Die AfD versucht immer wieder, sich einen bürgerlichen Anstrich zu geben. Wenn ihr Landtagsabgeordneter Bernhard Eisenhut sich öffentlich äußert, fehlt allerdings selten ein Seitenhieb gegen eine allzu offene Migrationspolitik oder gegen Entwicklungshilfe. Bei Protesten gegen die Corona-Maßnahmen in Singen hat er schon Werbematerial eines rechtsextremen österreichischen Internet-Fernsehsenders verteilt. Und bei einer Veranstaltung unter dem Titel Bürgerdialog im Sommer ätzte er, „der überwiegende Teil derjenigen, die seit 2015 in unser Land gekommen sind, zeigen, dass sie auch vor unserem Volk, unserer Polizei und unserer Lebensweise keinerlei Respekt haben und uns auch noch verachten“.

Doch zuletzt stellte der Landtagsabgeordnete des Wahlkreises Singen, der auch im Konstanzer Kreistag sitzt, eine kleine Anfrage an die Landesregierung, die trotz solcher früherer Vorfälle aufhorchen lässt. Das Bündnis „Konstanz für Demokratie“ nahm diese kleine Anfrage zum Anlass, Eisenhut eine Nähe zu Nazi-Organisationen vorzuwerfen. Der Abgeordnete selbst kontert, ihm sei es nur um das Wohl von Kindern gegangen.

Verein wird 2023 verboten

Was war geschehen? Es geht um einen kleinen Verein namens „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte den Verein im August 2023 verboten, wie aus der Antwort des Landesinnenministers Thomas Strobl (CDU) auf Eisenhuts Anfrage hervorgeht. Laut Medienberichten vom Herbst hatte der Verein 150 Mitglieder bundesweit. Ende September wurde das Verbot dann mithilfe von Durchsuchungen durchgesetzt, von denen eine in Baden-Württemberg, in der Gemeinde Kupferzell im Hohenlohekreis, stattfand.

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte „Die Artgemeinschaft“ damals als „sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung“ beschrieben. Die rechtsextremistische Gruppierung habe versucht, „durch eine widerwärtige Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen neue Verfassungsfeinde heranzuziehen“, wurde sie damals zitiert.

Das Stuttgarter Landesinnenministerium wird in seiner Antwort auf Eisenhuts kleine Anfrage nicht weniger deutlich. Der verbotene Verein „Die Artgemeinschaft“ propagiere eine völkische, rassistische, antisemitische und antichristliche Ideologie und habe inhaltlich eine konsequente Fortsetzung der Ideologie des Nationalsozialismus betrieben, heißt es dort.

„Die Artgemeinschaft“ setzt Nazi-Ideologie fort

Für Eisenhut war das aber offenbar kein Hinderungsgrund, die Aktion kritisch zu hinterfragen. Seine Fragen laufen letztlich darauf hinaus, ob bei der Durchsuchung in Sachen Kinderschutz und Kontakt zur Presse alles korrekt zugegangen ist. So wollte der Landtagsabgeordnete wissen, ob bei den Durchsuchungen das Kindeswohl berücksichtigt worden sei, um Traumatisierungen oder anderen Schädigungen durch die staatlichen Maßnahmen entgegenzuwirken. Außerdem fragte Eisenhut, welche Journalisten vorab über die Hausdurchsuchungen informiert worden seien und ob die Behörden mit verdeckten Ermittlern gearbeitet hätten.

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Das Landesinnenministerium lässt sich in seiner Antwort nicht allzu tief in die Karten blicken und verweist zur Begründung darauf, dass die Sicherheit von Einsatzkräften und Ermittlern gewahrt bleiben müsse. Klar ist das Ministerium allerdings in der Angabe, dass „vorab keine Journalisten über
die anstehenden Hausdurchsuchungen in Kenntnis gesetzt oder mit damit im Zusammenhang stehenden Informationen ausgestattet“ worden seien.

Vorwurf an Eisenhut: Nähe zu Nazi-Organisationen

Das Bündnis „Konstanz für Demokratie“ bewertet Eisenhuts Anfrage in einer Pressemitteilung folgendermaßen: „Der Einsatz zugunsten der verbotenen rechtsradikalen Gemeinschaft zeigt die Nähe des AfD-Abgeordneten Eisenhut zu Nazi-Organisationen.“ Katrin Brüggemann, die mit Anselm Venedey Sprecherin des Bündnisses ist, wird in der Mitteilung zitiert: „Auch im Landkreis Konstanz ist die AfD eine rechtsradikale Partei, welche die freiheitlich-demokratische Grundordnung und deren Organe verabscheut und abschaffen will.“

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Eisenhut selbst will seine Anfrage allein durch seinen Einsatz für das Wohl von Kindern begründet wissen. Kinderschutz sei Teil seiner Tätigkeit im Sozialausschuss, dessen Mitglied Eisenhut ist. Diesen Einsatz mache er nicht von einem Bezug zu seinem eigenen Wahlkreis oder zum politischen Hintergrund der Eltern abhängig, schreibt er auf Anfrage. Inwiefern die Frage nach Informationen an Journalisten oder auch die nach verdeckten Ermittlern mit dem Kindeswohl zusammenhängen, erklärt Eisenhut in seiner Antwort freilich nicht.

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Der Landtagsabgeordnete dreht allerdings den Spieß um und teilt kräftig gegen das Bündnis „Konstanz für Demokratie“ aus: „Dass die Organisation ‚Konstanz für Demokratie‘ offensichtlich der Ansicht ist, dass man sich nicht um das Wohl von Kindern kümmern sollte, wenn deren Eltern politisch nicht den Vorstellungen dieser sogenannten ‚Demokraten‘ entsprechen, ist einfach nur abartig.“ Er bezeichnet die Organisation sogar als Menschenfeinde.

Vom bürgerlichen Anstrich, den sich die AfD gerne verleiht, ist da nicht mehr viel übrig – und alles im Namen des Kinderschutzes?