regelfall nicht kompensieren könnten. „Die Kosten sind in der Gastronomie in den zurückliegenden Monaten deutlich stärker gestiegen als die Preise“, so Stärk weiter.

Wie ist die aktuelle Lage in der Gastro?

Die aktuelle Lage in der Gastronomie sei zwiegespalten. Positiv sei, dass man nach der Corona-Zeit sehr viel Zuspruch von den Gästen bekommen habe. „Vielen haben uns signalisiert, wie sehr sie die Gastronomie in den Zeiten der Lockdowns und Einschränkungen vermisst haben – nicht nur kulinarisch, sondern eben auch als Treffpunkt fürs soziale Miteinander, für Familienfeiern, Veranstaltungen“, so Stärk. Das sei für seine Kollegen und ihn sehr ermutigend und motivierend gewesen.

„Auch die Beschäftigtenzahlen im Gastgewerbe sind wieder gestiegen“, sagt Stärk. Personalmangel sei zwar nach wie vor ein großes Thema, aber die Tendenz gehe aber wieder in die richtige Richtung.

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Wirtschaftlich seien dann aber mit dem Ukraine-Krieg weitere Schwierigkeiten entstanden, denn die Kosten für Energie und Lebensmittel seien regelrecht explodiert – viel stärker als die allgemeine Inflationsrate. „Viele Betriebe verdienen deshalb trotz höherer Preise deutlich weniger als vor Corona, außerdem kommt jetzt auch inflationsbedingte Konsumzurückhaltung dazu. Viele Menschen müssen einfach sparen, weil ja viele Dinge teurer geworden sind“, so Stärk.

In diesem Kontext komme die aus Gastro-Sicht ohnehin falsche Entscheidung der Mehrwertsteuererhöhung auch noch zu einem komplett falschen Zeitpunkt, was den Schaden weiter vergrößern werde.

Das empfiehlt der Dehoga jetzt

Doch die konkrete Preispolitik eines Gastronomie-Betriebs sei Unternehmersache, der Verband Dehoga könne laut Stärk nur eine Empfehlung aussprechen. „Was wir aber empfehlen, ist eine klare Kommunikation in Richtung der Gäste. Denen sollten wir klar machen, dass die Preiserhöhungen, die als Folge der Steuererhöhung nach unserer Einschätzung unvermeidlich kommen werden, ausschließlich vom Staat, von der der Ampel-Bundesregierung, verursacht sind“, sagt er.

Und der Dehoga hoffe, dass sich der Zorn der Gäste dann nicht gegen die Gastronomen richte, sondern gegen die verantwortlichen Parteien.