Die Kliniken des Gesundheitsverbunds arbeiten aufgrund von Personalmangel im Notbetrieb und auch die Mitarbeiter im Singener Hegau-Klinikum sind am Limit. Ein hoher Krankenstand ist derzeit der Hauptgrund. Jetzt hoffen Ärzte und Pflegekräfte der Notaufnahme, der Kinderklinik und der Notdienste als Anlaufstellen für Notfällen, dass sie die Feiertage gut überstehen, wie die beiden Chefärzte der Notaufnahme, der Kinderklinik und der Leiter der kinderärztlichen Notfallpraxis berichten.

Er rechne von Weihnachten bis Neujahr wieder mit einem erhöhten Patientenaufkommen, erklärt Volker Steinecke, Chefarzt der Notaufnahme am Hegau-Klinikum aufgrund seiner über 20-jährigen Erfahrung. „Deshalb haben wir vor und über die Feiertage eine Urlaubssperre verhängt“, erklärt Steinecke. Aber wegen Krankheitsausfällen käme man trotzdem nicht auf die volle Personalbesetzung. „Das bringt uns jeden Tag an den Rand des Machbaren“, sagt der Chefarzt.

Volker Steinecke, Chefarzt Zentrale Notaufnahme in Singen, hat alle Mitarbeiter, die nicht krank sind, über die Feiertage mobilisiert.
Volker Steinecke, Chefarzt Zentrale Notaufnahme in Singen, hat alle Mitarbeiter, die nicht krank sind, über die Feiertage mobilisiert. | Bild: Andrea Jagode

Patienten werden nach Dringlichkeit eingestuft

Patienten müssten mit Wartezeiten rechnen. Außerdem sollten Patienten, die in die Notaufnahme kommen, beachten, dass es eine Einstufung nach Dringlichkeit gibt. Patienten, die schnell Hilfe bräuchten, würden vorgezogen, andere müssen deshalb länger warten. Das sorge im Wartebereich oft für Unmut.

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Wer über die Feiertage zum Beispiel wegen einer Erkältung mit Fieber einen Arzt braucht, sollte den ärztlichen Notdienst über die Telefonnummer 116 117 und nicht die Notaufnahme kontaktieren. „Die Notaufnahme ist für die Patienten da, die lebensbedrohlich erkrankt sind“, erklärt Steinecke. Zu solchen Erkrankungen zählen unter anderem Brandverletzungen, mit denen die Notaufnahme in diesem Jahr zu Silvester wieder verstärkt rechnet. Denn in diesem Jahr darf – anders als im Vorjahr – zum Jahreswechsel wieder Feuerwerk verkauft werden.

Bis zu 100 Kinder am Tag in der Notfallpraxis

Eine Notfallpraxis für den Landkreis gibt es am Wochenende und an Feiertagen am Hegau-Klinikum auch für Kinder. Er wird von niedergelassenen Kinderärzten bestritten und von Kinderarzt Frank Stehle organisiert. Auch die Notfallpraxis müsse ein hohes Patientenaufkommen bewältigen, berichtet Stehle. Es würden bis zu 100 Kinder und Jugendliche am Tag, auch aus angrenzenden Landkreisen, behandelt.

Derzeit seien vier Stellen bei den medizinischen Fachangestellten nicht besetzt, was zur Folge habe, dass nicht zwei, sondern nur eine Fachangestellte mit einem Arzt im Dienst zusammenarbeite.

Da Eltern einfach ohne Termin mit ihren Kindern zur Notfallpraxis kommen können, müssten auch sie mit Wartezeiten rechnen. „Ich habe außerdem eine Bitte an die Eltern: Da der Wartebereich nicht so groß ist, sollten keine Geschwisterkinder und auch nur ein Elternteil mit dem kranken Kind in die Klinik kommen“, appelliert Stehle. Auch sollte nicht wegen einer normalen Erkältung die Notfallpraxis aufgesucht werden. Kinder würden viele Infekte durchmachen, das sei normal und kein Grund zur Beunruhigung.

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Die RS-Virus-Welle ist eine Erkrankung der Atemwege, die aktuell hauptsächlich Säuglinge und Kleinkinder betrifft. Zusammen mit anderen Atemwegserkrankungen sorgt die RS-Virus-Welle auch in den Kinderarztpraxen für Wartezeiten und Stress. „Wir behandeln bis zu 300 Kinder pro Tag und haben dann fünf Minuten pro Kind“, berichtet Stehle. Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen müssten gerade zurückgestellt werden.

Aktuell beobachtet er in seiner Kinderarztpraxis aber ein Abflauen der Infektwelle. Er sei zuversichtlich, dass es im kommenden Jahr besser werde.

Bitte nicht wegen einer normalen Erkältung ins Klinikum

Andreas Trotter, Chefarzt der Kinderklinik in Singen, ist froh, dass es die Notfallpraxis gibt, weil diese Patienten früher in die Kinderklinik kamen. „Das hat uns an den Wochenenden an den Rand der Belastbarkeit gebracht“, berichtet er. Die Kinderklinik arbeite wegen der vielen Patienten mit Atemwegserkrankungen durch RS-Viren und einem hohen Krankenstand am Limit. So eine hohe Belastung der Kinderklinik habe er noch nie erlebt.

Andreas Trotter, Chefarzt der Kinderklinik in Singen, hat eine so hohe Belastung noch nie erlebt.
Andreas Trotter, Chefarzt der Kinderklinik in Singen, hat eine so hohe Belastung noch nie erlebt. | Bild: Alexander Sterzik

Die Atemwegserkrankung ist besonders für Frühgeborene, Säuglinge und Kleinkinder gefährlich, weil sie zu einer Lungenentzündung führen kann. Da es nachts keine Notfallpraxis gebe, kämen derzeit in manchen Nächten 20 bis 30 Patienten. Auch er bittet Eltern, nicht wegen kleinerer Leiden in die Klinik zu kommen.

In allen Abteilungen herrsche Personalmangel

Es sei eine harte Zeit für die Kinderklinik. „Aber wir tun, was geht“, versichert der Chefarzt. Er hält die Idee, Pflegekräfte aus dem Erwachsenenbereich umzuschichten, nicht für umsetzbar. „Auch in den anderen Abteilungen herrscht Mangel und sie brauchen ihre Pflegekräfte“, erklärt er. Außerdem könne nicht jede Pflegekraft aufgrund der verschiedenen Ausbildungen in jedem Bereich eingesetzt werden.

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Er hält es für wichtig, den Pflegeberuf aufzuwerten und so neues Personal zu gewinnen. Zum Einen durch eine bessere Bezahlung, zum Anderen, indem fachfremde Tätigkeiten wie Reinigungsarbeiten an zuarbeitendes Personal auslagert werden. „Der Job der medizinischen Fachangestellten muss aufgewertet werden“, stimmt Kinderarzt Frank Stehle ihm zu. Er sei massiv unterbezahlt. Dabei sei die Arbeit sehr abwechslungsreich, mit viel Verantwortung verbunden und für die Ärzte unverzichtbar.