Die neue Grundsteuer erregt weiterhin die Gemüter von Eigentümern – vor allem dann, wenn der Grundsteuerbescheid eine Mehrbelastung ausweist. Einer, der sich darüber ärgert, ist Reinhard Veit aus Volkertshausen. Nach der jüngsten SÜDKURIER-Berichterstattung über die Grundsteuer meldete er sich in der Redaktion und findet klare Worte: Es sei eine Granatensauerei, was man mit dem mündigen Steuerbürger mache.

Konkret nennt er ein Grundstück, das seiner betagten Mutter gehöre und für das nun etwa der achtfache Betrag fällig werde, und ein Grundstück, das ihm gehöre und nun mit dem 16-fachen Betrag belastet werde. Beide Grundstücke seien schon lange im Familienbesitz und nicht intensiv bebaut. Doch ein Blick auf die Landkarte zeigt auch, dass sie relativ groß sind – was die Erhöhung der Grundsteuer nach dem neuen System nach sich zieht.

Reinhard Veit aus Volkertshausen ärgert sich über die drastisch gestiegene Grundsteuer, die seine betagte Mutter und er nun bezahlen müssen.
Reinhard Veit aus Volkertshausen ärgert sich über die drastisch gestiegene Grundsteuer, die seine betagte Mutter und er nun bezahlen müssen. | Bild: Thomas Karkola

Einsprüche bei Gemeindeverwaltung und Finanzamt habe er eingelegt, sagt Veit. Und vermutlich werde er sich in dieser Frage auch an den Gutachterausschuss für Singen und den Hegau wenden, um den Bodenrichtwert per Gutachten ändern zu lassen. Seine Hoffnung ruht auf einem zweiten, niedrigeren Bodenrichtwert, der für die beiden fraglichen Grundstücke ausgewiesen ist. Der Gutachterausschuss kann per Gutachten aufteilen, wie viel Quadratmeter eines Grundstücks nach dem höheren beziehungsweise dem niedrigeren Wert belastet werden müssen.

Der Bodenrichtwert ist eine der Größen, die in die Berechnung der Grundsteuer einbezogen wird. Die Gutachterausschüsse haben ihn aufgrund der Kaufpreissammlung ermittelt, die sie entsprechend dem Baugesetzbuch führen. Hinter dem Bodenrichtwert stehen also tatsächliche Grundstücksverkäufe in einem bestimmten Gebiet.

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Allerdings ärgern sich nicht alle Bürger über die Neuberechnung. Hans Lauffer aus Konstanz hat sich ebenfalls in der Redaktion gemeldet und meint, es handle sich um „Jammerei auf hohem Niveau“. Der Wert von Grundstücken und Häusern sei in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Über diesen Wertzuwachs habe sich kein Eigentümer beklagt, so Lauffer: „Jetzt müssen sie halt ein bisschen mehr Grundsteuer zahlen.“

Gemeinden bekommen täglich Einsprüche

Der Ärger vieler Bürger über die Neuberechnung der Grundsteuer landet am Ende auch bei den Gemeinden – denn Reinhard Veit ist nicht der einzige, der sich im Rathaus beschwert. „Seit dem Versand der Grundsteuerbescheide gehen täglich Widersprüche bei der Stadtverwaltung ein“, schreibt etwas Stefan Mohr, persönlicher Referent von Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler und Pressesprecher der Stadtverwaltung.

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Demnächst werde die Stadtverwaltung beginnen, Anhörungen an die Bürger zu versenden, damit sie ihre Widersprüche näher begründen können. Sollte die Stadtverwaltung dem Widerspruch nicht abhelfen können und es bleibt bei der früheren Entscheidung, müsse der Bürger allerdings die Kosten für den Widerspruchsbescheid tragen, so Mohr. Und er weist darauf hin, dass ein Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat. Im Klartext: Auch wer bei der Stadtverwaltung dem Grundsteuerbescheid widersprochen hat, muss die Grundsteuer rechtzeitig bezahlen.

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Dass viele Anfragen und Beschwerden in den Rathäusern landen, berichten auch die Bürgermeister Holger Mayer aus Hilzingen und Frank Harsch aus Engen. „Viele Eigentümer können nicht nachvollziehen, weshalb sie ein Vielfaches der bisherigen Grundsteuer zahlen sollen“, schreibt Mayer auf Anfrage. Dabei werde auch die Frage nach der Fairness der Reform aufgeworfen.

Gemeinden müssen selbst mehr zahlen

Gemeinden haben aber nicht nur die Aufgabe, die Grundsteuer einzuziehen. Die Einnahmen fließen allein in die Kassen von Städten und Gemeinden und sind ein wichtiger Posten für die kommunalen Finanzen. Doch den Kommunen gehören auch selbst Grundstücke, für die sie Grundsteuer zahlen müssen. Bei der Stadt Singen führt die Neuberechnung laut einer Aufstellung der Stadtverwaltung vom Oktober 2024 dazu, dass sie etwa 116.000 Euro mehr an Grundsteuer zahlen muss.

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Damit entlasten sie andere bei der Grundsteuer

Im Prinzip ist das ein Nullsummenspiel, wie Holger Mayer bestätigt. Die Gemeinde zahlt schließlich an sich selbst – auch wenn die Beträge im Haushalt natürlich verbucht werden müssen. Trotzdem hat das Auswirkungen auf einen kommunalen Haushalt. Denn wenn ein Steuerzahler mehr zahlt, müssen andere weniger zahlen – die Kommunen dürfen insgesamt schließlich nicht mehr Geld durch die neue Grundsteuer einnehmen, selbst wenn sie sie selbst zahlen.

Singens Stadtsprecher Stefan Mohr schreibt dazu: „Dadurch dass die Grundsteuer A und B für die städtischen Liegenschaften gestiegen ist, reduziert dies die Belastung für die Bürger.“ Das bedeutet: Zahlt die Stadt mehr Grundsteuer an sich selbst, so fließt von den anderen Grundstückseigentümern weniger Geld in die städtische Kasse.

Ähnlich erklärt es Engens Bürgermeister Frank Harsch. Zahle eine Gemeinde mehr Grundsteuer an sich selbst, würden Einnahmen fehlen. In Engen geht es um 65.000 Euro. Trotz einiger Beschwerden über die Grundsteuer seien die Auswirkungen der Neuberechnung in Engen allerdings bislang überschaubar.