Die Elektromobilität ist auch im Hegau auf dem Vormarsch. Doch während die Zahl der E-Autos deutlich steigt, sieht es bei den Neuzulassungen gerade für die großen Lkw eher mau aus. Das Singener Transportunternehmen Transco hat seit Anfang des Jahres sechs neue Zugmaschinen in Betrieb genommen. Das Unternehmen möchte damit Vorreiter sein und ist es nach Einschätzung des Speditions-Verbands auch.

Die meisten Unternehmen zögern bei der Anschaffung eines E-Sattelschleppers: Solche Sattelzugmaschinen sind teuer und Bundeszuschüsse wurden erst kürzlich auf Eis gelegt. Die Reichweite liege derzeit bei nur rund 250 Kilometer und die Ladeinfrastruktur ist unzureichend. Wenn, dann würde erst einmal einer oder zwei angeschafft, wie der Verband der Speditionen auf Anfrage mitteilt.

Trotzdem ist Transco diesen Weg gegangen. „Wir wollen etwas für die Umwelt und einen Schritt in die Zukunft tun“, begründet Fuhrparkleiter Gerhard Reger die Neuanschaffungen. Er ist begeistert von der modernen Technik im Führerhaus der neuen Fahrzeuge und dem „schönen Fahrgefühl“. 18 Fahrer seien im Umgang mit den neuen Fahrzeugen ausgebildet worden, zum Beispiel zum Thema Laden.

Fahrer waren anfangs skeptisch

Anfangs seien sie skeptisch gewesen, aber: „Wer einmal einen E-Lkw gefahren ist, möchte nichts mehr anderes fahren“, erklärt der Fuhrparkleiter. Der Lastwagen fahre nicht nur geräuscharm, sondern auch mit 600 PS und habe modernste Technik im Führerhaus, die dem Fahrer viel abnehme. So könne er sich stärker auf den Verkehr konzentrieren.

Weil der Lkw durch die Batterien rund 2,5 Tonnen mehr wiegt, ist für ihn ein Gewicht von 42 Tonnen erlaubt, nicht wie sonst 40 Tonnen. Ein finanzieller Vorteil sei, dass Lkw, die keine Schadstoffe ausstoßen, bis Ende nächsten Jahres komplett von der Maut befreit sind, sagt Reger.

Doch die neuen Lkw erforderten auch ein Umdenken. Das Unternehmen hat noch keine eigene Ladeinfrastruktur, deshalb müssten die Fahrzeuge an Ladestationen außerhalb geladen werden, erklärt Reger. Das funktioniert an normalen Ladestationen, doch die Fahrer müssten die Fahrzeuge hin- und herfahren und das müsse beim Disponieren eingeplant werden. Eine Ladeinfrastruktur für 150.000 Euro sei bestellt. Ein Zusammenschluss von Unternehmern, die E-Lkws herstellen, wolle aber in den nächsten Jahren 1700 Ladestationen für Lkw bauen lassen.

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Auch die Reichweite der E-Fahrzeuge von rund 250 Kilometern müsse im Auge behalten und entsprechende Ladepausen einrechnet werden. Die neuen Fahrzeuge könnten auch nicht in der eigenen Werkstatt des Unternehmens repariert werden. Dazu brauche es eine Fachwerkstatt und die nächste sei in Ulm.

Unternehmen will Logistikzentrum bauen

Der Fuhrparkleiter ist überzeugt, dass in Zukunft mehrere Antriebstechnologien nebeneinander existieren werden. Das Unternehmen hat bereits 15 Lastwagen, die mit Flüssiggas fahren. Den E-Antrieb sieht Reger als Übergang zur Wasserstofftechnologie. Auch der Diesel-Motor werde seiner Ansicht nach nicht sterben, sondern kann in Zukunft mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden.

Die neuen E-Lkw sind nicht die einzige Investition, die das mittelständische Unternehmen derzeit in Angriff nimmt: Hinter dem Einkaufszentrum (EKZ) in Singen soll ein neues Logistikzentrum entstehen und gerade sei Transco mit der Tochtergesellschaft Transco East GmbH in Lübeck wieder in die Pharmalogistik eingestiegen, wie Marketingleiter Mike Bührer berichtet. 2023 hat die Spedition an ihrem Standort in Gottmadingen eine neue Lagerhalle eingeweiht.

Die meisten Unternehmen würden mit ein oder zwei E-Lkws starten, erklärt Matthias Rathmann, stellvertretender Geschäftsführer des Verbands Spedition und Logistik in Baden-Württemberg. Mit sechs Fahrzeugen könne man Transco schon als Vorreiter bezeichnen. Es würden sich aber viele Unternehmen auf den Weg machen, was alternative Antriebsarten angeht. „Die größeren Unternehmen im Mittelstand möchten in diesem Bereich Erfahrungen sammeln“, so Rathmann. Der Verband vertritt 450 Spediteure, größtenteils Mittelständler.

Mitentscheidend dafür, dass Spediteure bei der E-Mobilität einsteigen, seien das Fahrzeugangebot, die Ladeinfrastruktur und die Anreize, die die Bundesregierung schafft.

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Angebot an E-Lkw ist noch nicht so groß

Das Angebot an E-Lastkraftwagen sei noch nicht so groß, Sattelzugmaschinen mit Reichweiten von bis zu 500 Kilometern würden erst bis Ende des Jahres in Serie produziert. Dass ein Förderprogramm des Bundes in diesem Jahr wegen knapper Kassen erst einmal auf Eis gelegt worden ist, halte viele Spediteure von einer Neuanschaffung ab. Das Förderprogramm bezuschusste eine Neuanschaffung eines E-Lkws mit 80 Prozent der Mehrkosten. Ein E-Lkw kostet zwischen 360.000 und 400.000 Euro, ein Diesel-Fahrzeug rund 150.000 Euro.

In den Jahren 2022/23 seien so für 7280 Fahrzeuge rund 744 Millionen Euro an Zuschüssen geflossen, außerdem seien 1230 Standorte für Ladeinfrastruktur unterstützt worden. „Viele haben den Zuschuss fest einkalkuliert, ohne die Anreize wird es schwierig“, sagt Rathmann.