Die Sonne steht tief am Himmel, als sich Hobbyimkerin Astrid Ryll am späten Nachmittag ihren Bienenschutzanzug überstreift. Noch einmal kurz überprüfen, ob der Imkerhut richtig sitzt und das Werkzeug vollständig ist und schon kann die Arbeit nach der Arbeit beginnen.
Denn die 59-Jährige aus Beuren an der Aach bewirtschaftet seit elf Jahren rund 15 Bienenvölker – und das neben ihrer eigentlichen Berufstätigkeit. Bei einem Besuch des SÜDKURIER zeigt Astrid Ryll, wie viel Arbeit hinter ein paar Gläsern Honig steckt und wie sie ihre Bienenvölker auf den kalten Winter vorbereitet.
Zeitintensiv und manchmal ernüchternd
Angefangen hat es bei ihr, wie bei vielen anderen Imkern auch – mit der Liebe zum Honig. Doch als ihr früherer Nachbar, Hobbyimker und ihre persönliche Honigquelle, altersbedingt die Bienenzucht aufgab, habe sich Astrid mit ihrem Mann Bernd dazu entschlossen, es selbst zu probieren. „Dann haben wir mit einem Kurs im Imkerverein gemacht und drei Bienenvölkern begonnen“, erinnert sich die 59-Jährige.
„Das Familienprojekt“, wie es Astrid Ryll selbst bezeichnet, geht nun ins elfte Imkerjahr. Ein zeitintensives Hobby, denn besonders im späten Frühjahr ist rund um die Honig- und Erntezeit im Mai und Juni viel zu tun. Schwarmkontrolle, Honigernte und die Ablegerbildung, also das Heranziehen eines neuen Volkes, beansprucht für ein Hobby ganz schön viel Freizeit. Und kann unter Umständen auch frustrierend wirken. Besonders, wenn die erste Ernte im Jahr schlecht ausfällt.
Natur macht die Spielregeln
„Man arbeitet mit der Natur, da ist man auch immer vom Wetter abhängig“, erklärt Astrid Ryll. In diesem Jahr konnte die erste Ernte aufgrund des vielen Regen nicht eingeholt werden. „Die Bienen konnten nicht fliegen und haben den Honig selbst gebraucht“, sagt sie. Deshalb habe sie in diesem Jahr erst im Juni das süße Gold ernten können, das sie dann meistens zum Verkauf anbietet.
Damit ist die Hobbyimkerin kein Einzelfall, denn auch der Vorstand des Bienenzuchtvereins Hohentwiel, Helmut Mayer, bestätigt eine Frühtracht-Problematik auf Nachfrage. Als Frühtracht wird unter Imkern die erste Honigernte des Jahres verstanden, es ist ein Honig, der aus früh blühenden Pflanzen gewonnen wird. „Durch die schlechten Temperaturen im Frühjahr wird die Frühtracht immer schwieriger“, sagt er. Die Tendenz jedoch, dass es früh im Jahr warm wird und dann wieder abkühlt, bevor es in den Sommer geht, sei ebenfalls nicht förderlich für die Honig-Erträge.

Generell hängt der Ertrag auch vom Standort der Völker ab. „Völker, die nah am Raps sind, haben im Frühjahr meist mehr Vorräte als diejenigen, die sich ausschließlich an Obstbäumen abarbeiten müssen“, hält die Hobbyimkerin fest. Insgesamt sei die Ernte aber in diesem Jahr gut ausgefallen: „Dieses Jahr war es doppelt so viel wie im letzten Jahr, aber trotzdem noch weniger als üblich“, erklärt die 59-Jährige.
Auch Bienen müssen überwintern
Doch viel Zeit, um sich über den mangelnden Ertrag zu beklagen, hat Astrid Ryll nicht. Denn auch für Hobbyimker lautet das Motto: Nach der Saison ist vor der Saison. „Keine Saison ist wie die vorherige. Man kann hundert Jahre Bienen haben und trotzdem ist jedes Jahr unterschiedlich“, erkennt die Hobbyimkerin. Dabei gilt es, die Bienen bereits mit Ablauf der Sommersonnenwende auf den bevorstehenden Winter vorzubereiten. Und dabei gibt besonders zur jetzigen Jahreszeit einiges zu beachten.

Das Füttern der Bienen beispielsweise mittels Sirup ist für Bienenvölker unabdingbar. Damit wird sichergestellt, dass das Volk genug Nahrung hat und Nachkommen produzieren kann, um sicher durch den Winter zu kommen. „Wenn man den Bienen Honig wegnimmt, muss man ihnen auch wieder etwas zurückgeben, wenn es kein Futter mehr für sie gibt“, hält die Hobbyimkerin fest.
Neben der Völkervereinigung, bei der je ein schwaches Volk mit einem stark bevölkerten vereinigt wird, hat auch die Bekämpfung der Varroamilben einen hohen Stellenwert. „Die Milben vermehren sich in der Bienenbrut und befällt die Biene dann. Gleichzeitig verbreitet sie Viren, was ganze Völker auslöschen kann“, erklärt die 59-Jährige das Problem. Daher bekämpft Astrid Ryll die Bedrohung mit organischer Ameisensäure, da diese die Milbe am effektivsten abtötet.
Generationswechsel für das Bienenhobby?
Doch lohnt sich das am Ende des Jahres und empfiehlt sie die Hobbyimkerei weiter? „Wenn man, mit vier bis fünf Völkern, sich selbst und die Verwandtschaft versorgen will, auf jeden Fall“, sagt sie. Andernfalls gestalte sich das schwieriger, da man im Falle von Verkaufsabsichten ohne großen Kundenstamm so gut wie kaum Gewinne erwirtschaften könne. Denn die Verkaufspreise würden die Anschaffungs- und Materialkosten über das Jahr gesehen kaum decken können, erklärt die Hobbyimkerin.

Und als Hobbyimker ist man das ganze Jahr gefordert: „Von Mai bis August sollte man bei den Bienen sein, da kann man nicht einfach mal in den Urlaub gehen und sich nicht um die Völker kümmern“, verdeutlicht Astrid Ryll. Doch wenn ganze Familien an einem Strang ziehen und das ähnlich wie sie als „Familienprojekt“ angeht, könne das Hobby viel Spaß machen. „Besonders die Gemeinschaft unter den Imkern ist toll“, sagt sie. Bevor man sich jedoch entscheidet ein Volk zu kaufen, empfiehlt die 59-Jährige, dringendst davor einen Kurs zu besuchen: „Man muss unbedingt davor ein Gefühl bekommen, worauf man sich einlässt“.
Dass das Imkern nun verstärkt bei jungen Menschen ankommt, merkt auch Helmut Mayer. Denn bei den vielen Anmeldungen, für seinen Imker-Einsteigerkurs im Bienenzuchtverein Hohentwiel, habe sich mittlerweile das Durchschnittsalter verändert. „Es kommen viele junge Imker zu uns, das ist ein Generationenwechsel, den wir als Verein auch sehr schön finden“, erklärt Mayer. Er sieht dadurch Potenzial, den Honigimport aus dem Ausland einzudämmen, da laut ihm nur 40 Prozent des bundesweiten Honigbedarfs aus Deutschland komme.